Nils Holgerssons wunderbare Reise durch Schweden. Selma Lagerlöf

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Nils Holgerssons wunderbare Reise durch Schweden - Selma Lagerlöf Reclam Taschenbuch

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Nils Holgersson, bin Sohn eines Kätners und bis zu diesem Tag ein Mensch gewesen, aber heute Vormittag …«

      Weiter kam er nicht. Kaum hatte er gesagt, er sei ein Mensch, da wichen die Leitgans drei und die anderen noch mehr Schritte zurück. Alle reckten sie die Hälse vor und zischten ihn böse an.

      »Den Verdacht hatte ich gleich, als ich dich sah«, sagte Akka. »Und jetzt verschwinde schleunigst! Wir dulden keine Menschen unter uns.«

      »Es ist doch wohl nicht möglich, dass ihr Wildgänse euch vor so einem Wicht fürchtet«, versuchte der Gänserich einzulenken. »Ihr müsst schon erlauben, dass er über Nacht bei uns bleibt. Niemand von uns kann verantworten, dass sich so ein armes Kerlchen nachts allein gegen Wiesel und Fuchs behaupten soll.«

      Da kam die Leitgans wieder näher, aber es war ihr deutlich anzumerken, dass sie ihre Furcht nur mit Mühe bezwang. »Ich habe gelernt, mich vor allem, was Mensch heißt, ob groß oder klein, in Acht zu nehmen«, sagte sie. »Aber wenn du dich für den hier verbürgst, Gänserich, dann darf er heute Nacht bei uns bleiben. Ich glaube allerdings nicht, dass unser Nachtquartier dir oder ihm recht gefallen wird, wir wollen uns nämlich auf das schwimmende Eis zum Schlafen stellen.«

      Sie hatte wohl gedacht, dass diese Nachricht den Gänserich bedenklich stimmen würde. Doch der ließ sich davon nicht anfechten. »Es ist sehr klug von euch, dass ihr euch einen so sicheren Schlafplatz wählt«, sagte er.

      Dann hob Akka die Flügel und flog hinaus aufs Eis. Die Wildgänse folgten ihr eine nach der anderen.

      Der Junge war traurig darüber, dass man ihn so feindselig aufgenommen hatte. »Es kommt wohl noch schlimmer, Gänserich«, sagte er. »Wir werden draußen auf dem Eis erfrieren.«

      Doch der Gänserich war guten Mutes. »Das ist nicht so gefährlich«, sagte er. »Ich bitte dich nur, ganz schnell so viel altes Stroh und Gras zusammenzulesen, wie du tragen kannst.«

      Als der Junge einen Armvoll trockenes Gras zusammengerafft hatte, packte der Gänserich seinen Hemdkragen, hob ihn empor und flog mit ihm aufs Eis, wo die Wildgänse schon schliefen, im Stehen und mit dem Schnabel unter dem Flügel.

      »Jetzt breite das Gras aus, damit ich mich daraufstellen kann und nicht festfriere! Hilf du mir, dann helfe ich dir!«, sagte der Gänserich.

      Das tat der Junge, und als er fertig war, packte der Gänserich ihn ein zweites Mal beim Hemdkragen und steckte ihn unter seinen Flügel.

      »Ich glaube, da liegst du warm und gut«, sagte er und drückte ihn mit dem Flügel an sich.

      Der Junge war so tief in Daunen eingebettet, dass er nicht antworten konnte, doch er lag warm und sicher und war müde, und im nächsten Augenblick war er eingeschlafen.

      Die Nacht

      Es ist eine Tatsache, dass Eis stets trügerisch ist und niemals zuverlässig. Mitten in der Nacht geriet die schwimmende Eiskruste des Vombsees in Bewegung und berührte an einer Stelle das Ufer. Da geschah es nun, dass Fuchs Smirre, der zu jener Zeit am östlichen Ufer im Park von Övedskloster wohnte, eben diese Stelle bei seiner nächtlichen Pirsch entdeckte. Er hatte die Wildgänse schon am Abend bemerkt und begab sich sofort aufs Eis.

      Er war ihnen schon ganz nahe, als er ausrutschte, so dass seine Krallen über die blanke Fläche schurrten. Die Gänse erwachten, flatterten mit den Flügeln und wollten sich in die Luft erheben. Doch Smirre war schneller als sie. Wie ein Blitz stürzte er los, bekam eine Gans am Flügelknochen zu fassen und eilte in Richtung Land.

      In dieser Nacht waren die Wildgänse jedoch nicht allein auf dem Eis, ein Mensch war bei ihnen, auch wenn er noch so klein war. Der Junge war davon aufgewacht, dass der Gänserich mit den Flügeln geschlagen hatte. Er war aufs Eis gefallen und schlaftrunken sitzen geblieben. Die Unruhe um ihn herum war ihm gar nicht zu Bewusstsein gekommen, bis er einen kleinen, kurzbeinigen Hund erblickte, der mit einer Gans in der Schnauze übers Eis davonlief.

