Sophienlust - Die nächste Generation 4 – Familienroman. Ursula Hellwig
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Читать онлайн книгу Sophienlust - Die nächste Generation 4 – Familienroman - Ursula Hellwig страница 4
Carsten zog erstaunt die Augenbrauen hoch. »Das kann ich mir nicht vorstellen. Du bist doch Musiklehrer und gibst außerdem noch Zeichenunterricht. Ich habe dich vor drei Jahren beobachten können, wie du mit den Kindern arbeitest. Dabei ist mir aufgefallen, dass du eine Engelsgeduld aufbringst.«
»Ja, aber dabei handelt es sich um Kinder und nicht um Gegenstände, die ich in Ordnung bringen muss. Mit Kindern Geduld zu haben, ist leicht. Man bemerkt jeden kleinen Fortschritt, den sie durch den Unterricht machen, und freut sich mit ihnen zusammen darüber. Da lohnt es sich, Geduld aufzubringen. Aber hast du jemals erlebt, dass sich ein restauriertes Gemälde mit dir gemeinsam darüber gefreut hätte, dass es jetzt wieder gut aussieht?«
»Nun, auch ein Gemälde kann durchaus wieder strahlen, vor allem wenn Verschmutzungen oder Beschädigungen entfernt wurden«, antwortete Carsten lachend. »Und auch die strahlenden Augen der Eigentümer, wenn sie ihre Kunstschätze wieder in den Händen halten, ist für mich immer eine große Freude und Motivation für meine Arbeit.«
Die beiden Männer unterhielten sich noch eine ganze Weile über ihre Arbeit und verstanden sich prächtig. Als Carola und Ina sich später zu ihnen gesellten, wurde es ein gemütlicher Abend. Carola hatte die Zwillinge zu Bett gebracht, und Paulina beschäftigte sich mit den Kindern von Sophienlust. So waren alle Sprösslinge gut versorgt, und niemand musste sich Sorgen um sie machen.
Es war schon spät, als Paulina in ihrem Bett lag und den Mond betrachtete, der durch das Fenster hereinschaute. Während ihre Eltern gleich nebenan wohnten, hatte sie das ein wenig kleinere Gästezimmer mit Rembrandt bezogen. Paulina freute sich schon auf den nächsten Tag, den sie in Sophienlust verbringen würde. Die Ferien in Malaga waren aufregend und schön gewesen. Sie hatte das Meer und die Landschaft sehr genossen. Aber in Sophienlust gefiel es ihr so richtig gut. Hier gab es zahlreiche fröhliche Kinder, mit denen man den ganzen Tag lang eine Menge Spaß haben konnte.
*
Martins Prognose, dass Rembrandt sich gut mit Barri und Anglos verstehen würde, erwies sich als richtig. Die drei Hunde hatten sich auf Anhieb miteinander angefreundet, spielten ausgelassen im Park und hatten ihren Spaß. Paulina hatte den Kindern inzwischen noch einige Tricks gezeigt, die Rembrandt beherrschte, und alle waren begeistert gewesen.
»Barri und Anglos haben so etwas nie gelernt«, bemerkte Angelika Langenbach. »Zugegeben, wir haben auch nie versucht, ihnen solche Kunststücke beizubringen. Aber ich glaube, sie hätten es auch nicht gelernt. Sitz und Platz können sie und auch die Pfote geben. Das ist aber auch schon alles. Wir mögen Barri und Anglos sehr. Sie sind ganz liebe Hunde. Aber so klug wie Rembrandt sind sie nicht.«
»Das müssen sie auch nicht sein«, gab Paulina großzügig zurück. »Aber vielleicht unterschätzt ihr die beiden Hunde auch einfach nur. Vielleicht sind sie viel klüger, als ihr denkt, und ihr habt das bisher einfach nur nicht bemerkt. Als wir Rembrandt bekommen haben, hatte ich auch keine Ahnung, dass er ganz schnell so viele Dinge lernen kann. Wir waren froh, dass er bei uns bleiben durfte und nicht sterben musste und haben ihn aufgepäppelt. Erst viel später ist uns aufgefallen, dass er alle Tricks ganz schnell und leicht lernt. Ihr solltet einfach ausprobieren, was man Barri und Anglos so alles beibringen kann.«
»Moment mal«, warf Martin ein. »Was meinst du denn damit, dass ihr froh gewesen seid, dass Rembrandt nicht sterben musste? Er ist doch ein reinrassiger Labrador, den ihr bestimmt bei einem Züchter gekauft habt. Hundezüchter verkaufen ihre Welpen, aber sie töten sie nicht. Das wäre auch Unsinn. Dann würden sie ja nichts an den Welpen verdienen.«
