Die Erleuchtung der Welt. Johanna von Wild
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Читать онлайн книгу Die Erleuchtung der Welt - Johanna von Wild страница 9
»Sei still!«, herrschte Cuntz sie an und griff schmerzhaft nach ihrer knospenden Brust. »Noch ein bisschen wenig, für meinen Geschmack, aber das wird schon noch«, raunte er ihr heiser und mit fauligem Atem zu, während er mit der anderen Hand an seiner Hose nestelte.
Angewidert drehte sie den Kopf zur Seite. »Herr, bitte nicht«, flehte Helena.
»Es wird dir gefallen, meine Hübsche.« Cuntz stieß sie plötzlich so heftig von sich, dass sie zu Boden fiel und mit dem Hinterkopf aufschlug. Für wenige Augenblicke war sie benommen. Mit einem Satz war er über ihr, presste mit den Knien ihre Arme auf den Boden und riss sich die Bruche vom Leib. Im nächsten Augenblick hatte er Helenas Kittel hochgeschoben, drückte ihr mit der linken Hand die Kehle zu und griff ihr mit seiner Rechten grob zwischen die Beine. Helena bekam fast keine Luft mehr, strampelte und wehrte sich verzweifelt gegen ihren übermächtigen Gegner.
Cuntz schlug ihr mit der flachen Hand ins Gesicht, sodass ihr Kopf zur Seite flog, aber wenigstens hatte er ihre Kehle freigegeben. Würgend schöpfte sie Atem. Wie ein Aal wand sie sich unter ihm, bemüht, ihren Körper auf die Seite zu drehen, um Cuntz zu entkommen. Ihr beharrlicher Widerstand schien ihn jedoch nur noch mehr anzustacheln. So hatte sich Cuntz anscheinend die Sache vorgestellt. Lange genug hatte er auf eine solche Gelegenheit gewartet.
Dieses Mal schlug er härter zu. Helena verlor beinahe die Besinnung, goldene Punkte tanzten vor ihren Augen. Cuntz zwängte ihre Beine mit seinen Knien auseinander, und im nächsten Augenblick zerriss ein unbeschreiblicher Schmerz ihren Unterleib, als er in sie eindrang. Immer heftiger wurden seine Stöße, keuchend mühte er sich, an etwas anderes zu denken, als an das, was er mit Helena noch vorhatte, bevor sein Körper ihm einen vorzeitigen Strich durch die Rechnung machte. Das wäre zu schade.
Es schien eine Ewigkeit zu dauern, bis Cuntz endlich von ihr abließ. In aller Ruhe zog er sich an, klopfte den Staub von seinen Kleidern und setzte ein hämisches Grinsen auf.
»Vergiss die Äpfel nicht.«
Dann war er verschwunden. Leise begann Helena zu weinen. Vor Schmerzen, vor Demütigung, vor Verzweiflung. Stöhnend kam sie auf die Beine, zog ihr Kleid herunter und wischte sich schniefend die Tränen aus dem Gesicht.
Wie kann Ännlin daran nur Gefallen finden?, fragte sie sich erschüttert.
Als sie die verstreut herumliegenden Äpfel aufsammelte, spürte sie warmes Blut an sich herunterlaufen. Vorsichtig spähte sie durch die Tür, niemand war zu sehen. In der Nähe des Gebäudes war der Brunnen. Jeder Schritt dorthin bereitete ihr höllische Schmerzen. Sie stellte den Eimer mit den Äpfeln ab, ließ den Wassereimer an der Kette in den Schacht hinunter, wartete, bis er sich gefüllt hatte und zog ihn wieder nach oben. Sie raffte Kittel und Kleid zusammen und begann, sich mit dem eiskalten Wasser das Blut zwischen den Beinen abzuwaschen. Zuletzt kühlte sie ihre Wange. Der Schmerz ebbte langsam ab und senkte sich auf ein erträgliches Maß.
Zurück in der Küche war sie froh, alleine zu sein. Es roch leicht angebrannt. Schnell zog sie mit dem Haken den eisernen Topf zur Seite, verdünnte den Bohneneintopf mit zwei großen Krügen Wasser und rührte kräftig um. Die Hammelstücke schmorten über dem fast erloschenen Feuer, und Helena legte eilig Holz nach. Dann schnitt sie die Äpfel in grobe Scheiben, gab sie zu dem vorbereiteten süßen Teig, formte zwei große Laibe und schob sie in den Ofen. Während sie diese Arbeiten verrichtete, versuchte sie, das schreckliche Geschehen zu verdrängen. Doch die Angst, irgendwann erneut alleine auf Cuntz zu treffen, fraß sich wie ein Wurm in ihr Gehirn.
