Der Werwolf von Hannover - Fritz Haarmann. Franziska Steinhauer

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Der Werwolf von Hannover - Fritz Haarmann - Franziska Steinhauer

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ist es viel zu früh!« Dann fragte er plötzlich aufgeregt: »Wann sollst du den Betrieb denn übernehmen? Dein Vater ist doch nicht im richtigen Alter für ein Sich-zur-Ruhe-Setzen.«

      »Er kann nicht mehr gut arbeiten – hatte einen Unfall. Deshalb soll ich jetzt sofort einspringen. Ich konnte gerade noch eine freie Zeit von etwa zwei Wochen aushandeln.«

      »Beginnen die zwei Wochen vielleicht in den nächsten Tagen?«

      »Ja. Eigentlich wollte ich …«, er seufzte wieder, »aber die Weibsleute, na ja. Du weißt schon.«

      »Gut. Wenn du jetzt keine Planung mehr hast, dann hätte ich vielleicht eine gute Idee für uns beide. Komm, wir gehen ein Stück den Fluss entlang.«

      So spazierten die Freunde nebeneinander her, waren vertraut, als habe es die zeitliche Trennung durch Schule und Lehre nie gegeben. Ein jeder machte seinem Herzen Luft, und Ludwig skizzierte seine Überlegungen für die kommenden beiden Wochen.

      Theodor war sofort Feuer und Flamme.

      »Mit Rad und Zelt? Wunderbar! Ich bin dabei!« Nach kurzem Überlegen: »Ich habe allerdings weder das eine noch das andere!« Nach einer kurzen Pause: »Aber ich weiß, wo ich es bekommen kann!«

      Er schlug ein, und Ludwig versprach, am nächsten Tag wiederzukommen, um die – wie er es nannte – Feinabstimmung zu besprechen.

      3. Kapitel

      1918 September / Fritz Haarmann

      Als ich am nächsten Tag wiederkam, hing schon ein lästiger Geruch über dem Laden neben der Kammer. Auf dem Flur war noch nichts davon zu bemerken, aber das würde sich ändern, es war nur eine Frage der Zeit.

      Irgendwie rechnete ich – völlig wider den gesunden Menschenverstand – fest damit, von ihm angesprungen zu werden, als ich die Tür langsam ein wenig aufschob. Besorgt durch den Spalt blinzelte.

      Alles ruhig.

      Er lag, wie ich ihn verlassen hatte. Zugedeckt, so gut wie möglich unter dem Bett verborgen.

      Und er war längst nicht mehr allein.

      Fliegen!

      Nun, das überraschte mich nicht. Ich dachte daran zu lüften, unterließ es dann zunächst. Musste aber später doch das Fenster öffnen, weil … na ja. Blut und Zersetzung. Keine gute Mischung. Und eine, die den anderen Mietern im Haus besser verborgen blieb.

      Eine halbe Stunde saß ich wohl einfach da und sah ihn an.

      Ich wollte nicht mit dem beginnen, was letztlich unausweichlich sein würde.

      Tatsächlich war er noch immer schön. Und er sah friedlich aus.

      Solange der Hals nicht zu sehen war, konnte man glauben er schlafe tief, sei vielleicht ein wenig blass.

      Das galt schließlich für viele, deren Ernährungslage schlecht war, hatte in der Regel nicht mehr als das zu bedeuten.

      Allerdings zeigten sich bei ihm schon an einigen Stellen violette Flecken.

      Nach einer weiteren Stunde, in der ich ruhelos auf und ab gegangen war, begann ich die Dinge zu richten, die ich wohl benötigen würde.

      Das kleine Küchenmesser, mit dem ich normalerweise Kartoffeln schälte, zog ich energisch über den Wetzstahl, damit es gut durchs Gewebe fahren würde. Das Gleiche tat ich mit der Schneide des etwas größeren Exemplars. Ich legte beide in einen Eimer, deckte ein Tuch darüber und gönnte mir eine Pause. Es strengt durchaus an, sich solche Handlungen vorzustellen und dabei noch den Überblick zu behalten. Jeder Fehler … ein Kopf ist schnell verloren, wenn man bei so etwas erwischt wird.