      Sofort rannte der Junge hinter diesem Hund her, um ihm die Gans wegzunehmen. Er hörte zwar den Gänserich hinter sich rufen: »Sieh dich vor, Däumling! Sieh dich vor!«, doch er glaubte nicht, dass er sich vor so einem kleinen Hund zu fürchten brauchte.

      Die Wildgans, die Fuchs Smirre wegschleppte, wollte kaum ihren Ohren trauen, als sie die Holzschuhe des Jungen auf dem Eis klappern hörte. »Will dieser Knirps mich etwa dem Fuchs entreißen?«, fragte sie sich. »Als Erstes wird ihm passieren, dass er in eine Eisspalte fällt.«

      Doch trotz finsterer Nacht erkannte der Junge alle Risse und Löcher im Eis genau und sprang kühn über sie hinweg, denn er besaß jetzt die guten Nachtaugen der Kobolde und konnte auch im Dunkeln sehen.

      Als Fuchs Smirre die Stelle erreichte, wo das Eis ans Ufer stieß, sprang er an Land, und gerade als er sich den Hang hinaufarbeitete, rief ihm der Junge zu: »Lass die Gans los, du Strolch!« Smirre, der nicht wusste, wer da gerufen hatte, nahm sich zum Umblicken keine Zeit, sondern lief nur noch schneller.

      Er eilte in einen großen, prächtigen Buchenwald, und der Junge folgte ihm, ohne an irgendeine Gefahr zu denken. Stattdessen dachte er unentwegt daran, mit welcher Verachtung die Wildgänse ihn vor ein paar Stunden empfangen hatten, und jetzt wollte er ihnen so gern beweisen, dass ein Mensch doch ein bisschen besser war als alle anderen Geschöpfe.

      Immer wieder rief er dem Hund zu, er solle seine Beute loslassen. »Was bist du bloß für ein Hund, dass du dich nicht schämst, eine ganze Gans zu stehlen?«, sagte er. »Lass sie sofort los, oder du kriegst eine ordentliche Tracht Prügel!«

      Als Fuchs Smirre merkte, dass er für einen Hund gehalten wurde, der sich vor Prügeln fürchtete, wurde er so vom Lachen gekitzelt, dass er die Gans fast verloren hätte. Smirre war ein großer Räuber, der sich keineswegs damit begnügte, auf den Feldern Ratten und Wühlmäuse zu fangen, sondern der sich auch bis auf die Höfe wagte und Hühner und Gänse stahl. Er wusste, dass er in der ganzen Gegend gefürchtet war. So etwas Verrücktes hatte er seit seiner Kinderzeit nicht mehr gehört.

      Aber der Junge lief schnell genug, um gegen ihn aufzuholen. Endlich war er dem Fuchs so nahe, dass er seinen Schwanz erwischte. »Jetzt nehme ich dir die Gans doch weg!«, rief er und zerrte, was er nur konnte. Seine Kräfte reichten jedoch nicht aus, um Smirre aufzuhalten. Der Fuchs schleifte ihn hinter sich her, dass um ihn herum das trockene Buchenlaub aufwirbelte.

      Doch jetzt war es Smirre wohl aufgegangen, wie ungefährlich sein Verfolger war. Er blieb stehen, legte die Gans nieder und stellte seine Vorderpfoten darauf, damit sie nicht wegfliegen konnte. Aber bevor er ihr die Kehle durchbiss, musste er diesen Knirps doch noch ein bisschen ärgern. »Nun lauf zum Herrn und beschwere dich, jetzt beiße ich die Gans nämlich tot!«, sagte er.

      Als der Junge die spitze Nase des Hundes sah, den er verfolgt hatte, und seine heisere, böse Stimme hörte, konnte er sich vor Staunen erst gar nicht fassen. Doch als sich der Fuchs nun über ihn lustig machte, packte ihn eine solche Wut, dass er an Angst gar nicht dachte. Er griff noch fester zu, stemmte sich gegen eine Buchenwurzel, und gerade als der Fuchs den Rachen über der Gänsekehle aufriss, zog er mit aller Kraft an seinem Schwanz. Das kam für Smirre so überraschend, dass er sich ein paar Schritte rückwärtsziehen ließ und die Wildgans freigab. Sie bewegte sich schwerfällig, denn einer ihrer Flügel war verletzt und kaum zu gebrauchen. Hinzu kam, dass sie im nächtlichen Waldesdunkel nichts sah. Sie konnte dem Jungen deshalb nicht im Geringsten helfen, sondern schlüpfte durch eine Lücke im Geäst und flog hinunter zum See.

      Smirre aber stürzte sich auf den Jungen. »Kriege

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