Familie Dr. Norden 733 – Arztroman. Patricia Vandenberg
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»Hübsche Aufnahmen!« Wohlwollend blätterte Miriam Wolters von der Agentur Wolters & Partner die Fotografien durch, die vor ihr lagen.
Ein Hoffnungsschimmer glomm in Rominas Augen auf.
»Natürliche Ausstrahlung, hübsche Figur, sehr mädchenhaft.« Miriam Wolters klappte die Mappe zu und musterte die Achtzehnjährige mitleidig, die vor ihr nervös auf dem Stuhl saß. »Aber leider nicht das, wonach wir momentan suchen. Im Augenblick haben wir nur Anfragen für knabenhafte Typen. Scheint der Trend fürs nächste Jahr zu sein. Tut mir leid.« Freundlich aber bestimmt schob sie die Mappe über den Tisch.
Ernüchternd griff Romina danach und seufzte. »Immer wieder bekomme ich das gleiche zu hören«, erklärte sie deprimiert. »Dabei hat mir der Fotograf, bei dem ich die Aufnahmen gemacht habe, wirklich große Hoffnungen gemacht. Er hat meine Professionalität und die Natürlichkeit gelobt, mit der ich mich vor der Kamera bewege.«
»Mag schon sein, Kind. Aber ich sagte doch schon, im Moment bist du einfach der falsche Typ.« Eine Spur Ungeduld schwang in Miriam Wolters’ Stimme, Romy bemerkte es und erhob sich schnell.
»Da kann man wohl nichts machen.« Ein Schatten fiel über ihr hübsches Gesicht. Ohne es zu wollen, bekam Miriam Mitleid mit dem zierlichen Mädchen, das sie, wäre die Nachfrage eine andere gewesen, sofort unter Vertrag genommen hätte.
»Paß mal auf, Mädchen.« Sie erhob sich und kam um den Tisch herum, bis sie Romina Gnade Auge in Auge gegenüberstand. Tapfer hielt sie ihrem Blick stand. »Ich kann dich in meine Kartei aufnehmen. Wer weiß, manchmal hat ein Designer entgegen aller Trends eigene Vorstellungen von dem Model, das seine Kollektion präsentieren soll. Wenn sich wider Erwarten was ergeben sollte, hörst du von mir. Aber mach dir keine zu große Hoffnung«, schränkte sie sofort ein, als sie das Leuchten in Romys Augen bemerkte.
»Natürlich nicht. Aber immerhin ist das ein Anfang. Die anderen Agenturen haben mich rundweg abgelehnt«, entfuhr es Romina spontan. Erschrocken schlug sie sich mit der Hand auf den Mund, doch Miriam lachte nur über soviel Spontanität.
»Man sieht, daß du noch jung und unverdorben bist. Bewahre dir deine Natürlichkeit.« Sie warf einen Blick auf die Uhr. »Und jetzt muß ich zum Casting. Geh nur rüber zu Nancy, die nimmt deine Daten auf und scannt deine Fotos ein. Mit etwas Glück sehen wir uns wieder.«
Ein warmer Händedruck, und schon eilte Miriam Wolters aus dem Zimmer. Sie war beständig unter Zeitdruck, jagte von einem Termin zum anderen, castete junge Mädchen, die von einer Modelkarriere träumten und zerstörte andererseits ebenso viele Hoffnungen mit nur einem Satz. Romina ahnte in diesem Augenblick nicht, wie groß der Eindruck gewesen war, den sie in ihrer Natürlichkeit auf Miriam Wolters gemacht hatte und wie glücklich sie sich schätzen konnte, überhaupt in die Kartei aufgenommen zu werden.
Es war bereits dunkel, als sich Romina Gnade endlich auf den Nachhauseweg machen konnte. Mit klopfendem Herzen schwang sie sich auf ihr klappriges Herrenfahrrad, zog die Ärmel ihres Pullovers über die Hände, denn um diese Jahreszeit begann es am Abend empfindlich kalt zu werden, und trat in die Pedale. Schon bald glühte ihr Gesicht vor Anstrengung. Was mochte ihr Adoptivvater Julius, von Romy liebevoll Papsi genannt, zu der erneuten Verspätung sagen? Ihr Puls raste nicht nur vor Anstrengung, als sie endlich vor der beeindruckenden Villa vom Fahrrad stieg und einen ängstlichen Blick hinauf warf. Die meisten der dunkel gestrichenen Holzfensterläden waren noch geöffnet. Das war ungewöhnlich. Normalerweise war ihre Adoptivmutter Erika sehr darauf bedacht, alle Fenster ordentlich zu schließen. Nur im Erker, auf der rechten Seite des verschachtelten Hauses, waren sie tatsächlich geschlossen. Durch die Ritzen fielen Lichtstrahlen auf den grob gepflasterten Weg.