      Mein kleines Beil würde ich auch brauchen, Papier, um die Päckchen zu packen, die Wachstuchtasche, um alles wegzubringen. Zur Leine. Der Fluss würde den Rest erledigen.

      Ich müsste zuvor probieren, was von ihm schwimmen würde.

      Fleischstücke auf dem Wasser könnten verraten, was hier entsorgt wurde, das ging also nicht.

      Was, wenn ich beim Füttern der Fische beobachtet würde?

      An der Brückmühle zu gefährlich.

      Hinter jedem Fenster Augen, die neugierig Ausschau hielten.

      Morgen.

      Morgen würde ich wiederkommen und austesten, was schwamm und was nicht.

      Für heute war es nun wirklich genug.

      Als ich ging, die Tür sorgfältig hinter mir verschloss, war ich unendlich traurig.

      Meine Schwester, Frau Burschel, fragte mich, warum ich so bleich sei. Etwa wieder krank? Und der seltsame Geruch meiner Kleidung? Woher ich käme? Ob ich mal wieder in Schwierigkeiten steckte? Was ausgefressen hätte? Sie hatte grundsätzlich viele Fragen, wenn ich bei ihr unterschlüpfen wollte.

      Nein, beruhigte ich sie, alles in Ordnung. Ich war beim Schlachter, aber der hatte nicht viel im Angebot. Und blass sei ich ja öfter.

      Die altbekannten Kopfschmerzen eben. Mit Übelkeit.

      Sie nickte nur, drang nicht weiter in mich. Mir schien, sie war froh, dass ich nicht mit ihr sprechen wollte, wandte sich ab und ging summend ihrem Tagwerk nach.

      Ich dagegen stellte mit vor, wie sie reagieren würde, wenn ich nun gesagt hätte, das mit dem blassen Aussehen liegt an dem toten Jungen in meinem Zimmer, der schon stinkt und den ich irgendwie loswerden muss, damit nicht der Henker mich holt. Liegt an dem bedauernswerten Kerl, den ich getötet habe – nicht mit Absicht – aber tot ist er dennoch.

      Mutter hätte mich verstanden. Sie wusste, dass ich nie mit Absicht … und wenn etwas aus Versehen geschah, war man im Grunde nicht schuld, so hat sie mir das erklärt. Gott versteht das auch, dass es da einen Unterschied gibt.

      Dem Jungen war das jetzt natürlich egal.

      Tot ist tot.

      4. Kapitel

      1924 im Juni

      »Ludwig und ich werden eine Radtour machen. An der Leine entlang Richtung Hannover und dann ein Stück weiter, je nachdem, wie viel Zeit dann noch bleibt. Möglich, dass wir weiter kommen, als gedacht und mit dem Zug nach Hause fahren!«, erzählte Theodor begeistert beim Abendessen.

      »Aber Junge! Du hast doch gar kein Rad!«, meinte die Mutter und schlug die Hände vor dem Gesicht zusammen. »Wie soll das dann gehen?«

      »Ich habe mir einen alten Drahtesel von Caroline geliehen. Sie braucht ihn nicht und hat mir erlaubt, ihn aufzumöbeln. Den Rost putze ich mit einer scharfen Bürste ab, ein bisschen Öl – und schon sieht das Rad gut aus und läuft ohne Schwierigkeiten. Und ein Zelt hat mir Jakob gegeben. Gehört seinem Onkel. Armeezelt. Da passen Ludwig und ich gemeinsam rein, so viel Platz!«

      »Im Zelt?« Die Mutter war entgeistert. »Und wenn es regnet? Dann werdet ihr schnell keinen trockenen Faden mehr am Leib haben. Und die Sachen zum Wechseln sind dann auch nass. Den Tod werdet ihr

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