Butler Parker 108 – Kriminalroman. Günter Dönges
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»Gute Besserung«, sagte Mr. Maidenhead nervös und ungeduldig. »Haben Sie das Geld mitgebracht? Die Kidnapper warten!«
»Sie werden Hazel noch umbringen«, schluchzte Mrs. Maidenhead.
»Darf man fragen, wo Sie die Summe zu übergeben haben, Sir?« Parker wandte sich an den alternden Playboy.
»Darauf kommt’s doch jetzt überhaupt nicht an!« Er wollte Parker den Aktenkoffer aus der Hand reißen. »Mann, es geht um ein Menschenleben, begreifen Sie doch endlich! Erklärungen können wir später immer noch geben.«
»Sehr überzeugend, Sir.« Parker überreichte Mr. Maidenhead den Koffer und deutete eine leichte Verbeugung an, während er die schwarze Melone lüftete. »Ich wünsche viel Erfolg, wie ich mir privat zu sagen erlauben möchte.«
Die beiden Maidenheads hasteten sofort in Richtung Nationalgalerie, und verschwanden vor dem Säulenportal zwischen den Passanten.
Der Butler ging zurück zu seinem hochbeinigen Wagen, der auf dem privaten Parkplatz der Admiralität stand.
Er hatte ihn noch nicht ganz erreicht, als ihm ein Polizist entgegenkam und auf den Wagen deutete.
»Ihr Wagen?« fragte er.
»Keineswegs«, erwiderte der Butler. »Er ist das Eigentum Lord Battenblottoms, des zweiten Staatssekretärs der nordatlantischen Flotte im Bereich des Nato-Abschnittes obere Mitte, zugeteilt der Admiralität Ihrer Majestät.«
»Dann kann er da natürlich bleiben.«
»Das wollte ich damit zum Ausdruck bringen«, antwortete Parker und lüftete knapp seine Melone. »Vielleicht möchten Sie noch erfahren, wo Lord Battenblottom während des zweiten Weltkriegs tätig war, aber dann müßte ich mit dem fernöstlichen Kriegsschauplatz beginnen.«
»Ich hab’ zu tun«, sagte der Bobby und hüstelte verschreckt. Er beeilte sich, den Butler allein zu lassen.
»Was war?« erkundigte sich Lady Simpson, die im Fond des Wagens auf die Rückkehr ihres Butlers gewartet hatte. »Wollte der Mann Schwierigkeiten machen?«
»Keineswegs, Mylady«, gab der Butler zurück. »Er gestattete nur die Benutzung dieses an sich verbotenen Parkplatzes.«
»Wie schaffen Sie das eigentlich immer wieder?« wunderte sich Lady Simpson und lächelte. »Sie parken auf den unmöglichsten Plätzen und bekommen nie ein Strafmandat?«
»Überzeugungskraft, Mylady, ist ein wichtiges Argument«, antwortete Parker. »Die Maidenheads lassen übrigens grüßen, hatten es verständlicherweise aber eilig.«
»Und Kathy?«
»Ist den besagten Maidenheads bereits auf den Fersen, Mylady.«
»Sehr schön.« Lady Simpson nickte zufrieden. »Was ist nun Ihr Eindruck, Mister Parker? Will dieser Zweig der Familie mich nur geschickt ausnehmen wie eine Weihnachtsgans?«
»Dieser Verdacht, sollte nicht ausgeschlossen werden, Mylady«, antwortete Parker, während er am Steuer seines Wagens Platz nahm. »Chefinspektor Sounders wird hoffentlich bald in der Lage sein, in dieser Hinsicht mit Tatsachen aufwarten zu können.«
»Mir geht es einzig und allein um Hazel«, sagte Lady Simpson, wobei ihr Gesicht einen nachdenklichen Ausdruck zeigte. »Warum hat dieses Mädchen so plötzlich und ohne Grund vor einem Jahr jeden Kontakt mit mir abgebrochen? Das müssen wir herausfinden, Mister Parker, das interessiert mich!«
»Mit ein wenig Glück, Mylady, vermag Miß Porter vielleicht noch schneller zu sein als Chefinspektor Sounders.«
*
Selbst Lady Simpson hätte Kathy Porter wohl kaum wiedererkannt.
