SHAMROCK ALLEY - In den Gassen von New York. Ronald Malfi

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SHAMROCK ALLEY - In den Gassen von New York - Ronald  Malfi

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Albino sagte nichts. Aus dieser Nähe konnte John ihn riechen: ein Konglomerat aus Haarfärbemittel, Fluorid und Ammoniak. An seinem Mundwinkel hatte er eine Narbe in der Form eines Kommas, die rosa und nach rohem Fleisch aussah.

      Die aufziehende Anspannung schien Francis Deveneau nichts auszumachen.

      »Wollen wir was trinken? Lasst uns einen Drink bestellen.«

      »Ich muss mich noch um etwas anderes kümmern«, sagte John. »Außerdem, wenn ich mir noch einen Drink mehr genehmige, finde ich mein Auto nie wieder.«

      »Ja, Frank«, hakte Clay ein, »lass es uns einfach über die Bühne bringen. Johnny-Boy scheint heute Abend nicht sehr gesellig zu sein.«

      Deveneau küsste Tressa auf die Wange und führte sie zu einer kleinen Tür neben der Theke. John folgte ihnen, sich stets bewusst, dass der Albino direkt hinter ihm war. Er konnte geradezu spüren, wie der fremde Schatten gegen seinen Rücken drückte.

      Francis Deveneau lachte über einen Spruch des Barkeepers, während er abwesend mit seiner rechten Hand eine Fliege verscheuchte. Tressa wurde in Deveneaus Armbeuge mitbewegt, fing Johns Blick auf und sah schnell zur Seite.

      Jemand schrie. Plötzlich waren die Geräusche von einem Dutzend Warnsignalen zu vernehmen, die alle auf einmal losgingen: heranstürmende Schritte, Schreie, zerberstendes Glas hinter der Bar. Nicht identifizierbare Schatten schwärmten aus, ballten sich zusammen, zerstreuten sich, ballten sich erneut zusammen, zerstreuten sich wieder. Zu gewaltig war der Lärm für John, um abgrenzbare, individuelle Geräusche auszumachen. Überall Fetzen von Wörtern und Befehlen. Aber seine Augen erfassten blitzschnell die Situation im Raum, verarbeiteten die Informationen und sagten ihm, dass etwas schrecklich schiefgelaufen war.

      »Polizei!« Eine Flut blauer Nylonjacken ergoss sich in den Raum, schwärmte an den Wänden entlang aus und tauchte in jede Ecke und jeden Schatten. Ein Tisch wurde umgeworfen. Dann noch einer. Dann eines der fleckigen Sofas. Menschen stoben in alle Richtungen auseinander. »Keine Bewegung! Stehenbleiben! Polizei!« Sie schlugen zu wie ein Schwarm Insekten, unmittelbar und zu einem Körper vereinigt, nur um sich im letzten Augenblick zu zerstreuen und zu verteilen wie gebrochenes Licht.

      »Stehenbleiben, verdammt!«

      »Polizei! Niemand bewegt sich!«

      John prallte gegen die Wand, als hätte ihn eine vorbeifahrende Lokomotive erwischt. Rasch sammelte er die Beine um seinen Körper herum wieder zusammen und rollte sich hinter eine Ecke des Tresens. Sein Kopf schlug gegen die Tür des Geschirrspülers. Grelle, ölige Spiralen explodierten hinter seinen Augenlidern. Beine schwirrten an ihm vorbei, ein Barhocker krachte auf den Boden. Er atmete schwer, plötzlich brannte seine Kehle. Neben ihm ruderte jemand mit den Armen. Es war Jeffrey Clay, dem die Farbe auf einen Schlag aus dem Gesicht gewichen war, mit weit aufgerissenen Augen in der Größe von Hühnereiern. Clay fummelte an einer .38er Pistole herum, jonglierte sie von einer Hand zur anderen, als wären ihr Gewicht und ihre Beschaffenheit etwas Ungewohntes.

      Er winkte Clay zu. »Scheiße«, zischte er durch zusammengebissene Zähne. »Scheiße, Jeffrey!«

      Jeffrey Clay hörte ihn nicht.

      Sie steckten hinter der Theke fest, buchstäblich mit dem Rücken zur Wand. Einer der Polizisten schrie, sie sollten sich hinstellen, aber niemand bewegte sich. Es fühlte sich an, als bebte der Raum wie von dutzendfachem, akustisch verstärktem Herzklopfen. Hektisch suchte John den ihn unmittelbar umgebenden Bereich nach irgendeinem Zeichen von Francis Deveneau ab. Zuerst konnte er keine Spur von ihm entdecken. Dann bemerkte er, wie Deveneau sich rückwärts auf Händen und Knien über den Boden schob, mit verzerrtem Gesicht und blitzenden Augen. Immer weiter kroch er rückwärts auf ein verdunkeltes Zimmer zu. Ihre Augen trafen sich und für einen Augenblick starrten sie sich an.

