Der exzellente Butler Parker 20 – Kriminalroman. Günter Dönges
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Die soliden Grundfesten des altehrwürdigen Hauses erzitterten, die Fensterscheiben vibrierten. Irritierende Geräusche drangen aus dem Obergeschoß des Fachwerkhauses, das auf den Gewölben einer ehemaligen Abtei errichtet worden war. Hin und wieder tanzte sogar das Sherryglas auf dem Eichentisch, der von einer eleganten Sitzgruppe umgeben war.
»Guter Gott, Mister Parker!« Chief-Superintendent McWarden griff hastig nach seinem Glas, das sich vom Tisch schieben wollte. »Wird das Haus etwa abgebrochen?«
»Keineswegs und mitnichten, Sir«, gab Butler Parker gemessen zurück und zuckte mit keiner Wimper, als es wieder krachte.
»Hält Mylady sich neuerdings einen Elefanten als Haustier?« fragte der Yardbeamte und blickte mißtrauisch zur Decke der Wohnhalle.
»Mylady übt sich in der Tanzkunst«, erklärte der Butler höflich. »Wie meiner Wenigkeit versichert wurde, hatte Mylady in jungen Jahren Ballett-Unterricht.«
»Kaum vorstellbar«, meinte McWarden skeptisch. »Und diese Kenntnisse will sie jetzt wieder auffrischen?«
»Mylady betätigen sich momentan als Sylphide«, sagte Parker, ohne eine Miene zu verziehen.
»Was, zum Teufel, ist denn das?« McWarden runzelte die Stirn und zog erneut den Kopf ein, als es wieder aus dem Obergeschoß dröhnte.
»Eine Sylphide, Sir, ist ein weiblicher Elementar- und Luftgeist«, erläuterte der Butler.
»Lady Simpson als Luftgeist?« staunte der Chief-Superintendent und dachte eindeutig an die majestätische Körperfülle der älteren Dame, die nicht unbeträchtlich war.
»Gestern interpretierte Mylady den sogenannten »Sterbenden Schwan«, Sir«, sagte Parker.
»Daß das Haus das aushält«, wunderte sich McWarden. Er war etwa fünfundfünfzig Jahre alt, untersetzt, ein wenig korpulent und hatte leicht hervorstehende Basedow-Augen, die ihm das Aussehen eines stets gereizten Bullterriers verliehen.
Der Chief-Superintendent leitete im Yard ein Sonderdezernat, das sich mit dem organisierten Verbrechen befaßte. Er war ein durchaus erstklassiger Kriminalist, doch er fand sich immer wieder im altehrwürdigen Fachwerkhaus der Lady Simpson ein, um sich bei Josuah Parker mehr oder weniger offen Rat zu holen.
»Warum spielt Mylady mit dem Einsturz des Hauses?« wollte McWarden wissen, als wieder ein dumpfes Dröhnen durch das Mauerwerk ging.
»Mylady wurde von einer Ballett-Company eingeladen und will in wenigen Stunden unter Beweis stellen, daß man Mylady nichts vormachen kann.«
»Eigenartiger Zufall«, antwortete McWarden und blickte mißtrauisch auf einen schweren Leuchter, der in leichte Pendelbewegung geraten war. »Ich komme auch wegen einer Tanz-Darbietung, Mister Parker.«
»Sie arbeiten an einem neuen Fall, Sir?« Parker war das Urbild eines hochherrschaftlichen englischen Butlers. Er war eine alterslose Erscheinung und die vornehme Selbstbeherrschung in Person.
»Unter uns, Mister Parker, haben Sie schon von der Ballerina gehört?«
»Sie sprechen von einer bestimmten Tanzkünstlerin, Sir?«
»Von einer Ballerina, die die Öffentlichkeit scheut, Mister Parker. Sehen Sie sich das mal an.« McWarden griff in die linke Tasche seines knapp sitzenden Zweireihers und holte eine kleine Porzellanfigur hervor, die eine Spitzentänzerin darstellte. Sie war bemalt und sah hübsch aus. Sie stand auf einer Fußspitze, hatte das Spielbein graziös abgewinkelt und schien eine Pirouette zu drehen.
