Solo für Schneidermann. Joshua Cohen

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Solo für Schneidermann - Joshua  Cohen

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als vermisst gemeldet, trotz des mannigfaltigen Drängens und dringenden Anratens meiner Anwälte und ihrer Anwälte, die sie in solchen Was-ist-wenn-Fällen konsultieren, bei Ich-habe-einen-Freund-dessen-Freund-Szenarien, wie wir sie alle ersinnen und nach denen wir handeln – ich ging meinen Gattennachfolgern und Exfrauen da draußen zum Trotz, ihrem Bitten, Betteln und Barmen zum Trotz, all dem Musst-du-dich-denn-unbedingt-in-die-Nesseln-setzen? dieser Frauen, denen scheinbar immer noch an mir liegt, aber warum? Man braucht doch keine Gefühle, um meine Schecks einzulösen. Ihr müsst euch nicht mit dem Herzen ausweisen.

      Warum steht ihr immer alle auf der Matte, wenn ich diese Erbsündennummer spiele?

      Steht auf, meine Lieben. Oder lieber nicht. Aber tut mir einen Gefallen – oder erweist ihr mir damit eine Ehre? hört zu, versucht wenigstens zuzuhören. Ich muss euch etwas sagen, euch, die ihr Schneidermann immer nur Ressentiments entgegengebracht habt, euch, die ihr

      meinem Schneidermann immer nur Ressentiments entgegengebracht habt, denn so habt ihr ihn immer genannt und euch standhaft geweigert, ihn zu unserem zu machen, einem von euch,

      aber erst mal hätt ich jetzt gern etwas Wasser – non gassata! Juden hassen Gas! – irgendwer kann doch wohl mal mit einem hohen Tier sprechen, in den Park rausgehen und an einen Fels schlagen oder so, meinetwegen kann er auch mit einem Erinnerungsbecher in den Styx runtersteigen.

      Niemandem sei Dank.

      Ein paar Fragen: Welche von euch hat die Eurydike zu meinem Orpheus gegeben (vorausgesetzt, ich bin einer)? Welche von euch habe ich am ehesten gerettet, oder bei welcher habe ich mein Äußerstes für eine Rettung getan? Aus der Armut, dem Elend, vor ersten Gatten, zweiten und Ladenhütern, vor dem fehlenden US-amerikanischen Bürgerrecht, vor dem Mangel an Talent?

      Also, wer war meine Eurydike?

      Oder Euer-Id-is’-sie, und wehe, ihr mittelmäßigen Massen da draußen, ihr bemitleidet meine geigenförmigen Frauen. Wie ich, als ich sie geheiratet habe. Denn die Schönen oder Reichen verdienen kein Mitleid, und Sie glauben mir nicht? Wenn nicht, dann fahre man doch bitte mal das Saallicht hoch? nein? damit ich sehen kann, wer hier grade alles geht und die Türen hinter sich zuknallt, ja?

      schwups, verschwindet die Hälfte der Blechbläser hinter mir

      und zieht auf dem Weg in die Seitenbühne dicke Speichelspuren hinter sich her,

      kennen Sie die Definition von Optimismus?: ein Tubaspieler mit Visitenkarte; ich hab für meine Visitenkarten übrigens doppelt so viel bezahlt, weil ich einfach nur GENIE hab einstanzen lassen – die verteile ich aus lauter Trotz,

      Herrgott noch mal! die ganzen Oboistinnen sind ja auch weg! die Stimmsirenen, die gerührten Köpfe des Orchesters: der ganze Anblasdruck, ein reiner Verkehrsstau, hat unvermeidliche, vielleicht aber auch gebenedeit beneidenswerte Hirnläsionen zur Folge, wussten Sie das nicht? wie konntet ihr mir das antun, Läsionärinnen? ganze sechs braucht man für das Konzert, das ich hier an mich gerissen habe, das Konzert, das ich jetzt ruiniert habe, das Konzert, an dem ich jetzt gescheitert bin.

      Ich hege den Verdacht, dass meine Frau, welche? dass die alle Oboe spielen: diese Lippen wie Kissen, und die absolut vollkommene Blödigkeit, die vollkommen absolute Blödigkeit von ihnen allen – meine erste Frau hat mich wegen meiner Musik geliebt, die zweite wegen meines Ruhms, die dritte wegen meines Gelds und die vierte auch, die aber auch schon meine erste war, und meine fünfte war nur meine fünfte: Scheidung, Scheidung, Scheidung, Scheidung, Scheidung, und jetzt bin ich bei meiner sechsten,

      nein,

      meiner siebten, oder? genau genommen nicht rechtskräftig, na ja, außer Landes (Kanada, aber ausgesehen hat’s wie in der Schweiz), von der fünften bin ich nur getrennt, obwohl,

      ich sollte endlich die Klappe halten, einen Knebel bestellen, meinen Anwalt konsultieren oder den Anwalt meines Anwalts. Oder meinen Seelenklempner. Aber was will sie eigentlich von mir, Nummer sechs? Der Seelenklempner meines Seelenklempners würde vielleicht sagen, sie will mich aus allen eben genannten Gründen.

