Der Landdoktor Classic 37 – Arztroman. Christine von Bergen
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»Tja, dann …« In einer unschlüssigen Geste hob sie die Schultern.
Wie gern hätte sie sich noch mit ihm unterhalten. Doch daran war im Beisein ihrer Tante ja nun wirklich nicht zu denken. Mathilda zerstörte dann auch prompt den Zauber, der dieser Situation inne lag, indem sie mit einem Geldschein vor der Nase des jungen Mannes hin und her wedelte, so dass dieser erschrocken ein paar Schritte zurücktrat und die ältere Frau verblüfft ansah.
»Bitte, für Ihre Dienste«, sagte Mathilda in deutlich herablassendem Ton. »Nehmen Sie es. Wir müssen jetzt weiter.«
Der Jeepfahrer zog die Brauen zusammen, so dass auf seiner gebräunten Stirn eine steile Falte entstand. Dann nahm seine Miene einen spöttischen Ausdruck an.
»Vielen Dank, gnädige Frau, aber ich nehme kein Geld an. Den Reifen habe ich Ihrer Enkelin zuliebe gewechselt.«
Mathildas vollwangiges Gesicht färbte sich dunkelrot. Dass jemand in diesem Ton zu ihr sprach, war eine Sache, die sie nicht kannte. Aber dass man sie für Lianes Großmutter hielt, war eine noch viel schlimmere. Tat sie nicht alles dafür, um jünger auszusehen?
So ein Flegel, dachte sie, während sie ihre vollschlanke Gestalt straffte.
»Dann eben nicht«, antwortete sie mit einer Stimme, die vor Kälte klirrte, während sie den Geldschein einfach wieder in ihre Krokohandtasche steckte. »Liane, komm!«
Dies war keine Bitte, sondern ein Befehl.
»Vielen Dank«, sagte Liane zu ihrem Helfer, schenkte ihm noch ein letztes Lächeln und stieg dann ein.
»Keine Ursache.« Er lächelte zurück. »Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag.«
»Ich Ihnen auch«, erwiderte sie mit einem Anflug von Enttäuschung im Herzen, die sie sich jedoch nicht anmerken ließ.
»Ich sage ja immer, die jungen Männer heutzutage haben keinen Benimm mehr«, schimpfte Mathilda, während sie sich schwer atmend anschnallte.
»Er hat zumindest soviel Benehmen, dass er uns geholfen hat«, verteidigte Liane den Jeepfahrer kühl. »Und soviel, dass er dein Geld nicht wollte.«
Ihre Tante warf ihr einen prüfenden Seitenblick zu.
»Du wirst dich doch hoffentlich nicht schon wieder für Männer interessieren?«, lautete ihre barsche Antwort.
Liane schluckte schwer.
Nein, das hatte sie nicht vor. Außerdem gehörte sie nicht zu den jungen Frauen, die unbedingt eine Beziehung haben mussten. Dass ihre Tante jedoch wieder so deutlich durchblicken ließ, wie sehr sie auf ihr Leben Einfluss nehmen wollte, erzeugte in ihr einen Widerstand, der sie nach ein paar Sekunden schließlich schnippisch sagen ließ: »Auch wenn ich bei dir lebe und du mir mein Studium finanzierst, bin ich nicht deine Leibeigene, Tante Mathilda. Und es ist nichts Schlechtes dabei, wenn ich einen Mann sympathisch finde, wie gerade den, der uns den Reifen gewechselt hat.«
Die Industriellenwitwe blickte mit frostiger Miene durch die Windschutzscheibe, ohne ein weiteres Wort von sich zu geben.
*
Daniel Hoffmann fuhr weiter. Dabei hatte er nur die zierliche blonde Frau vor Augen, die ihn auf seltsame Weise berührt hatte. Was für Augen. Groß, nebelgrau, mit langen dunklen Wimpern. Ein verträumter Blick. Sie strahlte eine eigenartige Verwundbarkeit aus, aber genauso einen unbeugsamen Willen. Welch eine Mischung. Und ihr Lächeln, das Sonne und Wärme schenkte, wie auch ihre Figur waren sowieso nicht von dieser Welt. Ob sie hier Urlaub machte? Oder ob sie nur auf Durchreise war? Der Wagen hatte das Kennzeichen von Baden-Baden gehabt.
