Sophienlust Classic 50 – Familienroman. Patricia Vandenberg
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»Ich werde sie bestimmt besuchen«, versprach Denise. »Michael, Angelika und Vicky Langenbach sind mir besonders ans Herz gewachsen, wie Sie wissen. Dass Michael jetzt schon mit unserem Sascha in Heidelberg studiert, ging viel zu schnell.«
Gemeinsam betraten die beiden Frauen das Haus und gingen in Rennerts Büro, wo einige Abrechnungen zur Unterschrift für Denise bereitlagen. Danach sollte Denise den Küchenzettel für die nächste Woche prüfen, den Magda, die Köchin von Sophienlust, zusammengestellt hatte. Noch nie hatte Denise an Magdas Vorschlägen etwas zu ändern gehabt. Aber Magda wäre untröstlich gewesen, wenn sie den Zettel ohne die ausdrückliche Billigung der Herrin von Sophienlust in der großen Küche hätte anhängen müssen.
Erst ganz zuletzt, nachdem sie noch eine halbe Stunde bei Vicky Langenbach gesessen und sich mit dem aufgeweckten Mädchen unterhalten hatte, suchte Denise Schwester Gretli auf, die für die Kleinsten in Sophienlust verantwortlich war. Sie fand die Schwester sowie die dreijährige Bettina Sattler und andere Kinder im Spielzimmer.
Bettina war ein hübsches Kind, pausbäckig und kerngesund. Da sie sich nun schon fast zwei Monate in Sophienlust befand, hatte sie ihre Eltern fast vergessen. Unter den anderen Kindern und bei der liebevollen Pflege, die Schwester Gretli ihr angedeihen ließ, fühlte sich die Kleine restlos glücklich und entbehrte nichts. Von der gefährlichen Erkrankung der Mutter und den schweren Sorgen, die der Vater sich um die geliebte Frau machte, ahnte sie nichts. Bettina lebte fröhlich in den sonnigen Tag hinein.
*
Angela Sattler lag in einem schönen Einzelzimmer der Züricher Privatklinik. Sie hatte sich inzwischen daran gewöhnt, dass Denise von Schoenecker für alle Kosten aufkam und ihre kleine Bettina in Sophienlust unentgeltlich eine vorläufige Zuflucht gefunden hatte. Angela war zu schwach, um bedrückt zu sein. Sie fühlte nichts als tiefe Dankbarkeit gegenüber Denise von Schoenecker, die ihr und ihrer Familie in der Stunde bitterster Not beigestanden hatte.
Eben war die Visite vorüber. Es war jeden Tag das gleiche, die Ärzte und Schwestern kamen zu ihr, der Chefarzt stellte ein paar freundliche und scheinbar belanglose Fragen. Dann nickte man ihr zu und ließ sie wieder allein. Angela hatte längst gelernt, aus den Mienen und Augen der Ärzte einiges abzulesen. Was sie dabei erfuhr, war nicht gerade tröstlich. Angela wusste, sie fanden keinen anderen Ausweg als den der Operation, deren Erfolg jedoch fraglich blieb.
Manchmal fragte sich Angela Sattler, ob sie mit ihren fünfundzwanzig Jahren denn wirklich schon sterben müsse. Klaus und Bettina allein zurücklassen – nein! Alles in ihr wehrte sich gegen diese Vorstellung. Sie liebte ihren Mann und ihr süßes kleines Mädchen. Sie wollte den beruflichen Erfolg ihres Mannes miterleben, an den sie fest glaubte. Außerdem hatte sie keinen sehnlicheren Wunsch, als Bettina zu einem hübschen Mädchen heranwachsen zu sehen, ihr den Weg ins Leben soweit wie möglich zu ebnen und ihr jeden Tag mütterliche Liebe zu schenken.
Manchmal empfand Angela die Trennung von ihrem Kind fast schwerer als die von ihrem Mann. Mit Klaus konnte sie Briefe wechseln oder telefonieren, sodass eine ständige Bindung und Verbindung bestand, während Bettina die Mutter vielleicht kaum noch wiedererkennen würde, wenn sie plötzlich vor ihr stehen würde.
Eine Träne rann der kranken Frau über die schmale Wange. Ein stummes Gebet wurde zum tausendstenmal zum Himmel gesandt, dass ein Wunder geschehen und sie gesund werden möge.
Angela Sattler wusste nicht, dass um diese Stunde Klaus bereits in seinem Wagen saß und die Fahrt in den Süden angetreten hatte. Ihr Mann wollte sie überraschen – nicht nur mit seinem unangemeldeten Besuch, sondern auch mit der wunderbaren Mitteilung über die beiden großen Aufträge, die ihm erteilt worden waren.
