Butler Parker 124 – Kriminalroman. Günter Dönges
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Butler Parker 124 – Kriminalroman - Günter Dönges страница 3
Man tat das gern, denn sie besaß viel Geld und war das, was man eine reiche Erbtante nannte. Lady Patricia war mittelgroß und schlank. Sie wurde hinter der vorgehaltenen Hand ihrer Familienmitglieder ein ungemein zähes Luder genannt. Weit über fünfundsechzig Jahre alt, erfreute sie sich bester Gesundheit.
An diesem Morgen verlief erst mal alles wie üblich.
Lady Patricia stand um sechs Uhr auf, streifte ihren Badeanzug über und warf dann den bis zu den Fußknöcheln reichenden Bademantel über. Sie schlüpfte in Sandalen und verließ ihr Schlafzimmer.
Es gehörte zu den ungeschriebenen Regeln ihres Lebens, vor dem Frühstück im kleinen See zu schwimmen. Sie haßte Swimming-pools und temperaturgeregeltes Wasser. Selbst im kalten englischen Winter, der allerdings kaum Schnee brachte, verzichtete sie nicht auf dieses Training.
Der kleine See lag hinter einer übermannshohen Hecke am Ende des Parks. Es gab hier ein kleines Badehaus, einen Landesteg für das Boot und einen Uferstreifen, der nicht mit Schilf bewachsen war. Das war genau die Stelle, wo Lady Patricia jeden Morgen anzutreffen war.
Im leichten Dauerlauf lief die schlanke, zähe Frau hinunter zum See, streifte den Bademantel ab und stieg ins Wasser. Sie fühlte sich ausgezeichnet an diesem Morgen und im Vollbesitz ihrer Kräfte. Als sie bis zu den Hüften im Wasser war, beugte sie sich vor und glitt schwimmend weiter. Etwa hundert Meter lang war der kleine See. Sie wollte hinüber zu den Weiden und dann wieder zurück. Das entsprach einer Strecke von etwa zweihundert Metern, leicht zu schaffen für sie, denn sie war eine ausgezeichnete Schwimmerin.
Als sie am Schilfgürtel entlangschwamm, stoben zwei Enten hoch, protestierten quarrend und verschwanden im Ufergebüsch. Lady Patricia achtete nicht weiter darauf und schöpfte auch dann noch kein Mißtrauen, als sich einige Schilfbüschel heftig bewegten. Ruhig und erstaunlich kraftvoll schwamm sie weiter.
Doch schon nach wenigen Sekunden spürte sie eine seltsame Berührung an ihrem linken Fuß. Er war gegen etwas Weiches gestoßen. Lady Patricia dachte selbstverständlich an einen Karpfen, die hier im kleinen See schwammen, aber eine gewisse Unruhe erfaßte sie doch. Normalerweise wichen Fische ihr aus.
Dann spürte sie die Hand, die sich um ihren linken Fußknöchel legte. Patricia Smithonian dachte sofort an einen ihrer Gäste im Landsitz und wurde wütend. Das war ein mehr als schlechter Scherz. Sie trat mit dem freien Fuß nach der Hand und... spürte eine zweite Hand. Dann ein harter und energischer Ruck, und Lady Patricia wurde unter Wasser gezogen.
Sie schluckte mehr Wasser, als sie wollte. Sie strampelte, versuchte freizukommen, empfand eine schreckliche Todesangst und wehrte sich mit der Kraft der Verzweiflung.
Lady Patricia bekam ihren rechten Fuß noch mal frei, trat gegen einen Körper, von dem der Fuß abrutschte, traf auf etwas Stählernes und riß dann verzweifelt den Mund auf. Sie schluckte Wasser, verlor die Besinnung und merkte nicht mehr, daß sie immer tiefer nach unten gezerrt wurde.
Minuten später stieg ihr Körper wieder zurück an die Wasseroberfläche. Er trieb unmerklich zum Bootshaus. Der kleine Bach, der durch den Teich floß, besorgte das langsam und fast zögernd. In der Höhe des Bootsstegs verfing ihr Körper sich im dichten Schilf.
*
Josuah Parker lüftete höflich die schwarze Melone, als er aus dem Fahrstuhl trat.
