Scheidung kann tödlich sein. Andrea Ross

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Scheidung kann tödlich sein - Andrea Ross

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      Auch da stellte sich mir die wohl berechtigte Frage, weshalb man Attila ständig ohne Weiteres die volle Arbeitsbelastung zumuten konnte, obwohl auch er bereits erhebliche psychische und mittlerweile sogar körperliche Schäden davontrug. Er war nach dortiger Ansicht voll arbeitsfähig, sollte schön brav zahlen und auch noch jeden Cent, den er selbst ausgab, rechtfertigen. Falls der Richter das auch so sah, dann ade, du lieber Rechtsstaat.

      Wie weit es mit Recht und Gesetz, mit Anstand und Ehre in Deutschland schon gekommen war, lebten uns einmal mehr die Politiker vor. Da ertappte man den Verteidigungsminister, weite Teile seiner Doktorarbeit einfach abgeschrieben zu haben. Erst leugnete er notorisch, dann gab er zwar Fehler zu, nachdem man sie ihm zweifelsfrei nachgewiesen hatte, weigerte sich aber, zurückzutreten.

      Jeder Schüler wäre da von der Schule geflogen, hätte man ihm solch ein eklatantes Betrugsvergehen nachgewiesen. Der adelige Herr Minister aber tat, als sei so etwas ein durch Stress entstandenes Kavaliersdelikt, es habe mit seinem sonstigen Charakter nichts zu tun. Und die Bundeskanzlerin stärkte ihm auch noch den Rücken. Der Doktortitel wurde ihm von der Uni aberkannt, was er mit trotziger Arroganz zur Kenntnis nahm. Deutschland, deine glänzenden Vorbilder.

      Attilas Anwalt reagierte auf die Schriftstücke der Gegenseite angemessen. Erstens schickte er dem Strafgericht eine gut formulierte Erwiderung gegen die Strafanzeige und kehrte diese gleich gegen Uschi; mit der Begründung, sie habe absichtlich Falschangaben gemacht, was absolut zutreffend war. Die Angaben in der gesamten Anzeige waren erstunken und erlogen. Ging man von gängiger Rechtsprechung aus, hätte Uschi jedenfalls ihren Ehegattenunterhalt wegen der vorsätzlichen Falschangaben verwirkt. Da war ich gespannt, das ließ hoffen.

      Zweitens gab er Attilas 12-seitige Erläuterungen zur finanziellen Situation der Firma, sowie die der Privatperson Attila Szábo ans Familiengericht weiter. Sollten die Justizbeamten die Angaben glauben oder lieber einen für den Steuerzahler kostspieligen Wirtschaftsprüfer beauftragen, Attila war es mittlerweile einerlei. Wenn der Richter unbedingt meinte, so konnte er auch die Firmenpleite in Kauf nehmen. Wozu hatte man noch eine spanische S. L. zum Arbeiten parat?

      Nach zahllosen E-Mails und sonstiger Verlagskorrespondenz stand am Tage vor der Abreise nun endlich fest, dass ich mein Buch »Himmel noch mal!« bei einem kleinen Verlag aus Gelnhausen veröffentlichen würde. Dieser Verlag bot mir faire Konditionen und erschien mir nach dem Bauchgefühl als passendster Vertragspartner. Mit der netten Lektorin jagte ich schon seit Wochen nette Mails hin und her.

      So konnte ich während der Deutschlandfahrt, die keiner von uns antreten mochte, wenigstens meine Unterlagen dorthin bringen oder sie von Deutschland aus absenden; die spanische Post verlangte immense Summen für dicke Briefe. Damit wenigstens eine Sache in die Wege geleitet wäre, die wichtig für unsere Zukunft werden könnte.

      Ich freute mich sehr darauf, mein hart erkämpftes Werk demnächst in Händen halten zu dürfen. Gleichzeitig litt ich unter Magenschmerzen, weil ich überhaupt nicht einschätzen konnte, was mir in Deutschland sonst noch so blühte. Die Natur tat es jedenfalls nicht, Schnee und Eisregen waren angesagt.

      Ansonsten ging zumindest in Spanien so einiges neue Wege. Im Fitness-Studio, bei dem ich eine Anzeige für Sal News an Land gezogen hatte, bot man uns die Möglichkeit an, in einen durchdachten Strukturvertrieb für alltägliche Gebrauchsprodukte einzusteigen. Außerdem eröffnete man mir, dass ich nach meiner Rückkehr aus Deutschland eine kostenlose Kosmetikbehandlung erhielte, meine Erfahrungen hinterher in einem Artikel für die Zeitung festhalten solle. Aber gerne doch, solche Zusagen fielen mir natürlich nicht schwer.

