Ein Zimmer für sich allein. Virginia Woolf

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Ein Zimmer für sich allein - Virginia Woolf Gatsby

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finden war, sodass man in Lambs Fußstapfen über den Innenhof zu jener berühmten Bibliothek hinübergehen konnte, in der der Schatz aufbewahrt wird. Außerdem, erinnerte ich mich, während ich den Plan in die Tat umsetzte, wird in dieser berühmten Bibliothek auch die Handschrift von Thackerays Esmond aufbewahrt. Esmond, behaupten die Kritiker oft, sei Thackerays vollkommenster Roman. Aber der affektierte Stil, der das achtzehnte Jahrhundert nachahmt, stört, soweit ich mich erinnere, es sei denn, der Stil des achtzehnten Jahrhunderts wäre der Thackeray gemäße – etwas, was sich überprüfen ließe, indem man sich die Handschrift anschaute und nachsähe, ob die Änderungen zugunsten des Stils oder des Sinns gemacht wurden. Dann aber müsste man entscheiden, was Stil und was Sinn heißt, eine Frage, die – aber hier stand ich tatsächlich vor der Tür, die zur Bibliothek führt. Ich muss sie geöffnet haben, denn augenblicklich erschien wie ein Schutzengel, der den Weg mit dem Geflatter eines schwarzen Talars anstelle weißer Flügel verstellte, ein abwehrender, silbriger, freundlicher Herr, der, während er mich mit wedelnder Hand zurückscheuchte, in leisem Ton bedauerte, dass Damen zur Bibliothek nur Zutritt hätten, wenn sie von einem Fellow des Colleges begleitet oder ein Empfehlungsschreiben bei sich haben würden.

      Dass eine berühmte Bibliothek von einer Frau verflucht worden ist, ist einer berühmten Bibliothek völlig gleichgültig. Ehrwürdig und gelassen, alle ihre Schätze sicher in der Brust verschlossen, schläft sie selbstzufrieden und wird, was mich betrifft, für immer so schlafen. Nie werde ich diese Echos wecken, nicht noch einmal um Gastfreundschaft bitten, schwor ich, als ich voller Zorn die Stufen hinabstieg. Bis zum Lunch blieb immer noch eine Stunde, und was sollte man damit anfangen? Über die Wiesen schlendern? Am Fluss sitzen? Gewiss, der Herbstmorgen war herrlich; die Blätter flatterten rot zu Boden, und weder das eine noch das andere verlangte eine besondere Anstrengung. Aber Musik drang nun an mein Ohr. Ein Gottesdienst oder eine Feier fand statt. Die Orgel klagte prächtig, als ich an der Kirchentür vorbeiging. Sogar das Leid der Christenheit klang in dieser friedlichen Luft mehr wie eine Erinnerung an das Leid als wie das Leiden selbst; sogar das Ächzen der uralten Orgel schien in Frieden gehüllt. Ich hatte nicht den Wunsch, hineinzugehen, falls ich das Recht dazu gehabt hätte, und diesmal hätte mich wohl der Küster aufgehalten und vielleicht meinen Taufschein verlangt oder ein Empfehlungsschreiben des Dekans. Aber das Äußere dieser prächtigen Gebäude ist oft so schön wie das Innere. Außerdem war es unterhaltsam genug, zuzuschauen, wie die Gemeinde sich versammelte, hineinging und wieder herauskam, geschäftig vor der Kirchentür herumschwirrte wie Bienen vor dem Eingang zum Bienenstock. Viele trugen Doktorhut und Talar, manche hatten einen Pelzbesatz auf den Schultern, andere wurden im Rollstuhl hineingeschoben, wieder andere, obwohl noch nicht jenseits der mittleren Jahre, wirkten so eigenartig zerknittert und zerknautscht, dass ihre Gestalten an jene riesigen Krabben und Krebse erinnerten, die sich mit Mühe über den Sand eines Aquariums schleppen. Als ich mich an die Mauer lehnte, wirkte die Universität tatsächlich wie ein Refugium, in dem seltene Arten erhalten werden, die bald aussterben würden, wären sie dem Überlebenskampf auf dem Straßenpflaster des Strand[3] ausgesetzt. Alte Geschichten von alten Dekanen und alten Doktoren fielen mir wieder ein, aber bevor ich den Mut aufbrachte zu pfeifen – es hieß, dass beim Klang eines Pfiffs der alte Professor sogleich in einen Galopp fiel –, war die ehrwürdige Gemeinde im Inneren verschwunden. Das Äußere der Kirche blieb. Wie Sie wissen, wirken ihre hohen Kuppeln und Spitztürme wie ein beständig reisendes, nie ankommendes Segelschiff, nachts hell erleuchtet und meilenweit zu sehen, bis weit hinter die Hügel. Vermutlich war dieser Innenhof mit seinen glatten Rasenflächen, wuchtigen Gebäuden und der Kirche selbst einst ebenfalls Sumpfland, in dem die Gräser wogten und die Schweine wühlten. Pferde- und Ochsengespanne, dachte ich, mussten die Steine in Fuhrwerken aus entlegenen Grafschaften herangekarrt haben, und dann wurden die grauen Quader, in deren Schatten ich jetzt stand, in unermüdlicher Arbeit einer ordentlich auf den anderen geschichtet, und dann brachten Maler ihr Glas für die Fenster, und die Maurer waren jahrhundertelang dort oben auf dem Dach mit Kitt und Mörtel beschäftigt, mit Schaufel und Kelle. Bestimmt hatte jemand jeden Samstag Gold und Silber aus einer ledernen Geldbörse in ihre uralten Fäuste geschüttet, denn am Abend hatten sie bei Bier und Kegelspiel vermutlich ihren Spaß. Ein endloser Strom aus Gold und Silber, dachte ich, musste fortwährend in dieses Gebäude geflossen sein, damit die Steine weiterhin kamen und die Maurer weiterhin arbeiteten; ebneten, aushoben, gruben und entwässerten. Aber es war das Zeitalter des Glaubens, und das Geld wurde großzügig ausgeschüttet, um diese Steine auf ein starkes Fundament zu setzen, und als die Steine errichtet waren, floss noch mehr Geld aus den Schatztruhen von Königen und Königinnen und Fürsten hinein, um sicherzustellen, dass Hymnen hier gesungen und Gelehrte unterrichten würden. Ländereien wurden bewilligt; Zehnte wurden bezahlt. Und als das Zeitalter des Glaubens vorbei und das Zeitalter der Vernunft angebrochen war, floss derselbe Strom aus Gold und Silber weiter; Stipendien wurden gestiftet; Professuren eingerichtet; nur dass das Gold und Silber jetzt nicht mehr aus den Schatztruhen des Königs, sondern aus den Kassen von Kaufleuten und Fabrikanten, aus den Geldbörsen von Männern floss, die ein Vermögen etwa als Unternehmer gemacht hatten und in ihren Testamenten einen ordentlichen Anteil davon zurückgaben, um weitere Lehrstühle, weitere Professuren, weitere Stipendien in der Universität einzurichten, an der sie ihr Handwerk gelernt hatten. Daher die Bibliotheken und Labore; die Observatorien; die großartige Ausstattung mit teuren und empfindlichen Instrumenten, die jetzt in Glasregalen stehen, wo vor Jahrhunderten Gräser wogten und Schweine wühlten. Sicher, als ich im Hof umherschlenderte, schien das Fundament aus Gold und Silber stark genug; das Pflaster stabil über den wilden Gräsern zu liegen. Männer mit Tabletts auf dem Kopf gingen geschäftig von einem Treppenhaus zum anderen. Farbenprächtige Blumen blühten in Kästen vor den Fenstern. Die Töne eines Grammophons schallten aus den Zimmern. Es war unmöglich, sich nicht zu überlegen – die Überlegung, welche auch immer, wurde gekappt. Die Uhr schlug. Es war Zeit, sich zum Lunch einzufinden.

