Berühmte Kriminalfälle   8. Band. Alexandre Dumas

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Berühmte Kriminalfälle   8. Band - Alexandre Dumas

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zu tun zu haben fürchtete, dem Meister Durand, dass seine Nichte eine Verrückte sei, und dass er ihm rate, sie nach tüchtiger Beohrfeigung zu ihrem Vater und ihrer Mutter zurück zuführen.

      Meister Durand hinterbrachte diese Antwort seiner Nichte, die sogleich zu beten begann, die Stimme in den gewohnten Ausdrücken anstehend: diesmal, wie sonst erschienen der Erzengel und die Heiligen. Johanna befragte sie wegen des so eben stattgefundenen Misslingens, und die Stimme sagte zu ihr:

      »Du hast gezweifelt, Johanna, während Gott glaubensvolle Herzen will; Gott befahl Dir, selbst hinzugehen, und Du sendetest einen Andern, und diesem Andern ist

      es nicht gelungen, denn Dir allein verlieh Gott die Gabe der Überredung. Geh also, denn Alles kann noch wieder gut gemacht werden, indessen, wenn Du zauderst, Alles verloren sein wird.«

      Johanna sah, dass sie nicht mehr zögern dürfe, und brach an dem Tage auf, welcher der Freitag nach dem Dreikönigsfeste, im Jahre der Gnade 1429 war; sie kam bei Nacht nach Vaucouleurs: ihr Oheim, der sie begleitete, klopfte an die Tür eines Wagners, der sie gastfreundlich aufnahm. Das Weib des Wagners wollte das eigene Bett mit Johanna teilen; aber Johanna lehnte es ab, schickte sich zum Gebete an, und betete, bis der Tag kam.

      Dieses Gebet verlieh ihr eine so große Zuversicht, dass sie, als sie glaubte, dass die Stunde gekommen sei, bei dem Herrn von Beaudricourt zu erscheinen, den Beistand ihres Oheims mit der Bemerkung ablehnte, die Stimmen hätten ihr befohlen, allein hinzugehen; wirklich stellte sie sich gegen neun Uhr Morgens bei dem Capitain ein. Da es noch sehr früh war, ergötzte dieser Besuch die Reisigen sehr, welche sie sogleich zu ihrem Gebieter führten, obgleich er in diesem Augenblicke mit einem tapferen Ritter, Namens Johann von Novelompont, eine Unterredung pflog, der gerade von Chien, an der Loire, kam, und dem Herrn von Beaudricourt die Nachricht von dem Tode des Grafen von Salisbury brachte.

      Johanna trat ein, näherte sich dem Capitain, und sagte zu ihm:

      »Herr Robert, wisst, dass mein Gebieter mir seit langer Zeit befahl, zu dem edlen Dauphin zu gehen, welcher der einzige und wahre König von Frankreich sein soll, ist, und sein wird.«

      »Und wer ist dieser Gebieter, meine Liebe?« fragte Herr von Beaudricourt lächelnd. ,

      »Der König des Himmels,« antwortete Johanna.

      »Und was wird geschehen, wenn Ihr bei dem Dauphin sein werdet?«

      »dass der Dauphin mir Reisige geben wird; dass ich die Belagerung von Orleans aufheben, und nach ihrer Aufhebung ihn zur Salbung nach Rheims führen werde.«

      Die beiden Rittet schauten sich an, und brachen in ein lautes Gelächter aus.

      »Zweifelt nicht,« sprach Johanna mit der ihr eigentümlichen ernsten und ruhigen Miene, »denn, meiner Treue, ich sage Euch die genaue Wahrheit.«

      »Aber es ist nicht das erste mal, dass ich Euch sehe, dünkt mir,« bemerkte Herr von Beaudricourt, Johanna anschauend.

      »Ich bin's,« entgegnete das junge Mädchen, »die Euch am Dreikönigstage den Tod des Grafen von Salisbury verkündete, den dieser edle Ritter,« fügte sie bei, zu Johann von Novelompont sich wendend, »Euch so eben bestätigt hat.«

      Der Ritter bebte, denn er war in der Nacht angekommen, und hatte mit Niemanden von der Nachricht gesprochen, die er brachte; selbst der Capitain wurde in seinem Zweifel erschüttert.

      »Aber,« sagte er zu dem jungen Mädchen, »wenn Du früher, als irgend Jemand, den Tod des edlen Grafen wusstest, so musst Du auch wissen, auf welche Art er starb?«

      »Ja, ohne Zweifel,« antwortete Johanna; »er stand bei einem Fenster in einem Türmchen, von wo aus er die gute und treue Stadt Orleans betrachtete, als der Herr, welcher die Menschen nach ihrem Verdienste kennt, behandelt und belohnt, zugab, dass er von einem Steinsplitter getroffen wurde, der ihm das Auge ausstach, und woran er zwei Tage nachher verschied.«

      Die beiden Ritter schauten sich erstaunt an, denn alle diese Einzelheiten waren höchst genau. Da jedoch diese Offenbarungen eben sowohl aus der Hölle, als vom Himmel kommen konnten, so entließ Herr von Beaudricourt, um Zeit zur Überlegung zu erhalten, Johanna, ohne ihr etwas zu versprechen.

