A Theologico-Political Treatise and A Political Treatise. Benedict De spinoza

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A Theologico-Political Treatise and A Political Treatise - Benedict De spinoza Dover Philosophical Classics

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zu tun? Was hat die Tatsache, dass wir Steuern für Waisenhäuser zahlen, damit zu tun, dass sie okay sind?

      Dieser Übergang bleibt im Beispiel implizit. Hier wird deutlich, dass die Rekonstruktion von impliziten Anteilen wie „denn die Dinge, für die wir Steuern zahlen, sind okay“ nicht immer einfach und vor allem nicht immer eindeutig ist. Man könnte z.B. den Übergang hier auch allgemeiner fassen: Dinge, für die sich die Gesellschaft engagiert, sind gut/Dinge, für die sich die Gesellschaft engagiert, sind ausreichend für alle Mitglieder der Gesellschaft. Sobald der Übergang aber auf einer allgemeineren Ebene rekonstruiert wird, ergeben sich noch mehr Möglichkeiten. So ließe sich der Übergang rekonstruieren als „Dinge, für die sich die Gesellschaft engagiert, sind gut“, aber auch als „Alles, für das man bezahlt, ist gut“. Hier wird bereits ein Aspekt deutlich, der in der Entwicklung der Argumentationstheorie und der Argumentationsanalyse immer wieder relevant wird: das Verhältnis zwischen normativen Modellen und der Beschreibung natürlicher (im Gegensatz zu für die Analyse konstruierter) Argumentation. Konstruierte Beispiele haben den Vorteil, passgenau für ein Modell konzipiert zu sein und damit das Modell auch zutreffend erläutern zu können. Natürliche Argumentation ist häufig schwieriger zu analysieren, u.a. da Aussagen implizit bleiben und sie sich so nicht immer klar in vorgegebene Muster fassen lassen. Das kann man bedauern, man kann es aber auch als das eigentlich Interessante an der Argumentation verstehen. Wer argumentiert, muss oft zwei Aufgaben zugleich bearbeiten: die Aufgabe, Argumente vorzubringen, von denen sie glaubt, dass sie belastbar sind und die Aufgabe, Argumente vorzubringen, von denen sie glaubt, dass das Gegenüber sie akzeptieren wird. Hinzu kommt außerdem, dass Argumentation in der Regel in Interaktionen eingebettet ist und damit auch interaktionale Anforderungen (das Gesicht wahren, die Beziehung zum anderen aufrecht erhalten etc.) bearbeitet werden müssen. Diese verschiedenen Aufgaben werden in Kapitel 5.4 zur Gesprächsforschung und Argumentationsanalyse in den Blick genommen.

      2.1.3 Die Funktionen von Argumentation

      Nachdem nun die Grundeinheit der Argumentation mit dem dreistelligen Argumentmodell beschrieben ist, soll der Blick vom Argument zur Argumentation gehen: Welche Funktionen hat Argumentation? Warum und wozu argumentieren wir?

      JUROR 7: Und was soll dabei rauskommen? Elf der Anwesenden sprechen ihn schuldig. Das ist genug gesprochen! Nicht einer hat das geringste Bedenken – bis auf Sie!

      JUROR 10: Nur eine Frage.

      JUROR 8: Bitte.

      JUROR 10: Glauben Sie dem Jungen ein Wort?

      JUROR 8: Ich weiß nicht, ob ich ihm glaube. Vielleicht glaube ich ihm nicht.

      JUROR 7: Dann verstehe ich noch weniger, warum Sie für „nicht schuldig“ gestimmt haben!

      JUROR 8: Elf haben ihn schuldig gesprochen. Ich kann nicht so einfach meine Hand heben und jemanden in den Tod schicken. Ich muß erst darüber sprechen.

      Juror 8 will nicht einfach nur sprechen: Er fordert Gründe ein und will selber Gründe liefern, um die Frage „Ist der Junge schuldig“, in dieser Sequenz gefasst als „Glauben Sie dem Jungen ein Wort?“, zu beantworten. Dabei ist sein Ziel nicht, die anderen von der Unschuld des Jungen zu überzeugen; zur übergreifenden StreitfrageStreitfrage („Ist der Junge schuldig“) formuliert er selbst keinen eigenen StandpunktStandpunkt (keine eigene Konklusion). Zu Argumentieren – und wenn nur für eine Stunde – hat hier die Funktion, eine Entscheidung, die getroffen werden muss, zu einer fundierten, argumentativ gesicherten Entscheidung zu machen. Es geht hier (auch) um die Legitimation einer Entscheidung.

