Nils Holgerssons wunderbare Reise durch Schweden. Selma Lagerlöf

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Nils Holgerssons wunderbare Reise durch Schweden - Selma Lagerlöf Reclam Taschenbuch

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Junge auf den Boden legen wollte, um mit dem anderen zum Käfig hinaufzuklettern, sah er gleich neben sich die grünen Augen der Katze funkeln. Vollkommen ratlos hielt er inne, mit einem Eichhörnchenjungen in jeder Hand.

      Er sah sich nach allen Seiten um und entdeckte nun das alte Mütterchen. Da besann er sich nicht lange, sondern ging auf sie zu und streckte ihr ein Junges entgegen.

      Und das Mütterchen wollte sein Vertrauen nicht enttäuschen, sie beugte sich nieder und nahm das kleine Wesen so lange in Verwahrung, bis der Kobold mit dem anderen zum Käfig geklettert und zurückgekehrt war, um das ihr anvertraute zu holen.

      Als sich die Leute des Bauernhofs am nächsten Morgen zum Frühstück versammelten, konnte die Alte unmöglich für sich behalten, was sie in der Nacht gesehen hatte. Natürlich lachten alle sie aus und meinten, sie habe nur geträumt. Zu so früher Jahreszeit gebe es noch keine Eichhörnchenjungen.

      Doch die Alte war sich ihrer Sache sicher und bat sie, im Käfig nachzusehen, was sie auch taten. Und da lagen im Laubbett der Kammer vier kleine, halbnackte und halbblinde Junge, die schon mindestens ein paar Tage alt waren.

      Als dann der Bauer selbst die Jungen sah, sagte er: »Was es auch damit auf sich haben mag, so ist gewiss, dass wir uns unsrer Handlungsweise vor Tieren und Menschen schämen müssen.« Und dann nahm er das Eichhörnchenweibchen und alle seine Jungen aus dem Käfig und legte sie dem Mütterchen in die Schürze. »Bring sie zum Haselstrauch«, sagte er, »und gib ihnen die Freiheit zurück!«

      Die Aussprache

      Samstag, den 26. März

      Da wurde es Samstagabend. Seit der Verzauberung war eine ganze Woche vergangen, und der Junge war immer noch genauso klein.

      Das schien ihn jedoch keineswegs zu bekümmern. Er saß in einem großen Weidenbusch am Ufer des Sees und blies in eine Pfeife aus Rohr. Um ihn herum saßen so viele Meisen und Buchfinken, wie im Busch Platz hatten, und zwitscherten ihm Lieder vor, die er nachzuspielen versuchte. Aber der Junge war nicht sehr bewandert in dieser Kunst und blies so falsch, dass die kleinen Lehrmeister, denen sich alle Federn sträubten, vor Verzweiflung flatterten und schrien. Der Junge musste so über ihren Eifer lachen, dass er die Pfeife verlor.

      Er machte einen neuen Versuch, und als es nicht besser geriet, jammerten alle kleinen Vögel: »Heute spielst du schlechter als sonst, Däumling. Du bringst nicht einen reinen Ton zustande. Wo hast du deine Gedanken, Däumling?«

      »Woanders«, sagte der Junge, und das stimmte. Er dachte nämlich unentwegt daran, was er tun sollte, wenn die Wildgänse nun bald Schonen verließen. Seitdem er der Eichhörnchenmutter geholfen hatte, war er sowohl mit Eichhörnchen als auch mit kleinen Vögeln gut Freund geworden, doch er konnte nicht bei ihnen bleiben.

      Plötzlich warf er die Pfeife weg und sprang aus dem Busch. Er hatte Akka gesehen, die mit allen Gänsen in einer langen Reihe auf ihn zukam. Sie gingen auffallend langsam und feierlich, und der Junge ahnte sofort, dass er jetzt erfahren sollte, was sie mit ihm vorhatten.

      Als sie endlich haltmachten, sagte Akka: »Du hast allen Grund, dich über mich zu wundern, Däumling, denn ich habe mich nicht dafür bedankt, dass du mich aus Smirres Fängen gerettet hast. Aber ich bin nun mal so, dass ich lieber mit Taten als mit Worten danke. Ich habe den Kobold aufgesucht, der dich verzaubert hat, und ihm erzählt, wie du dich bei uns benommen hast. Nun lässt er dich grüßen, und sobald du nach Hause zurückkehrst, darfst du wieder Mensch sein.«

      Doch stellt euch vor, der Junge, der sich bei den ersten Sätzen der Wildgans so gefreut hatte, war am Ende ihrer Rede tieftraurig! Er sagte kein einziges Wort, wandte sich nur ab und weinte.