Er sah sich einem jungen, stämmigen Mann gegenüber, der ihn kühl und kritisch musterte. Dieser junge Mann saß hinter einem kleinen Tisch vor der Korridortür und schien sich bisher gelangweilt zu haben. Er stand jetzt schnell und geschmeidig auf.
»Sie wünschen?« fragte er ein wenig herablassend.
»Parker, mein Name«, stellte der Butler sich vor, »Josuah Parker. Ich möchte Mr. Lordans sprechen.«
»Das stellen Sie sich aber ziemlich leicht vor«, erwiderte sein Gegenüber. Herablassend schien seine zweite Natur zu sein.
»Ich stelle es mir keineswegs vor«, gab Parker gemessen zurück. »Es ist einfach, wenn ich es so umschreiben darf. Melden Sie mich freundlichst an!«
»Haben Sie einen Termin? Sind Sie telefonisch angemeldet?«
»Weder noch, wie ich einräumen. möchte.«
»Dann erledigen Sie das erst mal, Mr. Parker, Mr. Lordans ist ein vielbeschäftigter Mann, verstehen Sie?«
»Sie sollten ihn verständigen.«
»Scheren Sie sich endlich zum Henker«, sagte der junge Mann verärgert. »Sie stehen nicht auf meiner Anmeldeliste, das weiß ich genau.«
»Ich möchte meine bescheidene Bitte noch mal wiederholen.« Parker deutete mit der Spitze seines Universal-Regenschirms auf den Telefonapparat, der auf dem kleinen Tisch stand. Dann aber änderte sich jäh die Richtung dieser Spitze und bohrte sich in die Magenpartie des überraschten Mannes.
Die Wirkung war verblüffend.
Der Arrogante verbeugte sich tief vor dem Butler und zelebrierte fast so etwas wie einen echt chinesischen Kotau. Ja, er trieb die Dinge sogar noch unnötigerweise auf die Spitze. Er kniete jetzt vor dem Butler und fegte mit seiner Nasenspitze den weichen Teppich. Dann rollte er auf die Seite und blieb, nach Luft schnappend, liegen.
»Mich dünkt, Ihnen ist nicht ganz wohl«, sagte Parker. »Sollten Sie meine Hilfe benötigen, so lassen Sie es mich wissen.«
Parker beugte sich kurz über den jungen Mann, dessen Gesicht rot angelaufen war, richtete sich wieder auf und ging dann auf die sperrende Tür zu. Er wollte den Türknauf bewegen, doch die Tür war gut verschlossen.
Josuah Parker ließ sich von solch unwichtigen Hindernissen keineswegs stören.
Er griff in eine seiner vielen Westentaschen, holte einen Gegenstand hervor, der fast an einen Pfeifenreiniger erinnerte, schob ihn ins Schloß und sperrte die Tür innerhalb weniger Sekunden auf. Dann öffnete er und betrat den langen Korridor.
Vor einer dick wattierten Tür blieb er stehen, benutzte den geheimnisvollen Gegenstand noch mal und sperrte auch diese Tür auf. Er drückte sie um einige Zentimeter nach innen und blickte in ein üppig eingerichtetes Büro.
Es gab hier zwar einen Schreibtisch, und hier schien auch wirklich gearbeitet zu werden. Doch der Besitzer dieses Büros lag auf einem Ledersofa und schlief offensichtlich. Parker trat an die Couch heran und tippte mit der Spitze seines Regenschirms auf den Bauch des Mannes.
Dieser mochte vielleicht fünfzig sein. Er war untersetzt und rundlich. Er hatte das Gesicht einer Bulldogge, die selbst im Schlaf noch zu knurren schien. Es war ein unerfreulich aussehender Mann, mit dem sicher nicht gut Kirschen zu essen war.
Die Bulldogge fuhr bei der leisen Bewegung hoch, öffnete weit die Augen und ... grinste dann überrascht-irritiert.
»Mr. Parker?« fragte er ungläubig.
»Ich erlaube mir, Ihnen einen wunderschönen Tag zu wünschen«, begrüßte Parker ihn. »Ich muß Ihre sicher kostbare Zeit für wenige Augenblicke in Anspruch nehmen.«
»Wie ... Wie, zum Teufel, sind Sie hier reingekommen,