Der Bergpfarrer Paket 1 – Heimatroman. Toni Waidacher

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Der Bergpfarrer Paket 1 – Heimatroman - Toni Waidacher Der Bergpfarrer

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man herausfinden, ob der Besitzer ein Graf von Herdingen ist.«

      »Na, für heut’ ist es vielleicht zu spät«, sagte Sebastian. »Aber morgen will ich gern’ noch mal versuchen, mit Ihrer Freundin zu sprechen.«

      Er wandte sich seinem Bruder zu.

      »Und bei dir? Was gibt’s Neues von dem verdächtigen Hochstapler?«

      Max Trenker ließ das Messer sinken, mit dem er gerade Butter auf eine Scheibe Brot strich.

      »Nix«, antwortete er dumpf und zog ein grimmiges Gesicht. »Der Bursche ist wie vom Erdboden verschwunden, und das ärgert mich gewaltig. So einer gehört eingesperrt.«

      »Da bin ich ganz Ihrer Meinung«, ließ sich Sophie Tappert vernehmen. »Wenn ich daran denk’, daß dieser Graf vielleicht gar keiner ist, und der Gauner Hertha ihr ganzes Erspartes abknöpft, dann könnt’ ich vor Wut an die Decke geh’n.«

      »Bloß net«, schmunzelte Pfarrer Trenker. »Aber ich kann Sie verstehen, Frau Tappert, und ich werde alles tun, um dahinter zu kommen, was es mit diesem Grafen auf sich hat.«

      Er lehnte sich einen Moment zurück und dachte nach. Plötzlich hellte sich seine Miene auf.

      »Du liebe Zeit, das hätt’ ich ja beinahe vergessen«, sagte er.

      Sein Bruder sah ihn fragend an.

      »Wovon redest du?«

      »Von dem Buch, das der Herr Kammeier neulich in der Sakristei gefunden hat. Dadurch sind wir doch erst auf den Namen der Grafenfamilie gekommen. Erinnerst du dich nicht?«

      »Doch, doch«, gab der Polizist zurück. »Jetzt, wo du es sagst – du meintest doch, daß die Familie ausgestorben sei.«

      »Richtig«, nickte der Geistliche und stand auf. »Wo hab’ ich’s nur hingelegt?«

      »Es ist drüben in Ihrem Arbeitszimmer, Hochwürden«, sagte Sophie Tappert. »Es liegt auf Ihrem Schreibtisch.«

      »Natürlich, Frau Tappert«, lachte Sebastian. »Wenn ich Sie net hätt’… In dem ganzen Papierkram ist’s mir gar net mehr aufgefallen. Ich muß da dringend Ordnung schaffen.«

      »Hätt’ ich ja längst gemacht, aber ich darf ja net an Ihre Sachen«, meinte seine Haushälterin.

      »Unterstehen S’ sich«, gab der Pfarrer zurück und drohte schmunzelnd mit dem Zeigefinger.

      *

      Er ging in sein Arbeitszimmer und kam kurze Zeit später mit dem Buch zurück. Sebastian blätterte eine ganze Weile darin herum, während Max es sich noch schmecken ließ. Besonders der Wurstsalat hatte es ihm angetan. Schließlich legte der Pfarrer das Buch wieder aus der Hand.

      »Es steht viel über das Grafengeschlecht darin«, sagte er. »Aber nichts, was uns weiterhilft. Trotzdem möchte ich weiterhin behaupten, daß es die Familie nicht mehr gibt. Ich denk’ die ganze Zeit darüber nach, wen ich deswegen fragen könnt’.«

      »Vielleicht diesen Professor aus Freiburg, der vor ein paar Monaten da war und sich so lange mit den Kirchenbüchern beschäftigt hat.«

      »Professor Nägeli«, rief Sebastian. »Ja, du hast recht. Der kann uns bestimmt weiterhelfen. Am besten rufe ich ihn noch gleich heut’ abend an, damit wir keine Zeit verlieren.«

      Der Geistliche setzte sein Vorhaben sogleich in die Tat um und beschaffte sich über die Telefonauskunft die Nummer des Gelehrten aus Freiburg. Josef Nägeli war ein waschechter Schwabe aus Stuttgart, was man seinem Dialekt auch anhörte. Er hatte einen Lehrstuhl an der Universität Freiburg, und sein Fachgebiet war das Mittelalter.

