Sophienlust - Die nächste Generation 4 – Familienroman. Ursula Hellwig
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Auch an die nun zwölf und vierzehn Jahre alten Geschwister Vicky und Angelika Langenbach, die ihre Eltern durch ein Lawinenunglück verloren hatten, würde Paulina sich möglicherweise erinnern können. Sie hatte nämlich selbst im letzten Winterurlaub eine Lawine aus der Ferne beobachten können, bei der zum Glück niemand zu Schaden gekommen war. Aber der Anblick war für das Mädchen ein beeindruckendes Erlebnis gewesen.
Nun, ob sich Paulina erinnerte oder nicht, fest stand, dass sie in Sophienlust mit Sicherheit ihren Spaß haben würde.
*
Als die Kinder von dem zu erwartenden Besuch erfuhren, freuten sie sich darauf. Martin Felder, ein zwölf Jahre alter Junge, der Tiere über alles liebte, sein Wissen darüber ständig erweiterte und später unbedingt Tierarzt werden wollte, freute sich besonders auf den Labrador Rembrandt, der angeblich eine Menge Tricks beherrschen sollte.
»Fast alle Labradors sind von Natur aus sehr lernfreudig und verstehen ungewöhnlich schnell, was von ihnen erwartet wird. Aber es gibt auch ganz besonders kluge Exemplare. Ich bin gespannt, ob Rembrandt eine von diesen Ausnahmen ist.«
»Ich mehr gespannt, ob Rembrandt sich vertragen mit Anglos und Barri«, ließ sich der sechsjährige vietnamesische Waisenjunge Kim vernehmen, der immer noch ein paar kleine, aber unbedeutende Sprachprobleme hatte. »Wenn wir haben Pech, Rembrandt nicht mögen Barri und Anglos und will beißen sie.«
»Da brauchst du dir keine Sorgen zu machen«, meinte Martin beruhigend. »Labradors sind ausgesprochen friedfertig. Außerdem wird Rembrandt nicht so dumm sein, sich mit einem starken Bernhardiner wie Barri oder einer riesigen Dogge wie Anglos anzulegen, denen hier dieses Revier gehört. Du wirst schon sehen, dass die drei Hunde friedlich miteinander umgehen und wahrscheinlich sogar fröhlich miteinander spielen werden.«
Kim schaute Martin vertrauensvoll an und nickte zufrieden. Er wusste genau, wie gut der Zwölfjährige sich mit Tieren auskannte, und vertraute seinem Urteil. Bis jetzt hatte Martin sich noch nie getäuscht, wenn es um Tiere gegangen war.
Carola hatte sich im Biedermeierzimmer eingefunden, in dem Nick gerade ein Gespräch mit seiner Mutter führte. Es ging dabei um das Studium, das er demnächst beginnen wollte. Natürlich hätte er in eine Universitätsstadt übersiedeln können, aber das wollte er nicht. Da er nun volljährig war, fühlte er sich für Sophienlust verantwortlich und wollte hier so viel Zeit verbringen wie nur möglich. Deshalb war Nick entschlossen, ein Fernstudium zu beginnen, wobei ihm das Studienfach Kinderpsychologie am meisten interessierte. Wie schon so oft in den letzten Wochen sprach er mit seiner Mutter über dieses Thema und freute sich, dass diese ihn in seinem Vorhaben unterstützte.
»Darf ich einen Moment stören?«, erkundigte Carola sich, als sie den Raum betrat. Nach einer einladenden Geste von Nick und Denise nahm sie Platz und berichtete von dem bevorstehenden Besuch.
