A Theologico-Political Treatise and A Political Treatise. Benedict De spinoza
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Tindale (2013, S. 10) folgt in seiner sehr zu empfehlenden Einführung in die Informelle LogikInformelle Logik weitestgehend der Bestimmung von Blair/Johnson (1987), wenn er die Position der Informellen Logik mit folgenden Forschungsinteressen beschreibt:
das Interesse an AlltagsargumentationAlltagsargumentation,
das Interesse an den Kriterien für gute Argumente und Argumentation,
das Interesse für die Theorie der Fehlschlüsse
sowie das Interesse für die Verpflichtungen der Teilnehmer innerhalb einer Argumentation.
Der letzte Punkt macht deutlich, dass die Informelle LogikInformelle Logik, im Gegensatz zur Formalen Logik, Argumentation grundsätzlich als dialogisch konzipiert: Argumentieren ist hier etwas, das mindestens zwei Personen miteinander tun. Das Ziel von Ansätzen innerhalb der Informellen Logik ist also immer ein Abgleich von natürlichsprachlicher Argumentation mit Normen oder Standards guter Argumentation. Gute Argumentation wird dabei, anders als in den logischen Ansätzen, nicht mehr über formallogische ValiditätValidität der Schlussverfahren bestimmt, sondern über drei Kriterien (vgl. Tindale 2013):
RelevanzRelevanz
HinlänglichkeitHinlänglichkeit
AkzeptabilitätAkzeptabilität
Ein gutes Argument, eingebettet in einen argumentativen Austausch, muss relevant sein in Bezug auf die Fragestellung, ausreichend sein in der Stützung der Konklusion und es muss akzeptabel sein. Hier ließe sich die Frage anschließen: Akzeptabel für wen? Diese Diskussion wird in 3.7 wieder aufgenommen.
Die Hinwendung zu der Frage, wie Geltung in natürlicher Argumentation beschaffen sein kann, hat in der Informellen Logik zu einer starken Beschäftigung mit der Theorie der Fehlschlüsse geführt. Diese ist einer der zentralen Bereiche der Informellen Logik geworden. Dabei ist zum einen die Diskussion der einzelnen Arten von Fehlschlüssen von Interesse, zum anderen aber auch die Frage, was die FehlschlüssigkeitFehlschlüssigkeit eines Arguments ausmacht (siehe dazu Kapitel 3.2).
Die Informelle LogikInformelle Logik ist ein normativer Ansatz. Sie entwickelt Standards und Normen für natürlichsprachliche Argumentation. Ein Hauptgegenstandsbereich ist die Forschung zu Fehlschlüssen.
Da sich die Informelle LogikInformelle Logik auf natürliche Argumentation und den Austausch von Argumenten konzentriert, bekommt die Dialogizität von Argumentation eine besondere Bedeutung, die sie in der Formalen Logik nicht hat. Eine Ausnahme in der Formalen Logik bildet das Konzept der Dialogischen LogikLogikdialogische von Lorenzen und Lorenz (1978), das Argumentation innerhalb der Logik als dialogisch, mit einem OpponentOpponenten und ProponentProponenten modelliert, sich aber nicht auf natürlichsprachliche und alltagssprachliche Argumentation konzentriert. Doch grundsätzlich ist das dialogische Prinzip ein Merkmal, durch das sich Ansätze zur Argumentation von der Formalen Logik abgrenzen. Das dialogische Prinzip verbindet die Informelle LogikInformelle Logik mit anderen dialektischen Ansätzen. Innerhalb der Informellen Logik ist daher auch der DialogDialog als Ort der Argumentation ausgearbeitet und weiter spezifiziert worden.
Beispielhaft soll dazu das DialogDialog-Modell von Douglas Walton (2010) vorgestellt werden. Walton führt 1995 gemeinsam mit Krabbe ein Modell von sechs DialogtypenDialogtypen ein, die mit bestimmten Zielen und Formen der Beweispflicht verbunden sind. Ein Dialog bestimmt sich dabei nach Walton durch einen Ablauf in drei Schritten: einer Eröffnungsphase, einer argumentativen Phase und einer Abschlussphase (vgl. 2010, S. 1). In der Publikation von 2010 bezieht Walton einen siebten Dialogtypus ein. Die gesamte Einteilung ist theoretisch begründet und normativ konstruiert. Walton unterscheidet hier zwischen den Zielen der Teilnehmerinnen an einem Dialog und der Funktion der Dialogform.
Waltons (2010) sieben DialogtypenDialogtypen mit ihren verschiedenen Aufgaben und Zielen:
Type of Dialogue | Initial Situation | Participant’s Goal | Goal of Dialogue |
PersuasionPersuasion | Conflict of opinions | Persuade other party | Resolve or clarify issue |
Inquiry | Need to have proof | Find and verify evidence | Prove (disprove) hypothesis |
Discovery | Need to find an explanation of facts | Find and defend a suitable hypothesis | Choose best hypothesis for testing |
Negotiation | Conflict of interest | Get what you most want | Reasonable settlement both can live with |
Information-Seeking | Need information | Acquire or give information | Exchange information |
Deliberation | Dilemma or practical choice | Co-ordinate goals and actions | Decide best available course of action |
Eristic | Personal conflict | Verbally hit out at opponent | Reveal deeper basis of conflict |
Abb. 1 Dialogtypen nach Walton (2010, S. 13)
Die Typologie trägt der Tatsache Rechnung, dass nicht alle Diskursformen, in denen argumentiert wird, den gleichen Bedingungen unterliegen. Interessant sind an diesem Modell möglicherweise weniger die Typen an sich, sondern die Übergangsbereiche zwischen den einzelnen Typen. Genau an den Übergangsstellen können Probleme in der Argumentation auftreten. Dies lässt sich an einem Ausschnitt des Beispiels zeigen.
JUROR 10: Richtig. Aber der Zug war leer und fuhr in Richtung City. Er war auch unbeleuchtet, wenn Sie sich erinnern. Und die Sachverständigen haben uns bewiesen, daß man bei Nacht durch die Fenster eines vorbeifahrenden Hochbahnzuges sehen kann, was auf der anderen Seite vorgeht. Sie haben es bewiesen!
JUROR 8: Eine Frage. Sie trauen dem Jungen nicht. Was veranlaßt Sie, der Frau zu trauen? Sie stammt doch aus demselben Milieu?
JUROR 10: Ach Sie – Sie sind ein ganz geriebener Gauner …
JUROR 1: Aber, aber, meine Herren! Immer mit der Ruhe!
JUROR 7: Lassen Sie ihn doch reden! Tief durchatmen, entspannen!
JUROR 10: Er hat die Weisheit mit Löffeln gefressen, Sie werden schon sehen –
JUROR 1: Gut, gut, wir sind doch nicht da, um uns zu streiten. Wer kommt dran?
Der Dialog entspricht wohl am ehesten dem Typus der Beratung (deliberation), da es darum geht, eine Entscheidung zu treffen. Man könnte auch dafür argumentieren, dass es sich eher um eine Untersuchung (inquiry) handelt. Allerdings liegen in einer Beratung von Geschworenen die Beweise bereits vor und müssen von ihnen „nur noch“ gewichtet werden. Interessant ist jetzt die Äußerung von Juror 10, der Juror 8 vorwirft ein „ganz geriebener Gauner“ zu sein. Hier könnte die Beratung (deliberation) in einen eristischen Dialog umschlagen. Das scheint auch Juror 1 zu befürchten, wenn er die Juroren zur Ordnung ruft und etwas später sagt: „Wir