Butler Parker 173 – Kriminalroman. Günter Dönges
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Parker entspannte sich.
Er hatte in einem hochlehnigen Ledersessel Platz genommen und blätterte in einem technischen Magazin, als das Telefon klingelte. Horace Pickett meldete sich.
»Ich bin hier in Soho«, schickte er voraus. »Franco Taylor sitzt in einem chinesischen Restaurant und unterhält sich mit Dennis Hayman.«
»Ein nicht uninteressanter Gesprächspartner«, fand Parker höflich.
»Dennis Hayman ist mehr als nur Finanzmakler, Mr. Parker.«
»In der Tat«, pflichtete der Butler dem ehemaligen Taschendieb bei, »Mr. Hayman wird in einschlägigen Kreisen auch als Geldwäscher bezeichnet.«
»Hayman kennt jeden, auf den es in der Unterwelt ankommt, Mr. Parker.«
»Man sollte Mr. Hayman bei Gelegenheit seine Aufwartung machen«, gab Josuah Parker zurück, »es wäre vielleicht angebracht, Mr. Pickett, sich in dieser Nacht nur noch um den Finanzmakler zu kümmern. Es könnte durchaus aufschlußreich sein, ob Mr. Hayman sich noch mit weiteren Klienten treffen wird.«
»Ich habe verstanden«, entgegnete Pickett, »Sie nehmen an, daß Taylor sich über Hayman ein paar Killer mietet, nicht wahr?«
»Dies ist keineswegs auszuschließen«, erwiderte der Butler, »möglicherweise sind sie aber bereits unterwegs und nähern sich Myladys Haus.«
»Dann möchte ich nicht in der Haut dieser Leute stecken«, sagte Horace Pickett und lachte leise, »die ahnen ja noch nicht mal, was da auf sie zukommt.«
*
Sie hatten wirklich keine Ahnung – die beiden Gestalten, die dunkle Trikots trugen und sich eng anliegende Gesichtsmasken über den Kopf gestreift hatten. Es waren Profis, daran bestand kein Zweifel. Sie verzichteten darauf, sich auf dem Platz vor Myladys Haus zu zeigen. Sie befanden sich bereits auf einem der Dächer jener Fachwerkhäuser, die den Platz einrahmten.
Sie huschten von Esse zu Esse, waren in der Dunkelheit kaum auszumachen und bewegten sich mit großer Geschicklichkeit. Sie hielten zielsicher auf Myladys Haus zu und hatten eindeutig die Absicht, durchs Dach ins Haus einzusteigen.
Parker konnte sie deutlich ausmachen. Er beobachtete die beiden ungebetenen Gäste durch ein Nachtsichtgerät. Die Warnanlage hatte ihn vor wenigen Minuten über den Besuch informiert.
Daraufhin war der Butler ins Dachgeschoß gegangen und befand sich gerade hinter einem der Dachfenster. Agatha Simpson hatte er nicht gestört. Sie saß noch immer vor dem Fernsehgerät und studierte die Drehbuchtechnik, wie sie es ausdrückte.
Die beiden nächtlichen Gestalten hatten bereits das Dach von Myladys Haus erreicht, bewegten sich noch vorsichtiger und nahmen sich viel Zeit. Wahrscheinlich hatte man sie darüber unterrichtet, daß dieses Fachwerkhaus einige Überraschungen bot. Die beiden Gestalten wollten jeden Fehler vermeiden.
Josuah Parker hatte seinen Standort gewechselt.
Er stand in einer Kaminesse, die nichts anderes war als eine geschickt getarnte Beobachtungskanzel. In der Vergangenheit hatten Gangster immer wieder versucht, durchs Dach ins Haus zu gelangen. Der Butler hatte darauf entsprechend reagiert und sich diese Kanzel gebaut. Von hier aus war er in der Lage, geeignete Maßnahmen gegen heimliche Besucher zu ergreifen.