      Argumentation wird in vielen theoretischen Ansätzen über ihre Funktion gefasst. Dabei lassen sich, wie oben eingeführt, zwei Funktionen von Argumentation unterscheiden: die Bearbeitung von DissensDissens oder StrittigkeitStrittigkeit und die Funktion der Geltungsetablierung. Diese Funktionen schließen einander nicht aus, sondern bedingen einander und sind eng gekoppelt. Die epistemischeArgumentationepistemische Funktion Funktion, die Funktion Geltung zu etablieren, ist oben schon kurz beleuchtet worden. Sie betrifft vor allem den „Übergang“, die Herstellung von RelevanzRelevanz zwischen Grund und Konklusion, von der die Sprecherin annimmt, dass sie vom Gegenüber geteilt wird. Diese Funktion findet sich in der Argumentationstheorie vor allem unter den Überschriften TopikTopik und ArgumentationsschemataArgumentationsschema wieder (vgl. Kapitel 4.3). Die Funktion der Bearbeitung von StrittigkeitStrittigkeit soll hier noch einmal genauer betrachtet werden, da sie selbst nicht ganz unstrittig ist.

      Was bedeutet es, „StrittigkeitStrittigkeit zu bearbeiten“, was genau ist das Ziel von Argumentation? Eine gemeinsame Lösung, einen KonsensKonsens oder Kompromiss zu erlangen und am Ende den bestehenden DissensDissens aufgelöst zu haben? Oder kann auch eine Verschärfung des DissensesDissens Ziel einer Argumentation sein? Es gibt einige Ansätze, die den KonsensKonsens als Ziel von Argumentation sehen (so z.B. die Theorie kommunikativen Handelns von Habermas, vgl. Kapitel 3.3) oder zumindest das Zurückziehen entweder der Problematisierung oder des StandpunktStandpunktes nach einer argumentativen Phase (so z.B. die Pragma-Dialektik, vgl. Kapitel 3.6). Andere Ansätze sehen die Verschärfung einer StreitfrageStreitfrage durchaus auch als Ziel von Argumentation. Völzing (1979) stellt fest: „Es ist die Funktion von Argumentationen, in KonfliktenKonflikt dazu zu dienen, gegenteilige Meinungen oder Ansichten herauszuarbeiten, per Kompromiß oder KonsensKonsens Lösungsmöglichkeiten anzubieten, aber auch Potential zur Verschärfung eines KonfliktsKonflikt bereitzuhalten“ (Völzing, 1979, S. 12). Hier dient Argumentation also nicht ausschließlich der Lösung von KonfliktenKonflikt, sondern kann auch der Zuspitzung von Gegensätzen dienen, ohne einen direkten Einigungswillen. So sind beispielsweise parlamentarische Debatten oder politische Talkshows nicht darauf ausgelegt, KonsensKonsens zu erzielen, sondern vielmehr darauf, gegensätzliche Positionen vor einem Publikum aufzuführen. Vertreterinnen einer KonsensorientierungKonsensorientierung der Argumentation würden an dieser Stelle aber vermutlich argumentieren, dass die Verschärfung ein Zwischenstadium ist, um für einen Zeitraum unterschiedliche Positionen auszustellen und zu pointieren und damit ein Publikum in die Lage zu versetzen, eine fundierte Entscheidung zu treffen. Wie Klein (2001) treffend sagt, besteht in Situationen, in denen die Argumentierenden sich aufeinander beziehen, aber den DissensDissens nicht lösen können, „die Chance, dass aus unbegriffenem DissensDissens begriffener DissensDissens wird – was bei der Vorbereitung von Entscheidungen häufig notwendige Bedingung für tragfähige Kompromisse ist“ (S. 1311).

      Inwieweit ein argumentativer Austausch auf einen KonsensKonsensorientierung orientiert ist, hängt vom Argumentationskontext und speziell vom Grad an AgonalitätAgonalität ab. Im Beispiel des Ausschnitts aus „Die zwölf Geschworenen“ ist dies ein Kontext, in dem zwei Parteien – Anklage und Verteidigung – einander gegenüberstehen und eine Entscheidung nach bestimmten Verfahrensregeln getroffen werden muss. Zugleich rahmt Juror 8 die Situation eher als gemeinsames Problemlösen: Er hat noch keinen eigenen StandpunktStandpunkt, formuliert Zweifel an dem geäußerten Standpunkt und will über das Abwägen von Gründen zu einer fundierten, legitimen Entscheidung kommen. Der Grad an Agonalität ist hier deutlich geringer als in einer Konfrontation zwischen unterschiedlichen, klar formulierten Positionen.

      AgonalitätAgonalität bestimmt Situationen, die auf einen Wettkampf oder eine kämpferische Auseinandersetzung bezogen sind. Lyotard (1989) nutzt den Begriff AgonistikAgonistik in Bezug auf die argumentative Auseinandersetzung zwischen zwei Parteien mit einer dritten, beobachtenden Partei als Entscheidungsinstanz.

      Die Differenzierung zwischen verschiedenen Graden von AgonalitätAgonalität ist eine Frage, die momentan wieder stärker in den Fokus rückt. So kontrastiert Ehlich (2014, S. 41) explorativesArgumentierenexploratives und persuasivesArgumentierenpersuasives Argumentieren. Dabei geht er, im Anschluss an Trautmann (2004), davon aus, dass Argumentation eine Form

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