Paulina nickte. »Ja, meine Eltern sind zu einem Züchter gegangen. Der hatte eine Hobbyzucht mit nur zwei Hündinnen. Eine davon hatte gerade sechs Welpen bekommen. Fünf davon waren gesund, nur ein kleiner Rüde nicht. Er war richtig abgemagert, konnte nicht richtig schlucken und hat ständig gehustet. Der Tierarzt des Züchters hat festgestellt, dass mit der Speiseröhre etwas nicht stimmte. Da war ein Knick drin. So ganz genau habe ich das nicht verstanden. Ich weiß nur, dass der Züchter uns erzählt hat, dass man diesen kleinen Hund wahrscheinlich nur einschläfern kann. Zuerst hatte der Tierarzt gehofft, dass sich der Fehler bei dem jungen Hund von allein noch auswachsen würde. Aber das ist nicht passiert. Nun sollte der Welpe am nächsten Tag eingeschläfert werden, und wir sollten uns einen anderen aussuchen. Drei Welpen waren noch nicht verkauft. Meine Eltern wollten aber keinen anderen Welpen. Sie haben gehofft, dem kranken kleinen Hund helfen zu können, und wollten ihn unbedingt haben. Richtig angebettelt haben sie den Züchter, und der war schließlich einverstanden. Wir haben Rembrandt zum halben Preis bekommen, aber darum ging es eigentlich gar nicht. Meine Eltern sind dann sofort mit dem Welpen in eine Tierklinik gefahren. Da hat man ihnen gesagt, dass man die Speiseröhre operieren kann. Das wäre zwar teuer, würde aber helfen. Rembrandt wäre danach völlig gesund. So war es dann auch. Er hustete nicht mehr, spuckte sein Futter nicht mehr ständig aus und nahm ganz normal zu. Schon sechs Wochen später konnte man Rembrandt nicht mehr ansehen, dass er einmal sehr krank gewesen war.«
»Ich finde es toll, dass deine Eltern dem Welpen eine Chance gegeben und sich so viel Mühe gemacht haben«, bemerkte Martin anerkennend. »Das hätten nicht viele Leute getan. Die wollen fast immer einen niedlichen Welpen, der kerngesund ist und mit dem man keine Probleme hat.«
»Ja, ich auch gut finde, dass du hast liebe Eltern, die mögen Tiere auch, wenn sie krank sind«, ließ Kim sich vernehmen. »Aber nicht nur bei Tieren ist das gut. Ich auch bin gewesen furchtbar krank, als gefallen aus Boot bei Flucht. War viel Wasser in mir. Bald ich wäre gestorben. Aber da war netter Arzt, der mich gefunden am Strand und mir hat geholfen. Er war bei mir viele Tage und viele Nächte, bis ich war gesund. Ohne netten Arzt ich wäre tot jetzt, genau wie Rembrandt, wenn nicht wären gewesen deine Eltern und du.«
Bis jetzt hatte Paulina Kims Schicksal nicht gekannt. Aber jetzt konnte sie es sich einigermaßen zusammenreimen und war gleichermaßen erschüttert wie beeindruckt. Bei dem Gedanken, dass dieser nette kleine Junge beinahe ertrunken wäre, spürte sie einen Kloß im Hals und wollte gar nicht weiter darüber nachdenken, wie schrecklich für Kim alles hätte enden können.
»Soll Rembrandt euch noch einen kleinen Trick zeigen?«, fragte Paulina nach einer Weile des Schweigens und wartete eine Antwort gar nicht erst ab. Sie pfiff nach dem Hund, der sich augenblicklich von Barri und Anglos trennte, zu ihr kam und unmittelbar vor ihren Füßen mit aufmerksam hochgestellten Ohren Platz nahm.
»Müder Hund. Ganz müder Hund«, sagte Paulina gedehnt und hielt sich mit ihren Händen kurz ihre Augen zu. Rembrandt schaute sie einen Moment lang prüfend an. Dann warf er sich flach auf die Seite, bewegte sich nicht mehr und begann, schnarchende Töne von sich zu geben. Alle Kinder zeigten sich beeindruckt und bewunderten den intelligenten Hund.
Aber wie bekommst du ihn jetzt wieder wach?«, wollte Pünktchen wissen. »Woher soll Rembrandt wissen, wie lange er dort liegen soll?«
»Das ist ganz einfach«, erwiderte Paulina und schnalzte mit den Fingern. »Rembrandt! Aufwachen!«, rief sie dem Hund zu, der augenblicklich aufsprang und sich bei Paulina den kleinen Leckerbissen abholte, den er prinzipiell für jeden gelungenen Trick erhielt.
Heidi versuchte nun auch ihr Glück. Sie baute sich vor Barri auf, hielt sich mit den Händen die Augen zu und erklärte dem Hund, dass er müde, sehr müde sei. Barri wedelte daraufhin freundlich, betrachtete das kleine Mädchen eine Weile mit schief gelegtem Kopf und wurde auffallend unsicher. Was Heidi von ihm erwartete, konnte Barri sich nicht erklären, und so löste er das Problem auf seine liebevolle Weise: Mit einer nassen Schnauze stieß er Heidi vorsichtig an und leckte ihr einmal herzhaft über den blonden Haarschopf. Ein bisschen angewidert über den feuchten Zuneigungsbeweis schob Heidi den Bernhardiner zur Seite.
»Pfui, Barri, das ist eklig. Du sollst mich doch nicht abschlecken,