      Es ist eine seltsame Sache, wie gut Romanschriftsteller sich darauf verstehen, uns glauben zu lassen, Lunchgesellschaften wären ausnahmslos denkwürdig, weil etwas besonders Geistreiches gesagt wurde oder etwas sehr Weises geschah. Aber selten verlieren sie ein Wort über das, was gegessen wurde. Es gehört zu den Konventionen des Schriftstellers, Suppe, Lachs und Ente nicht zu erwähnen, als wären Suppe, Lachs und Ente nicht von geringster Bedeutung, als hätte niemand je eine Zigarre geraucht oder ein Glas Wein getrunken. Ich nehme mir hier aber die Freiheit, mich über diese Konvention hinwegzusetzen und Ihnen zu erzählen, dass das Mittagessen bei dieser Gelegenheit mit Seezunge in einer tiefen Schüssel begann, über die der College-Koch eine Decke aus weißester Sahne gebreitet hatte, nur hier oder da versehen mit braunen Flecken wie die Flecken auf den Flanken einer Hirschkuh. Danach kamen die Rebhühner, aber wenn Sie dabei an ein paar kahle, braune Vögel auf einer Platte denken, liegen Sie falsch. Die Rebhühner, zahlreich und verschieden, kamen mit ihrem gesamten Gefolge an Soßen und Salaten, den scharfen und den süßen, jede in der entsprechenden Reihenfolge; mit ihren Kartoffeln, dünn wie Münzen, aber nicht so hart; ihrem Rosenkohl, die Blättchen wie Rosenknospen, nur saftiger. Und kaum waren der Braten und sein Gefolge beendet, setzte uns schon der stumme servierende Diener, vielleicht der Pedell höchstpersönlich, nur in sanfterer Erscheinungsform, eine von Servietten umhüllte Nachspeise vor, die wie ein Zuckerberg aus den Wellen ragte. Sie als Pudding zu bezeichnen und so mit Reis und Tapioka in Verbindung zu bringen wäre eine Beleidigung. Unterdessen hatten die Weingläser gelb aufgeleuchtet und rot aufgeleuchtet; waren geleert worden; waren gefüllt worden. Und so wurde nach und nach in der Mitte der Wirbelsäule, dort, wo die Seele wohnt, nicht das harte, kleine elektrische Licht entzündet, das wir als Scharfsinn bezeichnen, wenn es zwischen unseren Lippen auftaucht, sondern das tiefere, subtile und untergründige Glühen der satten gelben Flamme vernünftigen Austauschs. Keine Notwendigkeit zur Eile. Keine Notwendigkeit, zu glänzen. Keine Notwendigkeit, jemand anderes zu sein als man selbst. Wir kommen alle in den Himmel, und van Dyck ist mit von der Partie – mit anderen Worten, wie gut das Leben schien, wie süß seine Belohnungen, wie banal dieser Neid oder jener Groll, wie wunderbar die Freundschaft und Gesellschaft Gleichgesinnter, während man sich eine gute Zigarre anzündete und in die Sitzkissen am Fenster sank.

      Wenn durch einen glücklichen Zufall ein Aschenbecher zur Hand gewesen wäre und man die Asche in Ermangelung dessen nicht aus dem Fenster geschnippt hätte, wenn die Dinge ein wenig anders gewesen wären, als

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