»Ich habe Ina spontan angeboten, dass sie mit ihrer Familie und ihrem Hund in Sophienlust übernachten kann. Das ist vielleicht ein bisschen voreilig gewesen, weil ich darüber ja gar nicht entscheiden darf.« Carola schaute Denise fragend an. Dann besann sie sich, und ihr Blick richtete sich mit einem etwas verlegenen Lächeln auf Nick:
»Es tut mir leid, Nick. Ich muss mich erst daran gewöhnen, dass du es bist, der jetzt die Zügel in Sophienlust in der Hand hält. Deshalb muss ich dich natürlich fragen. Hast du etwas dagegen, dass Ina Buchmacher mit ihrer Familie und ihrem Hund hier in Sophienlust in einem Gästezimmer übernachtet? Sie möchte ungefähr zehn Tage bleiben.«
»Ja, dagegen habe ich tatsächlich etwas«, erwiderte Nick und grinste dabei. »Ein Gästezimmer wird für drei Leute und einen Hund nicht ausreichen. Der Besuch wird beide Gästezimmer benötigen, wenn es nicht zu eng werden soll. Selbstverständlich stehen die Gästezimmer zur Verfügung. Carola, deine Freunde sind auch unsere Freunde und in Sophienlust jederzeit willkommen.«
Denise von Schoenecker bedachte ihren Sohn mit einem wohlwollenden und zufriedenen Blick. Sie sah sich in ihrer Erziehung bestätigt. Nick hatte sich genauso entwickelt, wie sie es sich gewünscht hatte. Ja, er war jetzt volljährig und hätte rechtlich auch gegen ihren Willen und ihren Rat Entscheidungen treffen können. Zahlreiche junge Leute in Nicks Alter hätten diese Situation ausgenutzt und wären vielleicht auch ein bisschen selbstherrlich geworden. Aber Nick war aus anderem Holz geschnitzt. Er kannte seine Rechte und die Macht, die ihm durch seine Volljährigkeit verliehen worden war. Sein Verantwortungsbewusstsein war dadurch spürbar gestärkt worden. Dennoch wusste er genau, dass er noch relativ unerfahren war und oft den guten Rat seiner Mutter benötigen würde. Außerdem wollte er Sophienlust genau so weiterführen, wie seine Mutter es immer getan hatte: freundlich, offenherzig und ohne den geringsten Hauch von Überheblichkeit. Eigentlich sollte sich nichts ändern, abgesehen davon, dass er nun ganz offiziell sein Erbe angetreten hatte.
Zufrieden verließ Carola das Haus und strebte ihrer Wohnung zu, die in einem Anbau lag.
Dabei überlegte sie, wie sie Ina, Carsten und Paulina eine Freude machen konnte, und entschloss sich, einen Apfelkuchen zu backen. Der gelang ihr immer besonders gut und erfreute sich überall allgemeiner Beliebtheit. Ina und ihrer Familie würde er ganz sicher auch schmecken.
*
Paulina freute sich darauf, mit ihren Eltern nach Sophienlust zu fahren. Die großen Ferien waren noch nicht zu Ende. Deshalb konnten sie diese Reise problemlos unternehmen. Zwar hatte die Elfjährige mit ihren Eltern schon zwei Wochen Urlaub im Süden von Spanien bei Malaga verbracht, aber auf Sophienlust freute sie sich sehr. Paulina konnte sich noch recht gut an den letzten Besuch vor etwa drei Jahren erinnern.
Nick, der ja eigentlich Dominik von Wellentin-Schoenecker hieß und der Besitzer des Kinderheims war, hatte ihr alles gezeigt, was sehenswert war. Dazu gehörte auch der Wintergarten, in dem ein bunter Papagei wohnte, der auf den Namen Habakuk hörte. Der kluge Vogel war schon nach wenigen Minuten in der Lage gewesen, Paulinas Namen zu sprechen. An einige Kinder, die dauerhaft in Sophienlust wohnten, konnte sich das Mädchen ebenfalls erinnern und an die Pferde und Ponys, die zum Haus gehörten und von den Kindern geritten werden durften. Richtig schön war es in Sophienlust gewesen, und ein Kind, das keine Eltern mehr hatte, konnte sich glücklich schätzen, dort leben zu dürfen.
»Du kommst natürlich mit uns nach Sophienlust«, erklärte Paulina ihrem Hund Rembrandt. »Dir gefällt es dort ganz bestimmt, und du kannst den Kindern zeigen, welche Tricks ich dir beigebracht habe. Ich hoffe, du wirst mich nicht blamieren und gerade einmal keine Lust haben, die Tricks vorzuführen. Das wäre nicht schön.«
Rembrandt zuckte mit den Ohren und lauschte Paulinas Worten, ohne den Sinn genau zu verstehen. Er hielt den Kopf schief und blickte sie so treuherzig an, dass sie schmunzeln musste.
»Ich glaube, du wirst mich nicht blamieren«, bemerkte Paulina und hielt Rembrandt eine Handfläche entgegen. »Gibst du mir dein Wort darauf, dass du mich nicht im Stich lassen wirst?«
Der große schwarze Labrador reagierte sofort. Er setzte sich hin und legte eine seiner Vorderpfoten auf Paulinas Handfläche. Das sah tatsächlich so aus, als wolle der Hund ein Versprechen abgeben und dieses per Handschlag, oder besser gesagt per Pfotenschlag, besiegeln. Diese Geste hatte Paulina dem Hund beigebracht,