»Ein nicht gerade bemerkenswertes Erzeugnis der Porzellan-Brennkunst, Sir«, urteilte Parker.
»Stammt aus einer Massenproduktion«, pflichtete der Chief-Superintendent dem Butler bei. »Diese Figuren bekommen Sie dutzendweise in jedem Andenkenladen, Mister Parker.«
»Meine Wenigkeit geht davon aus, Sir, daß Sie die Ballerina nicht aus Neigung gekauft haben?«
»Diese Ballerina ist bei einer Tänzerin abgegeben worden, Mister Parker, die in drei Tagen als Solistin in einem Musical auftritt.«
»Sollte man unterstellen müssen, Sir, daß diese Figur nicht als Talisman übersandt wurde?«
»Als eindeutige Warnung, Mister Parker«, antwortete der Chief-Superintendent. »Im Begleitschreiben wurde die Künstlerin aufgefordert, die Rolle zurückzugeben.«
»Diese Aufforderung war sicher mit einer ernsten Drohung verbunden, Sir?«
»Sehen Sie sich das Standbein der Figur an, Mister Parker«, forderte McWarden ihn auf. »Sehen Sie den feinen Riß über den Knöchel? Tippen Sie doch mal ganz vorsichtig gegen den Fuß.«
Butler Parker kam dem Wunsch des Yard-Beamten nach, worauf das Bein seitlich wegbrach!
*
Die geschwungene Treppe, die ins Obergeschoß führte, geriet in Vibration, als Lady Agatha nach unten schritt. Eine Bühnen-Heroine hätte kaum wirkungsvoller auftreten können. Die Hausherrin war über sechzig, doch ihre Energie ungebrochen. Agatha Simpson war groß und stattlich. Sie trug einen wallenden Morgenmantel, hatte sieh ein Stirnband umgeschlungen und tupfte sich mit einem Handtuch kleine Schweißperlen vom Gesicht.
»Mylady haben das Training beendet?« fragte Josuah Parker.
»Ich beherrsche wieder alle Schritte, Mister Parker«, behauptete sie. »Ich weiß jetzt, daß mir diese jungen Dinger nichts vormachen können.«
»Mylady sind nach wie vor bereit, die Tanz-Company finanziell zu unterstützen?« vergewisserte sich Parker.
»In einem bestimmten Rahmen, denn ich habe schließlich nichts zu verschenken«, machte sie umgehend deutlich. »Natürlich werde ich mich an den Gewinnen beteiligen lassen.«
Sie ließ sich in einem der tiefen Ledersessel vor dem mächtigen Kamin nieder. Parker servierte den Nachmittags-Tee und reichte Gebäck dazu. Die ältere Dame entdeckte prompt die kleine Porzellan-Figur und nickte erfreut.
»Wie hübsch«, meinte sie und nahm die kleine Ballerina in die Hand. Bei dieser Gelegenheit blieb der Sockel mit dem abgebrochenen Fuß auf der Tischplatte zurück.
»Von wem stammt denn das?« fragte Lady Agatha.
»Chief-Superintendent McWarden ließ die kleine Figur nicht ohne Grund zurück, Mylady«, erklärte Parker und berichtete dann von der Unterhaltung mit dem häufigen Gast des Hauses.
»Und was soll die angebrochene Figur bedeuten?« wollte Lady Simpson wissen.
»Die betreffende Künstlerin, die diese Figur erhielt, liegt zur Zeit mit einem gebrochenen Knöchel in einem Londoner Hospital, Mylady«, sagte Parker in seiner höflichen Art. »Nach der Drohung, die meine Wenigkeit erwähnte, gab sie die Holle leider nicht zurück. Wenig später brach der Fußknöchel.«
»Doch nicht zufällig, wie?« Ein erstes Grollen war in Myladys Stimme zu vernehmen.
»Miß Baxter wurde angefahren, Mylady, wie Chief-Superintendent McWarden berichtete«, führte Parker weiter aus. »Der Fahrer beging Fahrerflucht und entkam unerkannt.«
»Das arme Ding wurde also absichtlich angefahren, Mister Parker?«
»Mister