Er schaute auf die Uhr im Armaturenbrett.
Er musste sich beeilen. Um drei Uhr musste er wieder im Büro sein. Für einen Imbiss im Biergarten der Rottwälder Brauerei würde die Zeit nicht reichen. Also musste er seinen Hunger mit einem Hefeteilchen aus der Bäckerei in Ruhweiler stillen.
Als er in den Ort hinein fuhr, beglückwünschte er sich wieder einmal zu seiner Entscheidung, ins Ruhweiler Tal zurückgekehrt zu sein. Hier war er geboren, im Nachbardorf, und hier gehörte er hin. Das Steuerberaterbüro in Ulm, wo er gearbeitet hatte, lag mitten in der Stadt. Man hatte auf die umliegenden Häuser geblickt, auf eine Hauptverkehrsstraße sowie auf ein Industriegebäude. Auch jetzt fragte er sich wieder, wie er das Stadtleben so lange hatte aushalten können. Er war ein Landei, liebte Wiesen und Wälder und den Duft von Moos und Harz, den Duft des südlichen Schwarzwaldes, wo die Berge höher waren als im nördlichen, die Täler enger und verwunschener, die Wälder dunkler, wo es brausende Wasserfälle und geheimnisvolle Schluchten gab.
Daniel hielt vor der Bäckerei auf der Hauptstraße an, sprang aus dem Jeep und wollte gerade das Geschäft betreten, als eine Frauenstimme ihn im Laufschritt stoppte.
»Daniel!«
Er blieb stehen und drehte sich um. Da entdeckte er Silke.
Ihr Anblick traf ihn völlig unvorbereitet. Als er sich zur Rückkehr entschlossen hatte, war sie überhaupt nicht in seinem Kopf gewesen. Was nun?
Silke kam auf ihn zu, im blauen Kostüm, auf hohen Pumps, das rote Haar aufgesteckt. Ohne Zweifel war sie immer noch sehr attraktiv, aber sie war nie so richtig sein Frauentyp gewesen, obwohl er einige Jahre mit ihr liiert gewesen war. Eine Jugendsünde, wie er sich später eingestanden hatte.
»Hey.« Silke blieb vor ihm stehen, strahlend. Die Freude über dieses Wiedersehen sprang ihr aus den grünen Katzenaugen. Sie hauchte ihm einen Kuss auf beide Wangen und sagte: »Ich habe schon gehört, dass du dich hier in dem Steuerberaterbüro eingekauft hast. Darüber hat das ganze Tal geredet. Wie lange bist du schon wieder da?«
»Erst eine Woche«, erwiderte er und lächelte sie an. »Und du? Was machst du?«
»Ich arbeite im Wiesler an der Rezeption«, erzählte sie ihm stolz. »Das ist ein toller Job. Viele interessante Gäste, auch aus dem Ausland. Geschäftsleute. Im Wieseler atme ich wenigstens ein bisschen internationales Flair.«
Er wusste, dass sie das Tal immer hatte verlassen wollen.
»Und? Bist du allein zurückgekehrt oder hast du einen Anhang mitgebracht?«, fragte sie mit eindeutig verführerischem Blick.
Diese direkte Frage berührte ihn unangenehm. Silke schien sich nicht verändert zu haben. Was sollte er sagen? Er ahnte, aus welchem Grund sie ihm diese Frage stellte. Wahrscheinlich war auch sie noch solo. Nachdem er damals, in seinem zweiten Semester in Ulm, mit ihr Schluss gemacht hatte, war ihm von seinen Freunden zu Ohren gekommen, wie sehr sie darunter gelitten hatte.
»Allein«, antwortete er wahrheitsgemäß, woraufhin sie ihm umgehend strahlend mitteilte: »Ich bin auch noch solo.«
Na bestens, dachte er sich. Hoffentlich würde sie sich keine Hoffnungen darauf machen, dass aus ihnen beiden wieder etwas werden könnte.
Er blickte auf seine Armbanduhr und sagte: »Sei mir nicht böse, ich muss zurück ins Büro. Ich wollte mir nur gerade etwas zum Essen kaufen.« Er machte einen Schritt