Die beiden Gestalten hatten eine kleine Pause eingelegt und saßen eng nebeneinander auf einem schmalen Trittbrett, das seinerseits auf dem schrägen Dach neben einer Esse angebracht war. Von diesem Trittbrett aus konnte ein Kaminkehrer die Kaminessen reinigen. Das alles sah völlig regulär und unverdächtig aus.
Parker war klar, daß es sich bei diesen beiden Gestalten nur um gemietete Gangster handeln konnte, die keine Ahnung hatten, für wen sie ihren Hals riskierten. Es wäre also reine Zeitverschwendung gewesen, sie ins Haus zu holen und dann Fragen zu stellen.
Parker hatte dieses harmlos aussehende Trittbrett nicht ohne Grund anbringen lassen. Es lud förmlich zum Verweilen ein und wurde auch in dieser Nacht wieder genutzt. Der Butler fand, daß die beiden Gestalten eine kleine Sensation brauchten.
Parker zog an einem der kleinen Eisenringe, die auf einer Art Schaltbrett vor ihm angebracht waren. Daraufhin gerieten die beiden nächtlichen Besucher in einige Verlegenheit.
Das Trittbrett kippte unter ihnen flach hinunter auf das Dach und wurde so zu einer Rutschbahn.
Nachdem die beiden Gestalten je einen spitzen Schrei ausgestoßen hatten, segelten sie haltlos über die Dachpfannen hach unten und näherten sich der Dachkante. Sie waren völlig überrascht worden und fuchtelten mit den Armen verzweifelt in der Luft herum. Sie rechneten mit einem Absturz aufs Pflaster, und erst kurz vor diesem Flug nach unten spürten sie, daß ihre Beine ineinander gestaucht wurden. Die Füße waren gegen eine Art Schneegitter oberhalb der Dachtraufe geprallt und bremsten den eigentlichen Sturz bis auf Null.
Parker verließ seine Beobachtungskanzel und schritt gemessen ins Haus. Als er auf dem oberen Korridor war, öffnete sich Myladys Studiotür.
Lady Agatha trug einen wallenden Hausmantel und Lockenwickler.
»Was ist denn, Mr. Parker?« erkundigte sie sich. »Habe ich da eben nicht Geräusche gehört?«
»In der Tat, Mylady«, berichtete Parker, »zwei Personen unbekannten Geschlechts versuchten, in Myladys Haus einzudringen. Inzwischen werden sie sich dicht oberhalb der Dachtraufe aufhalten und beratschlagen, wie sie möglichst unversehrt wieder auf den rettenden Erdboden kommen.«
»Sind das Leute von Wichtigkeit?« fragte sie interessiert. »Ich habe gerade etwas Zeit und könnte mich mit ihnen befassen.«
»Es dürfte sich nur um uninformierte Handlanger handeln, Mylady«, versicherte der Butler, »um Dutzendware, wie man sie allenthalben in einschlägigen Pubs kaufen kann.«
»Nun gut.« Sie nickte. »Gibt es sonst noch etwas, das ich wissen müßte?«
»Mr. Pickett rief an und verwies im Zusammenhang mit Mr. Franco Taylor auf einen gewissen Mr. Dennis Hayman. Die beiden Männer halten sich zur Zeit in Soho auf und konferieren miteinander.«
»Und das erfahre ich erst jetzt?« Sie räusperte sich explosionsartig. »Ich bin in zehn Minuten in der Halle, Mr. Parker. Die Nacht hat ja gerade erst angefangen.«
Parker deutete eine knappe Verbeugung an und verzichtete auf jeden Einwand. Die Dampfwalze in Form der Lady Simpson setzte sich wieder mal in Bewegung ...
*
Butler Parker saß am Steuer seines hochbeinigen Monstrums, wie sein Privatwagen von Eingeweihten genannt wurde. Bei diesem Fahrzeug handelte es sich um ein ehemaliges Londoner Taxi älterer Bauart. Alles an diesem Gefährt war eckig und wirkte sehr betagt. Im Grund gönnte man Parkers Privatwagen geruhsame Tage in einem Auto-Museum.
Doch der Schein trog.
Das