      »Pfarrer Trenker aus Sankt Johann?« fragte er erstaunt, nachdem sich Sebastian mit seinem Namen gemeldet hatte. »Natürlich erinnere ich mich an Sie und Ihre schöne Kirche. Na, und ganz besonders an die Kochkünste Ihrer Haushälterin. Wie geht es Ihnen und der Frau Tappert? Sind Sie immer noch so viel in den Bergen unterwegs?«

      »Vielen Dank, Herr Professor«, antwortete der Geistliche. »Uns geht es gut, und wenn meine Zeit es zuläßt, mache ich noch oft meine Bergtouren.«

      »Schön, das freut mich zu hören. Aber es gibt ja bestimmt einen Grund für Ihren Anruf.«

      Das konnte der Pfarrer nur bestätigen, und er erklärte dem Professor den Zweck seines Anrufs. Am anderen Ende herrschte eine Weile Schweigen, dann lachte der Gelehrte polternd los. Sebastian schaute seinen Bruder, der neben ihm stand, nicht verstehend an und zuckte die Schultern.

      »Ich weiß net, was er hat«, flüsterte er und hielt dabei mit der Hand die Sprechmuschel zu.

      »Entschuldigen Sie, wenn ich so laut losgelacht habe«, meldete der Professor sich endlich zu Wort, nachdem der Lachanfall abgeklungen war. »Aber ich habe mir gerade vorgestellt, was für lange Gesichter man in der bayerischen Staatskanzlei machen würde, wenn plötzlich ein Graf von Herdingen auftauchte, der nicht nur sein Schloß und die Ländereien zurückverlangte, sondern auch noch Miete für die letzten vierzig Jahren, die das Kinderheim in dem alten Gemäuer untergebracht ist.«

      »Also glauben Sie net, daß es sich bei diesem Herrn um den letzten Grafen aus dem Geschlecht derer von und zu Herdingen handelt?« wollte Pfarrer Trenker wissen.

      Josef Nägeli hüstelte und wurde dann ernst.

      »Lieber Pfarrer Trenker, der Mann ist ebenso wenig ein Graf wie Sie oder ich«, sagte er bestimmt. »Es gilt als gesichert, daß der letzte Herr auf dem Schloß im Breestertal ehe- und kinderlos verstarb und sein Besitz an den Staat überging. Der Mann, der sich als Graf ausgibt, ist schlicht und einfach ein Betrüger! Ihr Herr Bruder, der Polizist, sollte ihn so schnell wie möglich verhaften. Kann ich sonst noch etwas für Sie tun?«

      »Nein, Herr Professor«, antwortete Sebastian. »Aber haben Sie vielen Dank. Sie haben uns sehr geholfen und verhindert, daß noch mehr Menschen zu Schaden kommen. Der Mann versteckt sich zwar irgendwo, aber durch Sie haben wir die Gelegenheit, etwas gegen ihn zu unternehmen.«

      »Na, dann wünsche ich Ihnen viel Erfolg«, verabschiedete der Gelehrte sich.

      Pfarrer Trenker legte auf und drehte sich zu seinem Bruder um. Mittlerweile war auch die Haushälterin hinzugekommen. Gespannt schaute sie Sebastian an. Der berichtete, was der Professor in Freiburg ihm mitgeteilt hatte. Sophie Tappert war entsetzt, gleichzeitig aber auch erleichtert, daß sich ihr Verdacht bestätigt hatte. So bestand doch noch die Chance, Hertha vor einem großen Fehler zu bewahren und mit ihr wieder ins Reine zu kommen.

      »Ich werd’ doch heut’ abend noch mit Frau Breitlanger reden«, kündigte der Seelsorger an. »Ich denke, sie hat ein Recht, sofort zu erfahren, wer dieser Mann ist, der sich ihr Vertrauen erschlichen hat. Hoffen wir, daß es noch net zu spät ist und sie ihm noch kein Geld anvertraut hat.«

      *

      Als Sebastian Trenker diesmal an Herthas Tür klingelte, brauchte er nicht lange zu warten. Die Witwe öffnete schon nach wenigen Minuten. Als sie erkannte, wer da vor ihrer Tür stand, machte sie große Augen.

      »Grüß Gott, Hochwürden, wollen S’ zu mir?« fragte sie.

      »Entschuldigen S’ die späte Störung, Frau Breitlanger«, sagte der Geistliche.

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