      Tressa Walker hockte am Rand des Tresens gegen den Türrahmen gelehnt. Ihre blassen, schlanken Arme waren eng um die Knie geschlungen. Sie zitterte heftig. John hatte das Gefühl, beinahe hören zu können, wie ihr Kopf gegen die Wand schlug und die Zähne in ihrem Schädel klapperten…

      »Aufstehen!«, schrie einer der Polizisten. Viel zu nah war die Stimme. John spürte ihre Präsenz überall um sich herum, dicht und schwer wie feuchtwarme Luft. Die Wände vibrierten. »Aufstehen, aber ganz langsam

      John schob sich an der Wand entlang, bis er Clay neben sich hatte. Auch Clay zitterte. Mit der flachen Hand schob er Clays Pistole beiseite. »Ganz ruhig«, flüsterte er. »Beruhige dich. Du wirst dir noch in deinen gottverdammten Fuß schießen. Gib mir die Waffe.«

      Clay reagierte nicht.

      »Jeffrey …« Mit seinen Fingern umschloss er den Griff von Clays Pistole und schob seinen Zeigefinger hinter den Abzug. »Gib sie mir …«

      Clay erwachte aus seiner Erstarrung und riss die Waffe weg. Er keuchte schwer, mit schnellen, schnappenden Atemzügen.

      »Das ist Bullshit.« Die Stimme klang seltsam ruhig. John drehte sich um und sah den Albino hinter dem Tresen auf dem Boden kriechen.

      »Was für eine Scheiße.« Der Albino schob sich vor Francis Deveneau, wobei sein Knie gegen eine Flasche Whiskey stieß und sie taumelnd über den Boden schickte. Neben John hockte Clay, lehnte den Kopf an die Wand und schloss angestrengt die Augen.

      »Wir sind bewaffnet!«, schrie Clay mit brechender Stimme.

      »Die Waffen weg und aufstehen!«, antwortete einer der Polizisten.

      Clay schüttelte den Kopf, die Augen noch immer geschlossen. Er kaute an seiner Unterlippe.

      Dann öffnete er die Augen. »Keiner bewegt sich!«, schrie er, dieses Mal mit kräftigerer Stimme. »Keiner von euch Scheißkerlen bewegt sich! Jeder bleibt, wo er ist!«

      Das Gesicht des Albinos war unmittelbar vor dem Deveneaus. Er war wütend. Eine lilafarbene Vene pochte an seiner Schläfe. An seinem Hals standen die Adern hervor, dick wie Aufzugskabel. Eine weiße Hand schoss vor und packte Deveneau am Kragen, schüttelte ihn und schlug dabei seinen Kopf gegen die Wand.

      »Siehst du das? Diese verdammte Sauerei?« Nach einem letzten heftigen Schlenker ließ er Deveneau los. Deveneaus Kopf prallte erneute gegen die Wand.

      »Was habe ich dir gesagt? Was habe ich von Anfang an gesagt? Was …«

      Wieder schoss seine Hand hervor. Diesmal packte sie Tressa an den Haaren und riss sie zu Boden. »Siehst du das? Siehst du das hier?«

      Von der anderen Seite der Bar näherten sich noch mehr leise Schritte. In einem jetzt wieder ängstlich klingenden Wutausbruch schrie Jeffrey Clay die Polizisten an, stehen zu bleiben, einfach stehen zu bleiben, verdammt noch mal stehen zu bleiben, verstanden sie kein Englisch?

      Der Albino riss noch einmal an Tressas Haaren, das Mädchen kreischte. John hörte Clay unterdrückt fluchen. Der Albino zerrte das Mädchen vor seine Brust und wickelte einen blassen Arm um ihren Hals. Tressa wimmerte.

      »Ich bin auf Bewährung, verdammt!«, fauchte er Deveneau an. »Dauernd schleppst du diese Nutte mit dir herum und weißt nicht, wem sie was erzählt, wo sie ihren verdammten Mund aufmacht! Und jetzt das?« Er schlug mit der Faust in Deveneaus Gesicht. »Was habe ich dir von ihr erzählt? Was habe ich gesagt? Du Arschloch, das alles war sonnenklar! Habe ich dir nicht gesagt, dass sie mit den Bullen gesprochen hat? Habe ich dir nicht gesagt, dass sie Abschaum ist, sie war gottverdammt noch mal …«

      In

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