      Ebenfalls nur kurze Zeit vor der Abreise erfuhr Attila durch die Anwaltskanzlei, dass am Vortag der Verhandlung alle drei Kinder vom Richter ohne Begleitperson persönlich gehört werden sollen; Attila hatte ja bemängelt, dass die Kinder nie adäquat befragt worden seien, bei wem sie wohnen wollten oder wie es ihnen ginge. Allerdings hatte ich den Eindruck, als ob dieses Zugeständnis ihn nicht wirklich freute. Entweder, weil er für sich selbst das Thema »Kinder« gedanklich schon ein wenig auf Abstand gebracht hatte und nun wider Willen daran erinnert wurde, oder weil er sich denken konnte, dass die Kinder vor dem Termin wieder durch Mama geimpft wären und dieser hernach auch Rechenschaft über ihre getätigten Äußerungen ablegen würden müssen.

      Welches Kind getraut sich in einer derartigen Situation, seine wirklichen, vielleicht Mama-kritischen Gedanken preiszugeben?

      Am Abend vor der Abreise installierte Attila eine Webcam im Büro unseres Hauses, die uns in der Ferne beruhigende Bilder von unserem intakten Arbeitsplatz zeigen sollte. Unsere norwegische Nachbarin hatte während eines Gesprächs vor einigen Tagen ziemliche Bedenken wegen eines möglichen Einbruchs wachgerufen, nachdem diese Siedlung in der Vergangenheit wiederholt heimgesucht worden war. Ihr hatte man vor ein paar Jahren den gesamten wertvollen Schmuck gestohlen und den kleinen Hund getreten. Fast wären sie und ihr Mann deswegen entmutigt für immer nach Norwegen zurückgekehrt.

      Da nicht gerade wenige technische Geräte in unserem Büro installiert waren, wollten wir einfach mehr Sicherheit haben und von Deutschland aus, wenn nötig, die Polizei anrufen können. Zumal das Bürofenster hinter einer Mauer lag, die Einbrechern besten Sichtschutz bieten konnte.

      In Spanien gab es merkwürdige Regelungen, die eher Outlaws schützten als deren Opfer. So war es zum Beispiel strengstens verboten, auf einer Mauer Glasscherben, Metallspitzen oder gar Stacheldraht anzubringen. Wegen einer Verletzungsgefahr. Ich konnte es mir lebhaft vorstellen: ein fieser Einbrecher dringt des Nachts ein, man schlägt ihm die Bratpfanne über den Schädel und wird noch wegen Körperverletzung angezeigt. Soll man ihn stattdessen höflich bitten, freundlichst ohne Diebesgut das Haus zu verlassen? Keine Ahnung. Einbruch galt hier eben mehr als sportliche Betätigung denn als Verbrechen.

      Am Freitagmorgen standen die Koffer und Taschen zur Abfahrt bereit, wir tranken einen letzten Kaffee und »wollten« aufbrechen. Doch ähnlich wie unmittelbar vor der letzten Deutschlandfahrt kamen genau im falschen Augenblick Probleme auf Attila zu. Dieses Mal in Form von sogenannten Gateway-Timeouts, welche die Kurier-Netz-Seite lahmlegten und diese für die Kunden minutenlang unerreichbar machten. Wegen der vielen Rundmails legte gewissermaßen der Mailserver den Webserver lahm, dessen Kapazität wurde überschritten.

      Attila arbeitete verbissen, wurde nervös und auch ich wurde stinksauer. Warum musste sich darum wieder ausgerechnet Attila kümmern, wo Fritz doch genau wusste, dass wir genau genommen schon unterwegs waren? Warum beauftragte Attila nicht Michl, sich an diesem Tag vor den Rechner zu setzen und jeweils die Engpässe zu beheben? Es konnte doch nicht sein, dass Attila der einzige Mensch auf der Welt war, der diese Arbeit an genau diesem Vormittag zu verrichten vermochte. Nebenbei nervte Fritz noch mit weiteren To Do’s, so als hätten diese nicht locker Zeit bis übermorgen gehabt.

      Attila beauftragte dann doch Michl, aber der feierte an diesem Tag Geburtstag und brauchte eine Zeit lang, bis er zur Verfügung stand. Außerdem: verantwortlich, dem Kunden gegenüber, war nun einmal leider allein Attila und dieser Kunde war erfahrungsgemäß verdammt ungeduldig.

      So fuhren wir mit zwei Stunden Verspätung und obendrein mit übler Laune von Orihuela Costa weg, ich am Steuer und Attila mit dem Rechner auf dem Schoß; für ihn folgte ein ganz normaler Arbeitstag, nur eben nicht am Schreibtisch, sondern im Auto. In Höhe der Stadt Valencia schwächelte die Batterie des Net-Books, den Rest der Reise hätte sie nicht überstanden. Da Attila aber weiterhin ständig erreichbar bleiben musste, blieb nichts anderes übrig, als einen Transformator zu besorgen, den man am Zigarettenanzünder des Wagens anschließen konnte. Auch das noch!

      Zunächst musste ich mich durch den Stadtverkehr dieser nicht eben kleinen spanischen Stadt quälen. Verkehrsführungen wie diese hier hatte ich noch nirgendwo erlebt. Da gab es Kreisverkehre, auf die in jeder Richtung sechs Spuren zuführten. Im Kreisel selbst jedoch waren keinerlei Linien

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