Glaube Liebe Hoffnung. Ein kleiner Totentanz. Ödön von Horváth
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»Glaube Liebe Hoffnung« könnte jedes meiner Stücke heissen. Und jedem meiner Stücke hätte ich auch folgende Bibelstelle als Motto voraussetzen können, nämlich:
Und der HERR roch den lieblichen Geruch und sprach in seinem Herzen: Ich will hinfort nicht mehr die Erde verfluchen um der Menschen willen, denn das Trachten des menschlichen Herzens ist böse von Jugend auf; und ich will hinfort nicht mehr schlagen alles was da lebet, wie ich getan habe. So lange die Erde stehet, soll nicht aufhören Samen und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht.
ELISABETH
ein Schupo (Alfons Klostermeyer)
Präparator
Vizepräparator
der Baron mit dem Trauerflor
IRENE PRANTL
Frau Amtsgerichtsrat
Er selbst, der Herr Amtsgerichtsrat
ein Invalider
eine Arbeiterfrau
ein Buchhalter
MARIA
ein Kriminaler
der Oberinspektor
ein zweiter Schupo
ein dritter Schupo
JOACHIM, der tollkühne Lebensretter
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[11]Erstes Bild
Szene Nummer 1
Schauplatz: Vor dem Anatomischen Institut mit Milchglasfenstern .
Elisabeth will es betreten und sieht sich noch einmal fragend um, aber es ist nirgends eine Seele zu sehen.
In der Ferne intoniert ein Orchester den beliebten Trauermarsch von Chopin und nun geht ein junger Schupo (Alfons Klostermeyer) langsam an Elisabeth vorbei und beachtet sie scheinbar kaum.
Es ist Frühling.
Szene Nummer 2
ELISABETH (spricht den Schupo plötzlich an, während der Trauermarsch in der Ferne verhallt). Entschuldigens bitte -- aber ich suche nämlich die Anatomie.
SCHUPO. Das anatomische Institut?
ELISABETH. Dort wo man halt die Leichen zersägt.
SCHUPO. Das dort ist das hier.
ELISABETH. Dann ist es schon gut.
SCHUPO (lächelt). Gebens nur acht, Fräulein --- da drinnen stehen die Köpf in Reih und Glied.
ELISABETH. Ich habe keine Angst vor den Toten.
SCHUPO. Ich auch nicht.
ELISABETH. Mir graust es noch lange vor nichts.
SCHUPO. In diesem Sinne --- (er salutiert legere und ab).
[12]Szene Nummer 3
Elisabeth sieht dem Schupo spöttisch nach --- dann fasst sie sich ein Herz und drückt auf den Klingelknopf des Anatomischen Instituts. Man hört es drinnen klingeln und schon erscheint der Präparator in weissem Mantel. Er steht in der Türe und fixiert die anscheinend unschlüssige Elisabeth.
Szene Nummer 4
PRÄPARATOR. Sie wünschen?
ELISABETH. Ich möchte hier jemand Zuständigen sprechen.
PRÄPARATOR. In was für einer Angelegenheit?
ELISABETH. In einer dringenden Angelegenheit.
PRÄPARATOR. Haben Sie einen angehörigen Toten bei uns?
ELISABETH. Es dreht sich um keinen angehörigen Toten, es dreht sich um mich selbst persönlich.
PRÄPARATOR. Wieso denn das hernach?
ELISABETH. Sind der Herr hier eine zuständige Instanz?
PRÄPARATOR. Ich bin der Präparator. Sie können sich mir ruhig anvertraun.
(Stille.)
ELISABETH. Man hat mich nämlich extra darauf aufmerksam gemacht, dass man hier seinen Körper verkaufen kann -- das heisst: wenn ich einmal gestorben sein werde, dass dann die Herren da drinnen mit meiner Leiche im Dienste der Wissenschaft machen können, was die Herren nur wollen -- dass ich aber dabei das Honorar gleich ausbezahlt bekomme. Schon jetzt.
PRÄPARATOR. Das ist mir neu.
ELISABETH. Man hat mich aber extra darauf aufmerksam gemacht.
PRÄPARATOR. Wer denn?
[13]ELISABETH. Eine Kollegin.
PRÄPARATOR. Was sind Sie denn von Beruf?
ELISABETH. Jetzt habe ich eigentlich nichts. Es soll ja noch schlechter werden. Aber ich lasse den Kopf nicht hängen.
(Stille.)
PRÄPARATOR.