»Papsi, du bist schon zu Hause?« Rominas Atem ging inzwischen ruhiger, als sie die Tür zum Erkerzimmer öffnete, die leise in den Angeln quietschte.
»Romy, Kind, wo kommst du denn um diese Zeit her?« Die helle Aufregung stand Julius ins Gesicht geschrieben, als er seine Tochter begrüßte. »Ich habe mir schon große Sorgen gemacht.«
»Aber Papsi, darf ich dich daran erinnern, daß ich inzwischen erwachsen bin?«
»Und darf ich dir meinerseits ins Gedächtnis rufen, daß meine Sorge um dich nicht mit dem achtzehnten Geburtstag endet?« konterte er aufgebracht. »Wo treibst du dich um diese Uhrzeit herum? Der Nachmittagsunterricht ist doch bestimmt seit Stunden vorbei.«
»Ich war bei Benedikt, Hausaufgaben machen«, redete sich Romy verlegen heraus und vermied es, ihrem Ziehvater ins Gesicht zu sehen. Die Lüge brannte wie ein Mal auf ihren erhitzten Wangen. Unter gar keinen Umständen durfte ihr Papsi von ihren heimlichen Modelplänen erfahren. Doch Julius schien mit den Gedanken ohnehin schon ganz woanders zu sein.
»Na schön«, antwortete er zerstreut. »Das nächste Mal rufst du mich bitte an, wenn du am Abend noch was vorhast. Im übrigen hatte ich gehofft, du wüßtest etwas von
Erika.«
»Mutter ist noch nicht zu Hause?« Überrascht blickte Romina auf. Das sah ihrer Adoptivmutter gar nicht ähnlich, die ihre Tage gewöhnlich damit verbrachte, das große Anwesen in Ordnung zu halten. »Vielleicht ist sie ja beim Einkaufen.«
»Um diese Zeit? Mach dich nicht lächerlich, Romina.« Julius schien ehrlich besorgt zu sein. Der strenge Tonfall verriet seine angespannte Stimmung. »Ich weiß ja, daß du deine Ziehmutter nicht besonders gut leiden kannst, aber du könntest dir zumindest ein bißchen Mühe geben. Wo könnte sie nur sein?«
»Wirklich, Papsi, ich habe keine Ahnung. Heute morgen war sie noch da, wie immer. Sie trug ihren Hauskittel und hatte ein Kopftuch um die Haare gebunden. Alles war ganz normal. Aber vielleicht hat sie endlich eingesehen, wie langweilig ihr Leben ist und gönnt sich einen ausgiebigen Besuch beim Friseur oder bei der Kosmetikerin.«
»Erika? Das kann ich nicht glauben.« Unwillig schüttelte Julius den Kopf, während er an seine Ehefrau dachte. Seit vielen Jahren waren sie nun schon ein Paar. Zuerst ein attraktives, unterhaltsames Paar, das viele Freundschaften pflegte und häufig zu Empfängen aller Art gebeten wurde. Doch in dem Maß, in dem Julius an seiner Karriere als Anwalt gefeilt hatte, war Erika zunächst in der Versorgung der Adoptivtochter Romina aufgegangen. Mit den Jahren hatte sich jedoch herausgestellt, daß die beiden keinen Draht zueinander fanden.
Erika empfand die Kleine als Eindringling in ihre ordentliche Welt, und mit der Zeit wurde klar, daß die Vorstellungen der beiden vom Leben einfach zu unterschiedlich waren. Immer mehr widmete sich Erika daher der Pflege ihres imposanten Hauses und dem großen Garten. Die Einladungen wurden seltener und blieben schließlich ganz aus. Wer wollte schon eine nachlässig gekleidete, schlecht frisierte Hausfrau seinen Gast nennen, deren einziges Thema das richtige Schneiden von Sträuchern und die neuesten Marken an Möbelpolitur waren?
Während Julius seinen wenig erfreulichen Gedanken nachhing, beobachtete Romina ihren geliebten Papsi eingehend.
»Mutter und du, ihr führt schon lange keine gute Ehe mehr, hm?« riß sie ihn schließlich aus seinen Gedanken.
Unwillkürlich zuckte er zusammen und haderte einen Augenblick mit sich.
»Warum soll ich dich belügen?« seufzte Julius schließlich. »Erika und ich, wir haben uns schon seit Jahren nichts mehr zu sagen. Im Grunde genommen weiß ich gar nichts von ihr. Manchmal kommt es mir so vor, als lebte ich mit einer Fremden unter einem Dach.«
»Warum hast du nie versucht, daran etwas zu ändern?«
»Tja, warum nur? Die Arbeit, meine Karriere als Anwalt. Schließlich muß das alles hier unterhalten werden.« Er machte eine ausladende Bewegung mit beiden