Berühmte Kriminalfälle 8. Band. Alexandre Dumas
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»Er ist's!« rief Johanna aus, indem sie blässer als gewöhnlich wurde, und sich auf die Arme ihres jungen Bruders stützte, wie wenn sie fühlte, dass ihre Beine sie nicht mehr tragen wollten.
»Wer er?« fragte Jakob mit einem mit Unruhe gemischten Erstaunen.
»Der Capitain Robert von Beaudricourt,« antwortete Johanna.
»Und wer ist dieser Capitain Robert von Beaudricourt?« fragte Jakob immer erstaunter.
»Ein tapferer Ritter,« versetzte Johanna, »der zur Partei des edlen Dauphin Karl hält, in der Stadt Vaucouleurs.«
»Und wer hat Euch alle diese sauberen Sachen gesagt, Plaudertasche, die Ihr seid?« rief Jakob aus, der seinen Zorn nicht mehr bewältigen konnte.
»Er ist's!« entgegnete Johanna; »dies ist Alles, was ich Euch sagen kann, mein Vater; denn jene, die es mir gesagt haben, können sich nicht täuschen.«
»Meiner Treue,« äußerte Meister Durand, »ich will es genau wissen; und wenn dieses Kind die Wahrheit gesagt hat, so will ich mit verbundenen Augen Alles glauben, was ihr fortan belieben wird, mir zu erzählen.«
Bei diesen Worten verließ Meister Durand die Gruppe, an welcher er teilnahm, und ging, seinen Hut in die Hand nehmend, auf den Ritter zu, der so eben wieder den Zügel aus den Händen seines Pagen genommen hatte, und zu Pferd zu steigen sich anschickte. Als der Ritter nun sah, dass dieser Bauer in der offenbaren Absicht ihm sich näherte, mit ihm zu sprechen, stützte er den Arm auf den Sattelknopf, kreuzte ein Bein über das andere, und wartete.
»Herr Ritter,« sagte dann Meister Durand mit der schmeichelndsten Stimme, die ihm zu Gebote stand, »wenn es wahr ist, wie Jemand so eben sagte, dass Ihr der tapfere Capitain Robert von Beaudricourt seid, von dem wir so rühmlich sprechen hörten, so hoffe ich, dass Ihr einem armen Bauer, der aus Herzensgrunde Armagnac ist, die Frage verzeihen werdet, ob Ihr nicht aus der Gegend der Loire kommt, und ob Ihr uns nicht irgend eine gute Nachricht von unserm Herrn, dem Könige Karl dem Siebenten, geben könntet?«
»Mein Freund,« antwortete der Ritter mit einem leutseligeren Tone, als dessen der Adel gewöhnlich sich zu bedienen pflegte, um mit diesem Schlage von Leuten zu reden, »ich bin wirklich der Capitain Robert von Beaudricourt, und jener, der Dir meinen Namen sagte, täuschte Dich nicht. Was die Nachrichten vom Könige, betrifft, so sind sie unbedeutend, denn mit den Sachen geht es täglich schlimmer in dem armen Königreiche Frankreich, seit dem Treffen an der Brücke von Montereau.«
»Und doch, um Vergebung, Herr, wenn ein so armer Mann, wie ich, von so hohen Personen spricht,« fuhr Meister Durand fort, durch den Ton des Ritters kühn geworden, »aber es dünkt mir, dass Alles besser ging, seitdem der Herr Connetabel Arthur von Richemond dem Herrn von Beaulieu sein Recht widerfahren ließ, und in die Umgebung unseres viel geliebten Königs den Herrn Georg de la Trémoille brachte.«
»Ach! ganz im Gegenteil, und Ihr bedürft wirklich sehr der Nachrichten, mein Freund, wenn Ihr hiewegen mehr noch nicht wisst, als dies,« versetzte der Ritter, den Kopf schüttelnd; »der Herr de la Trémoille hat Ärgeres getan, als der Herr von Beaulieu; denn kaum war er in Gunst gestanden, als er sie benützte, um den Connetabel zu entfernen, und den König so zu Hintergehen, dass, Gott verzeihe es ihm, Monseigneur Karl nur noch durch die Augen seines Günstlings sieht, so zwar, dass bei ihm nur mehr Tanneguy Duchâtel, der Präsident Houret, und der Meister Michel le Massen bleiben, die Dreifaltigkeit des Teufels, die ihn geraden Weges in die Hölle führt.«
»Aber ich glaubte,« erwiderte Durand, der sich nach und nach vom ganzen Dorfe umgeben sah, und auf die leutselige Art ganz stolz war, auf welche der Ritter mit ihm sprach, »ich glaubte, dass der König von Schottland versprochen hatte, seinen Vetter Johann Stuart mit einer beträchtlichen Anzahl Schotten nach Frankreich zu schicken, um den braven Capitainen zu Hilfe zu kommen, die, wie Ihr, weder Engländer, noch Burgunder geworden sind, und noch das Feld behaupten.«