Sollte sie sich nachts davonstehlen? Aber wo sollte sie hin? Nach Hause? Nein, ihr Vater würde sie bestimmt zurückschicken. Wenn sie hierblieb, dann hätte sie wenigstens genug zu essen. Sie musste nur versuchen, Cuntz, so gut es ging, aus dem Weg zu gehen.
Als die Mägde und Knechte eintrudelten, ließ Helena sich nichts anmerken und hielt den Kopf gesenkt. Nur als Magda ihr auftrug, die Herrschaften mit ihr gemeinsam zu bedienen, wurde sie blass. Die alte Magd sah sie mit wissendem Blick an und nahm Helena beiseite.
»Du willst nicht in die Wohnstube, stimmt’s?«
Helena schluckte und nickte stumm.
Magda berührte sachte ihre Schulter, Bedauern lag in ihrer Stimme.
»Mädchen, ich weiß, warum du nicht dorthin willst«, raunte sie ihr leise zu. »Doch du kannst ihm nicht immer aus dem Weg gehen. Er wird es bemerken. Also, sei tapfer und komm mit. Je eher du es hinter dich bringst, desto besser.«
Helena biss die Zähne zusammen und half der alten Magd, die Herrschaften zu bedienen. Mit gesenktem Blick, um jeden Augenkontakt mit Cuntz zu vermeiden, stellte sie stumm die Teller auf den Tisch. Magda, die gute Seele, übernahm es, Cuntz’ Teller und Becher zu füllen.
Nach Mariä Lichtmess wurde das Deckmaterial, das zum Schutz der Weinreben vor dem Frost aufgebracht worden war, entfernt. Helena bekam Cuntz nur zu Gesicht, wenn sie das Abendbrot aufzutragen hatte, denn einer der Knechte lag mit Fieber nieder, und der Hausherr musste selbst im Weinberg mit Hand anlegen.
Die tägliche Arbeit lenkte Helena ab, nur nachts holten die Geschehnisse sie ein, Albträume plagten sie. Oft wachte sie schweißgebadet und mit rasendem Herzen auf, um erleichtert festzustellen, dass neben ihr nur Magda lag und leise schnarchte.
Der März näherte sich mit Riesenschritten, und die Arbeiten im Wingert wurden täglich mehr. Es wurde Zeit, die Weinstöcke zu beschneiden. Die Schösslinge des Vorjahres wurden entfernt und die Rebstöcke zurückgeschnitten. Helena und Ännlin folgten den Knechten, um die abgeschnittenen Wurzelschösslinge und das alte Rebholz aufzusammeln und zum Wohnhaus zu bringen. Auch Kathrein, Cuntz’ Tochter, musste mithelfen. Sie war ein mürrisches Kind und ließ sich Zeit mit dem Aufsammeln. In großen Bütten, die sie auf dem Rücken trugen, schleppten die Mädchen Ladung für Ladung vom Weinberg zu einem bereitstehenden Fuhrwerk. Wenn nichts mehr auf den Karren passte, brachte einer der Knechte die Fuhre mit der erlesenen Fracht zum Gut. Ännlin, die durch ihre Schwangerschaft immer schwerfälliger wurde, musste öfter stehen bleiben, um sich eine kurze Atempause zu gönnen.
»Kathrein, mach schneller, sonst werden wir nie fertig, ich kann bald nicht mehr«, meckerte Ännlin und griff sich mit der Hand in den Rücken, um ihn zu stützen.
»Du hast mir gar nichts zu sagen«, fauchte Kathrein zurück.
»Hör mal, Ännlin bekommt ein Kind, sie arbeitet schon schwer genug«, sprang Helena der Magd zur Seite. Seit Helena klargestellt hatte, nicht die Absicht zu haben, Ännlins Stelle in Cuntz’ Bett einzunehmen, kamen die Mädchen besser miteinander zurecht. »Siehst du nicht, dass es ihr nicht gut geht?«
»Und du erst recht nicht«, zischte Kathrein. »Wenn es euch nicht passt, sag ich meinem Vater, dass ihr mich die meiste Arbeit tun lasst. Dann wird er euch die Peitsche spüren lassen.«
Ännlin und Helena sahen sich an und verstanden sich auch ohne Worte. Kathrein war nicht nur faul, sondern auch gehässig. Es war besser, keinen weiteren Streit mit ihr vom Zaun zu brechen.
Die harte Arbeit und die drei täglichen Mahlzeiten ließen Helena kräftiger werden. Anfangs war sie todmüde und erschöpft nach dem Abendbrot am Küchentisch eingeschlafen und nicht mehr aufzuwecken gewesen. Josef, einer der Knechte, hatte sie manches Mal ins Nebengebäude getragen, ohne dass Helena davon irgendetwas mitbekommen hatte. Müde war sie zwar am Ende des langen Tages immer noch, aber sie spürte, wie sich ihr Körper an die schwere Arbeit gewöhnte und sich veränderte.
Nach dem Rebenschnitt folgte