      Frau Nr. sechs ist ein Sopran. Und jeder Tenor ist Bass erstaunt, dass sie nie Alt wird. Der ist gut, ne? Und was ist der Unterschied zwischen einem Lamborghini und einem Sopran? Sie würde Ihnen nicht antworten, dass die meisten Musiker noch nie in einem Lamborghini waren, hahaha,

      aber lassen Sie sich von meinem Husten nicht stören! Der hat mich schon seit Jahren, und ja, Doc, ich weiß, ich muss aufhören, in meinem Alter und so weiter, sollte mit dem Rauchen aufhören – hat mal jemand Feuer?

      Nein?

      Ja?

      Danke. Sehr verbunden. Einen herzhaften Applaus bitte für den Mentsch in der Mitte der ersten Reihe, der das Streichholzheft eines Bistros hier um die Ecke hatte, der Laden heißt Giorgione’s, liegt an der Madison, Ecke Paarundfünfzigste, ist von Zagat geprüft worden und hat von Michelin viel zu viele Sterne bekommen, ein gutes, gutes, gutes Lokal – möchte jemand die Telefonnummer? Was hatten Sie?

      Alle mal herhören, Herr – wie heißen Sie?

      Klasse.

      Alle mal herhören, Herr Ari Feingold aus New Haven kann die Lachs-Tortellini wärmstens empfehlen.

      Bitte danken Sie alle Mr. Feingold, klasse – Sie haben da was zwischen den Zähnen, ist das noch der Spinat vom Hors-d’œuvre oder sind das schon die Mohnstreusel vom Dessert?

      war nur ’n Scherz, sonst merkt das ja keiner, genau wie Sie alle zu höflich waren – oder nur zu blöd? –, um zu merken, dass ich bisher, mit Ausnahme eines kleinen Patzers beim mit Verlaub albernen zweiten Einsatz in Takt 18 – so schnell kann man den Bogen nicht wenden –, alles im Alleingang umgesetzt habe: Ja, meine Damen und Irren (Mr. Feingold natürlich ausgenommen), Heiden und nominell eingegliederten Philister aller Altersgruppen, ein Anzug und zwar nur ein einziger Anzug hat unsere ganze erste Hälfte zusammengehalten. Ihr bedeutender Chefdirigent, der Erbe Leonard Bernsteins und Mahlers, Ihr ausländischer Maestro laureate (denn auch heute sind immer mehr Genies Ausländer und müssen es sein), ist heute Abend nämlich in seinem Penthouse – in einem seiner weltweit vier Penthouses, um nicht so genau zu sein – und geht dem oralen wie analen Sex mit minderjährigen Männern nach, Mitgliedern Ihrer Jugendchöre, jawohl, mit Gliedern, und Ihr regelmäßiger, pauschal entlohnter Gastdirigent,

      das weiß ich aus sicherer Quelle: ein Hausmeister hinter den Kulissen namens Jimmy, jedenfalls nenn ich ihn so, hat mir erzählt, und Hausmeister, Wartungstechniker, Abfallentsorgungsspezialisten, keine Ironie oder Anbiederung beim Pöbel, die wissen alles, und Schneidermann, also der war kein Kostverächter (wenn auch nur, weil er seinen Fetisch um alles Hellenische machte: Schneidermann und sein griechendeutsches Ideal, das weniger mit dem Eskapismus der Weimarer Klassik als mit dem Wunschdenken des Judentums zu tun hatte, allerdings darf nicht verschwiegen werden, dass Schneidermann einmal, ein einziges Mal, eine Handfläche mitsamt allen fünf Fingern auf meinen, ich würde mal schätzen siebenjährigen inneren Oberschenkel legte, als wollte er meine unantastbare Hinterbacke halten oder wiegen, aber ich sah sie nur an, sagte ihm, seine fünf Finger hätten alle Tintenflecken, und Schneidermann, er nahm sie weg, seine Hand, und das war’s, Ende der Geschichte, mehr war nicht, Klappe zu, Affe tot),

      Sie verstehen ja, dass es akzeptabel, ja zulässig ist, jetzt zu lachen (aber warmherzig, wenn ich bitten darf),

      es ist ja okay, sich zu freuen, und warum? weil es stimmt, weil alle Homosexuellen im Grunde Optimisten sind, genau wie alle Heterosexuellen im Grunde Pessimisten sind, die Umkehrung des ersten Satzes gilt genauso, da die alles machen würden, na, die

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