»Schotten, Engländer, Irländer,« murmelte Herr Robert von Beaudricourt, »sind Alle Hunde, aus dem nämlichen Hundestall hervorgehend, und, wie ich sehr befürchte, nach dem nämlichen Ziele rennend. Ereigne sich der völlige Sturz des Königreiches Frankreich, und Ihr werdet sie Alle in die Stücke sich teilen sehen, wie eine Meute in das Jägerrecht. Zudem, wie sehr sie nun eilen mögen, so fürchte ich sehr, gesetzt, sie kommen, dass sie nicht rechtzeitig kommen, um die gute Stadt Orleans zu retten, die das letzte Bollwerk ist, welches der König an der Loire besitzt, und der Graf von Salisbury zum Hohn des feierlichen Versprechens belagert, das er in England Monseigneur dem Herzog von Orleans machte, nicht Domainen mit Krieg zu überziehen, die ihr Gebieter nicht verteidigen könne, da er ein Gefangener ist.«
»Und da jeder Meineid eine unmittelbare, dem Himmel zugefügte Beleidigung ist,« äußerte eine sanfte Stimme, die sich zur Seite des Meisters Durand vernehmen ließ, »so hat der Herr erlaubt, dass der Treulose ob der seinigen bestraft wurde.«
»Was will dieses junge Mädchen damit sagen?« fragte Robert von Beaudricourt, erstaunt, dass ein so junges Kind in ein Gespräch sich mischte, das sehr wenige von jenen, die sich da befanden, zu führen fähig gewesen wären.
»Ich will damit sagen,« antwortete Johanna mit der nämlichen sanften und bescheidenen, aber ruhigen und zuversichtlichen Stimme, »dass bereits vor achtzehn oder zwanzig Tagen wenigstens, der Graf von Salibury mit einer Todsünde gestorben ist, von einem Kanonensplitter getroffen.«
»Und woher weißt Du so wichtige Neuigkeiten, junges Mädchen, da ich selbst sie noch nicht weiß?« entgegnete der Ritter lachend.
,O! gebt nicht Acht auf sie, Herr,« rief Jakob eilig aus, indem er zwischen seine Tochter und Robert von Beaudricourt trat; »dieses Kind ist eine Unwissende, die nicht weiß, was sie sagt.«
»Und wüßte sie es,« versetzte der Ritter, »wäre auch der Graf tot, wie Eure Tochter es verkündet, wackerer Mann, den ich vermute, dass sie Eure Tochter ist. . . .«
»Ach! ja,« murmelte Jakob, »und sie macht uns Allen viel Verdruss.«
»Wohl an, wäre er auch tot, bleiben nicht für Einen Gestorbenen zehn Andere übrig, fast eben so mächtig, wie er? Bleiben nicht der Graf von Suffolk übrig, Herr Wilhelm de la Poule, Herr Johann Falstaf, Herr Robert Héron, die Seigneurs von Gray, von Talbot von Scales, Lancelot von Lille, Gladesdale, Wilhelm von Rochefort und so viele Andere?«
»Und bleiben uns,« erwiderte Johanna lebhaft werdend, »und dem edlen Dauphin, unserm Herrn, nicht der Herzog von Alencon, der Graf von Clermont, der Graf von Dunois, Vignoles de la Hiré, Poton von Vaintrailles, und so viele Andere, eben so Tapfere und Loyale, wie Ihr, Herr, und bereit, wie Ihr, ihr Leben für das Wohl des Königreiches zu opfern? Bleibt nicht ferner, am Schlusse von allem dem, auch noch Unser Herr Jesus Christus übrig, welcher Frankreich liebt, und nicht gestatten wird, dass es in die Hände unserer Feinde falle, der Engländer und Burgunder?«
»Ach! ach! Herr, verzeiht diesem Kind, dass es Euch also widerspricht,« rief Jakob höchst betrübt aus; »aber, ich sagte es Euch, es gibt Augenblicke, in denen sie so seltsame Dinge spricht, dass man sie für verrückt halten möchte.«
»Ja,« entgegnete der Ritter traurig, »ja, sie muss verrückt sein, um eine Hoffnung zu bewahren, die der König selbst nicht mehr hegt, und um zu glauben, dass Orleans widerstehen wird, während nicht nur die Hauptstadt, sondern auch die guten und befestigten Städte Nogent, Fargeau, Sully, Jaurille, Beaugency, Marchenois, Rambouillet, Montpipeau, Thoury, Pithiviers, Rochefort, Chartres und selbst Mons, eine