      Johanna kehrte zum Wagner zurück, ohne noch von dem kalten Empfange, den sie gefunden, allzu sehr abgeschreckt zu sein, denn ihre Stimmen hatten ihr gesagt, dass man einige Zeit an ihr zweifeln, zuletzt aber Gott die Gabe der Überredung ihr verleihen würde. Dort hielt sie sich auf, so wenig Platz als möglich bei diesen guten Leuten einnehmend, um sie nicht zu beengen, brachte ihre Tage in der Kirche zu, beichtete unablässig, fastete und kommunizierte, und hörte nicht auf, zu wiederholen, dass man sie zu dem edlen Dauphin führen müsse, und dass sie, daselbst angekommen, nach Aufhebung der Belagerung von Orleans, ihn zur Salbung nach Rheims führen würde; sie war so jung, sie war so schön, so sanfte und so züchtige Worte stoßen von ihren Lippen, dass das arme Volk, immer zur Hoffnung geneigter, als es die Großen sind, weil man, je unglücklicher, desto gläubiger ist, sie mit ihren Gebeten geleitete, und sagte, dass sie wirklich eine fromme Frauenperson sei, und dass, wenn man sie Verstöße, die Missgeschicke, welche Frankreich bedrohten, zugleich auf jene fallen würden, die sie Verstoßen hätten.

      Dieser allgemeine Einklang von Lobeserhebungen gelang zur Kunde des Herrn von Beaudricourt, der, selbst schon von dem Vorgefallenen ergriffen, den Pfarrer von Vaucouleurs besuchte, und ihm Alles erzählte, was er wusste. Der Pfarrer sann einen Augenblick nach, und sagte dann zu ihm, die Besorgnisse des Capitains hinsichtlich der Zauberei teilend, dass es nur ein Mittel gebe, sich zu überzeugen, ob ihr die Wahrsagerkunst von Gott oder vom Satan verliehen, und dass dieses Mittel die Teufelsbeschwörung sei. Herr von Beaudricourt nahm den Vorschlag an; der Pfarrer bekleidete sich wieder mit seiner Stole, nahm ein Kruzifix, und Beide machten sich auf den Weg nach dem Hause, worin Johanna wohnte.

      Sie fanden Johanna im Gebete; der Pfarrer und der Capitain traten in ihr Zimmer, und öffneten die Tür, damit Jeder sehen konnte, Was geschehen würde; Johanna blieb im Gebete, wie man sie traf, und nun reichte ihr der Pfarrer das Kruzifix, und beschwor sie, im Falle sie böse wäre, sich von ihnen wegzuheben; aber im Gegenteil, Johanna rutschte auf ihren Knien zum Priester hin, küsste die beiden Enden der Stole, und die Wunden der Seite, der Hände und Füße Christi, Alles mit so viel Glauben und Inbrunst, dass der Pfarrer erklärte, sie könnte verrückt sein, sei aber sicher nicht besessen.

      Herr Robert von Beaudricourt entfernte sich also, hinsichtlich des Punktes der Zauberei beruhigt; aber diese Zuversicht genügte nicht, ihn zu bestimmen, zu tun, was Johanna verlangte. Sie war freilich nicht besessen, konnte aber, wie der Pfarrer sagte, verrückt sein, und was würde man zudem von einem Krieger sagen, welcher Lanze und Schwert trug, und seinem Könige eine Frauenperson sendete, um ihn zu verteidigen? Johanna hatte sohin den Zweifel besiegt, aber es blieb ihr noch die Bekämpfung des Hochmutes übrig.

      Am folgenden Morgen dieses Tages, als der Ruf ihrer Frömmigkeit von der Stadt Vaucouleurs bis zu den umliegenden Dörfern sich verbreitete, ließ René von Anjou, Herzog von Bar, der seit langer Zeit krank war, und den die Ärzte nicht heilen konnten, sie holen, um sie wegen seines Übels um Rat zu fragen. Johanna beeilte sich, zu ihm sich zu begeben, wie sie es bei jedem Leidenden tat, der sie rief, aber vor ihm erschienen erklärte sie ihm dass sie von Gott nur einen einzige Auftrag erhalten habe, nämlich die Belagerung von Orleans aufzuheben, und Karl VII. zur Salbung nach Rheims zu führen. Übrigens sagte sie zu ihm, er möge guten Mut fassen, und seinen Untertanen nicht mehr das Ärgernis geben, mit seiner Gemahlin in Feindschaft zu leben, wie er es tat; dann anempfahl sie ihm die Furcht Gottes, und verabschiedete sich von ihm mit dem Versprechen, für seine Heilung zu beten. Der Herzog schenkte ihr vier Francs, die sie, von ihm weggehend, unter die Atmen

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