Gegen Mittag brachte eine Schwester der Patientin einen Brief von Denise von Schoenecker, die regelmäßig über Bettinas Ergehen berichtete. Diesmal hatte Denise ihrem Brief sogar eine kleine Fotografie des Kindes beigelegt, die Nick auf ihren Wunsch hin geschossen hatte. Wie Bettina sich verändert hatte! Sie schien gewachsen zu sein. Auch das Kleidchen, das sie auf dem Bild trug, kannte Angela nicht. Für alles, alles sorgte im Augenblick Denise von Schoenecker. Das war tröstlich und bitter zugleich für die Kranke.
Das Foto war vor genau einer Woche aufgenommen worden. Nick hatte das Datum sorgsam auf der Rückseite vermerkt.
Angela nahm sich vor, Denise in einem kurzen Brief zu danken und einige Zeilen für Nick beizufügen, damit er erfuhr, wie sehr sie sich über die Aufnahme ihres Töchterchens freute.
Als das Essen gebracht wurde, musste die Schwester das Bildchen selbstverständlich gebührend bewundern.
»Nun sollten Sie wenigstens heute ein paar Löffel voll versuchen, Frau Sattler«, ermunterte die Pflegerin die Kranke im schönsten Schwyzerdütsch.
Angela schüttelte mutlos den Kopf. Sie konnte kaum noch etwas zu sich nehmen, obwohl ihr Verstand ihr sagte, dass sie auf diese Weise immer mehr von Kräften kam. Es war ein Teufelskreis, und niemand wusste, ob die Operation die Rettung sein würde.
Nach Tisch zog die Schwester wie immer die Vorhänge vor, damit die Patientin ruhen konnte. Doch Angela konnte nicht schlafen. Sie war plötzlich von einer ihr selbst unbegreiflichen Unruhe erfüllt. Es wunderte sie kaum, dass der Chefarzt gegen drei Uhr nach kurzem Anklopfen ihr Zimmer betrat und sich zu einer ausführlichen Besprechung an ihr Bett setzte.
»Sie wollen mir mitteilen, dass Sie operieren müssen, nicht wahr?«, fragte Angela tonlos.
»Ja, Frau Sattler. Wir haben Ihre Befunde eingehend geprüft. Ohne Operation kommen wir nicht weiter. Das steht fest. Wir möchten aber auch nicht warten, bis Ihr Allgemeinzustand sozusagen auf dem Nullpunkt angelangt ist. Wären Sie mit Montag einverstanden?«
»Ja«, flüsterte Angela. »Ich wünschte nur, Sie könnten mir versprechen, dass ich danach gesund werde.«
»Wir hoffen es, Frau Sattler. Sonst würden wir die Operation nicht vornehmen. Das sollten Sie wissen.«
»Natürlich, Doktor. Ich vertraue Ihnen. Sie sind immer vollkommen aufrichtig zu mir gewesen. Deshalb weiß ich auch, dass die Operation möglicherweise vergeblich sein wird.«
»Im Grunde ist das bei jeder Operation der Fall, Frau Sattler. Wer nicht wagt, gewinnt nicht. Wir wollen nicht länger zögern. Wenn Sie also derselben Meinung sind wie wir …?«
»Ich muss mich auf Sie verlassen, Doktor.«
»Nicht auch ein wenig auf den, der unsere Geschicke lenkt und über uns allen steht?«, fragte der Arzt voller Ernst.
»Doch, auch auf Gott vertraue ich«, gab Angela ruhig zurück. »Er wird meinem kleinen Mädchen die Mutter nicht nehmen. Sie ist doch noch so klein. Sehen Sie nur …« Sie reichte ihm das Foto, das der Arzt gerührt betrachtete. Er war selbst glücklich verheiratet und hatte drei Kinder. Deshalb verstand er, was im Herzen der jungen Frau vor sich ging. Worte wären da sinnlos gewesen. So drückte er nur ihre schmal gewordene Hand und sah ihr ruhig ins Gesicht, bevor er wieder ging.
Montag, dachte Angela. Heute ist Freitag. Noch das Wochenende. Ich werde an Klaus schreiben. Vielleicht ist es besser, wenn er erst erfährt, nachdem es vorüber ist. Er hat bestimmt viel zu tun. Damit, dass er sich entsetzlich um mich sorgt, ist mir nicht geholfen. Vielleicht würde er den ganzen Montag über nichts Rechtes tun können. Ja, es ist richtiger, wenn ich es ihm schreibe. Den Brief wird er dann am Dienstag bekommen, wenn das Schlimmste vorüber ist. Natürlich ist es denkbar, dass er mich noch anruft vorher. Aber ich werde auf der Hut sein und nichts sagen.
Auf