      »Um Himmels willen, was ist denn das?«, sagte Akka. »Du scheinst wohl mehr erwartet zu haben, als ich dir jetzt angeboten habe?«

      Aber der Junge dachte an sorglose Tage und lustige Spiele, an Abenteuer und Freiheit und Reisen hoch über der Erde, an alles, was ihm nun entgehen sollte, und schluchzte richtig vor Kummer. »Ich will nicht wieder Mensch werden«, sagte er, »ich will mit euch nach Lappland fliegen.«

      »Jetzt muss ich dir eins sagen«, entgegnete Akka, »dieser Kobold ist sehr empfindlich, und ich fürchte, wenn du sein Angebot ablehnst, dann wirst du Mühe haben, ihn ein zweites Mal zu erweichen.«

      Es war eigenartig mit Nils Holgersson: Er hatte in seinem ganzen Leben nie jemanden richtig liebgehabt, nicht Vater und Mutter, nicht den Lehrer, nicht die Schulkameraden, nicht die Jungen von den Nachbarhöfen. So gab es keinen, der ihm jetzt fehlte oder nach dem er sich sehnte.

      Die Einzigen, mit denen er einigermaßen ausgekommen war, das waren das Gänsemädchen Åsa und der kleine Mats, zwei Kinder, die wie er auf den Feldern Gänse gehütet hatten. Doch auch sie hatte er nicht richtig lieb. Nein, bestimmt nicht.

      »Ich will nicht wieder Mensch werden«, schluchzte der Junge. »Ich will mit euch nach Lappland fliegen. Deswegen bin ich eine ganze Woche lang brav gewesen.«

      »Ich will es weder dir noch deinem Freund, Gänserich Martin, verwehren, mit uns zu fliegen, so weit du möchtest«, sagte Akka. »Aber überleg dir, ob du nicht doch lieber nach Hause zurückkehren willst! Es kann der Tag kommen, an dem du diesen Entschluss bereust.«

      »Nein«, sagte der Junge, »da gibt es nichts zu bereuen. Mir ist es niemals so gut ergangen wie bei euch.«

      »Ja, dann sollst du deinen Willen haben«, sagte Akka.

      »Danke!«, sagte der Junge und war so glücklich, dass er jetzt vor Freude weinte – wie eben noch vor Kummer.

      Glimmingehus

      Schwarze Ratten und graue Ratten

      Im südöstlichen Schonen, nicht weit vom Meer, liegt eine alte Burg namens Glimmingehus. Es ist ein einziges hohes, großes und massives Gebäude aus Stein, das in der Ebene meilenweit zu sehen ist. Obwohl es nicht mehr als vier Stockwerke hat, ist es so riesig, dass sich das gewöhnliche Wohnhaus auf dem Hof dagegen wie ein Puppenhaus ausnimmt.

      Dieses steinerne Gebäude hat so kompakte Außenwände, Zwischenwände und Deckengewölbe, dass sein Innenraum fast nur aus dicken Mauern besteht. Die Treppen sind schmal, die Gänge eng, und Zimmer gibt es nicht viele. Um den Mauern nicht die Stärke zu nehmen, hat man in den oberen Stockwerken nur wenige und in dem untersten gar keine Fenster, sondern nur schmale Lichtöffnungen eingefügt.

      Während der alten Kriegszeiten verschanzten sich die Menschen in einem solchen starken, riesigen Haus genauso gern, wie man jetzt in einem bitterkalten Winter in einen Pelz hineinkriecht. Als aber die gute Friedenszeit kam, wollten sie in den dunklen, kalten Steinsälen der alten Burg nicht mehr wohnen.

      Zu jener Zeit, als Nils Holgersson mit den Wildgänsen durchs Land zog, gab es auf Glimmingehus zwar keine Menschen, doch an Bewohnern fehlte es der Burg gewiss nicht. Auf dem Dach wohnte jeden Sommer ein Storchenpaar in seinem großen Nest, auf dem Boden lebten ein paar Waldkäuze, in den Geheimgängen hingen Fledermäuse, im Küchenherd saß eine alte Katze, und im Keller gab es ein paar hundert von den alten schwarzen Ratten.

      Ratten genießen bei den anderen Tieren nicht eben ein hohes Ansehen, doch die schwarzen Ratten von Glimmingehus stellten eine Ausnahme dar. Von ihnen sprach man stets mit Achtung, denn sie hatten den schweren Schicksalsschlägen, von denen ihr Volk heimgesucht wurde, mit großer Tapferkeit getrotzt. Sie gehörten nämlich zu einem Rattenvolk,

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