Im Sonnenwinkel Classic 45 – Familienroman. Patricia Vandenberg

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Im Sonnenwinkel Classic 45 – Familienroman - Patricia Vandenberg Im Sonnenwinkel Classic

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Eigentlich passte sie nicht in ein solches Milieu.

      Unwillkürlich tat er jetzt das, was er bei manchem anderen Mädchen auch schon getan hatte, wenn der Abschied nahte. Er griff in seine Brieftasche und nahm ein Bündel Hunderteuroscheine heraus.

      »Kauf dir noch etwas Schönes, Kleines«, meinte er gönnerhaft, sie an sich ziehend.

      Entsetzt sah sie ihn an. Dann stemmte sie ihre Hände gegen seine Brust.

      »Ich brauche kein Geld!«, stieß sie hervor. »Überlegst du dir eigentlich …« Sie konnte nicht weitersprechen. Ihre Stimme erstickte in Tränen.

      »Ev, sei doch nicht albern!«, rief Claudius, aber sie war schon aus dem Wagen gestiegen. Ihr Gesicht war bleich.

      »Adieu, Claudius«, sagte sie leise.

      Er war, verwirrt und bestürzt, ebenfalls ausgestiegen. Unbehagen erfasste ihn. Es war ein ganz merkwürdiges Gefühl, das ihm bisher unbekannt gewesen war.

      »Dein Koffer, Ev«, bemerkte er stockend. »Musst du wirklich nicht weit gehen?«

      »Nein.«

      Er wollte nach ihren Händen greifen, aber sie wich noch weiter zurück.

      »Ich dachte nicht, dass ich ein Objekt für dich bin, Claudius«, erklärte sie bebend. »Das hättest du nicht tun dürfen.«

      »Rede doch keinen Unsinn, Ev! Ich verstehe dich nicht.«

      »Nein, du verstehst mich nicht.« Und dann eilte sie auch schon davon.

      Sekundenlang stand er da, bewegt von dem unguten Gefühl, dass er etwas sehr Schönes, dessen er sich gar nicht so recht bewusst geworden war, zerstört hatte. Aber Niederlagen konnte Claudius Röttgen nur schwer hinnehmen.

      Vielleicht ist es gut so, redete er sich ein, als er weiterfuhr.

      Vielleicht ist es gut so, dachte auch Eva, als sie vor der Wohnungstür ihrer Eltern stand und nun einigermaßen die Fassung wiedererlangt hatte. Ich habe etwas in ihn hineingelegt, was nicht vorhanden ist. Ich war für ihn nur ein Abenteuer wie viele andere. Ich wollte ja die Ohren vor all den Warnungen verschließen.

      *

      Claudius Röttgen erreichte am späten Nachmittag die prachtvolle Villa, die den Röttgens bereits in der dritten Generation gehörte. Innen war sie modernisiert worden, aber der herrliche Bau, einst der Landsitz eines Fürsten, war nicht verunstaltet worden.

      Ludwig Röttgen liebte die Fassade mit den Stuckverzierungen, er liebte die hohen, weitläufigen Räume, den Blick aus den Fenstern seines Arbeitszimmers über den herrlichen Park.

      Er leitete seit einigen Wochen sein Unternehmen von diesem Zimmer aus. Es war ihm zu anstrengend geworden, Tag für Tag in die Fabrik zu fahren. Hier war Stille um ihn. Er hatte auch den Wagen nicht kommen hören.

      Der Butler unterdrückte einen erstaunten Ausruf, als Claudius in der Halle erschien.

      »Ich bin es, Julius«, sagte Claudius, »kein Geist.« Julius machte eine kleine steife Verbeugung. Vor Überraschung konnte er noch immer nichts sagen.

      »Ist mein Vater zu Hause?«, fragte Claudius.

      »Herr Röttgen hat seit drei Wochen das Haus nicht verlassen«, erklärte Julius. »Sie wollten doch erst Ende der Woche zurückkommen.«

      »Wollte ich, aber ich habe es mir anders überlegt. Bei meinem letzten Besuch schien mir Vater nicht ganz auf dem Posten zu sein. Wie geht es ihm?«

      Julius zuckte die Schultern.

      »Er klagt nicht«, erwiderte er.

      »Ist er in seinem Arbeitszimmer?«

      Julius nickte. »Wie immer.«

      Claudius verschwand erst in seinen Räumen, duschte und kleidete sich um. Dann suchte er seinen Vater auf.

      Ludwig Röttgen saß an seinem Schreibtisch. Nichts in seiner Miene verriet, dass er von Julius bereits über die Ankunft seines Sohnes informiert worden war.

      »Du überraschst mich«, erklärte er ruhig. »Was verschafft mir diesen unerwarteten Besuch?«

      »Vielleicht nostalgische Gründe«, entgegnete Claudius und ließ sich in einem Sessel nieder.

      »Ein Wort, das einem lästig werden kann«, bemerkte Ludwig Röttgen. »Es wird zu viel im Munde geführt, und leider auch dann, wenn es nicht angebracht ist.«

      Wie das Wort »Liebe«, ging es Claudius durch den Sinn. Unwillkürlich musste er wieder an Eva denken.

      Er zuckte zusammen, als sein Vater sagte: »Felix Münster rief mich heute Vormittag an. Du warst also tatsächlich dort.«

      Claudius fühlte sich unsicher. Ob Felix Münster auch über seine Begleiterin gesprochen hatte?

      »Natürlich war ich dort. So war es doch verabredet, Papa. Sandra Münster ist übrigens eine bezaubernde Frau.«

      Er hoffte, mit dieser Äußerung seinem Vater das Eingeständnis zu entlocken, dass er von Eva wusste. Aber der Ältere lächelte ironisch.

      »Es sind immer nur die Frauen, die dich interessieren, Claudius«, bemerkte er.

      »Übertreib nicht, Papa. Ich habe mich lange mit Felix Münster unterhalten. Ein kluger, weitsichtiger Unternehmer.«

      »Willst du damit sagen, dass ich zurückgeblieben bin?«, fragte Ludwig Röttgen sarkastisch.

      Claudius stieg das Blut in die Stirn.

      »Gewiss nicht, aber manches sollte auch bei uns rationalisiert werden. Ich habe da so einige Ideen.«

      »Dann setze sie in die Tat um. Deinem Arbeitseifer wären keine Grenzen gesetzt.«

      »Es muss alles wohlüberlegt werden«, sagte Claudius.

      »In Nachtlokalen, am Spieltisch oder im Schlafzimmer irgendeiner Frau«, meinte Ludwig Röttgen anzüglich. »Du bist achtundzwanzig Jahre, Claudius. Es wird Zeit, dass du dich daran erinnerst, dass ich vielleicht bald abtreten muss.«

      Nun sah Claudius ihn doch ehrlich erschrocken an.

      »Das höre ich nicht gern, Papa. Du bist sechzig, das ist doch kein Alter.«

      »Ich fühle mich wie achtzig und bin es müde, von allen Seiten zu hören, dass mein Sohn ein Playboy ist.«

      »Hat Felix Münster das gesagt?«, entfuhr es Claudius.

      Forschend betrachtete Ludwig Röttgen seinen Sohn.

      »Er nicht. Er hat gemeint, dass du ein intelligenter Bursche bist, der seine Fähigkeiten zu wenig nutzt. Du hast ihm da einige Ideen eingegeben, die ihm zu gefallen scheinen.«

      »Na, das ist doch wenigstens etwas«, bemerkte Claudius, froh, dass kein Wort über Eva fiel. »Vielleicht können wir uns darüber auch einmal unterhalten, Papa.«

      *

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