Ihre attraktive Sekretärin und Gesellschafterin hatte sich total verwandelt und glich jetzt einer sehr unkonventionell gekleideten Künstlerin, die auf ihr Äußeres nicht gerade großen Wert legte.
Kathy trug Jeans, die ihre Rundungen abwärts der Taille knapp umschlossen und nachzeichneten, eine weite, karierte Bluse, die bis zu den Hüften reichte, und dunkles Haar, das zu einer Perücke gehörte. Sie hielt unter dem linken Arm eine große Tasche aus Segeltuch, aus der ein bunter Shawl herausflatterte. Auf ihrer Nase saß eine Nickelbrille modernen Stils mit Fassungen so groß wie kleine Wagenräder.
Kathy hatte an der Steinbrüstung oberhalb des Trafalgar Square die Szene der Aktenkofferübergabe verfolgt und brauchte sich nicht zu beeilen, Anschluß an die Maidenhead zu halten. Sie waren ihr praktisch entgegengekommen und eilten nun zur nächsten Untergrundbahn-Station.
Daß das Ehepaar sich nicht wohl in seiner Haut fühlte, war schnell zu erkennen. Er drehte sich in wechselnder Folge immer wieder um, achtete aber natürlich nicht auf die junge Künstlerin, die übrigens die andere Straßenseite gewählt hatte, um jeder Eventualität aus dem Weg zu gehen.
Sie bestiegen die Untergrundbahn in Richtung Picadilly Circus, wovon Kathy Porter sich natürlich nicht ausschloß.
Die Fahrt dauerte nur wenige Minuten.
Am Circus angekommen, verließ das Ehepaar Maidenhead bereits wieder die Untergrundbahn, stieg ans Tageslicht zurück und ging dann schnell und wie unter Zeitdruck in die Shaftesbury Avenue, um von dort auf durch kleine Querstraßen die Creek Street zu erreichen.
Kathy hatte sich inzwischen erneut verwandelt.
Noch in der Untergrundbahn hatte sie ihr Haar wie selbstverständlich hochgesteckt und sich eine flache Strickmütze übergezogen. Die Nickelbrille hatte sie gegen eine dickrandige Hornbrille ausgetauscht, die mit Sonnengläsern ausgestattet war. Nun sah sie intellektuell aus und konnte vielleicht Studentin oder Besitzerin einer kleinen Kunstgalerie sein, wie sie hier allenthalben zu finden waren.
In der Creek Street verschwand das Ehepaar Maidenhead in einer Buchhandlung, der eine Kunstgalerie angeschlossen war. Kathy blieb vor einem Schaufenster stehen und sah über die Straße. Über dem Eingang zur Buchhandlung stand der Name »Finlay«. In einer Unterzeile wurden ein modernes Antiquariat und zeitgenössische Kunst versprochen.
Die Straßen waren hier in Soho dicht gefüllt.
Kathy Porter brauchte keine Sorge zu haben, etwa aufzufallen. Menschen aus allen Teilen der Welt gaben sich hier ein Stelldichein, strudelten aneinander vorbei, unterhielten und amüsierten sich. Hier schlug das Herz Londons besonders stark und kräftig.
Kathy mußte etwa fünf Minuten warten, dann erschien das Ehepaar Maidenhead wieder auf der Straße.
Es machte einen panikartigen Eindruck. Die Frau redete heftig auf ihren Mann ein, der sich mit einem Taschentuch das linke Auge hielt. Wahrscheinlich litt er unter einer akuten Sehschwäche, die mit einem Fausthieb Zusammenhängen konnte. Auffallend war, daß weder Missis noch Mister Maidenhead den Aktenkoffer bei sich hatten. Sie konnten ihn unmöglich im Buchladen vergessen haben und hatten ihn dort eindeutig abgeliefert.
Die Maidenheads wechselten hinüber zur Charing Cross Road und erwischten hier ein Taxi. Kathy brach die Verfolgung ab und schlenderte zurück in die Creek Street. Sie wollte sich das moderne Antiquariat Finlay aus der Nähe ansehen.
Das