Das Salz der Friesen. Andreas Scheepker

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Das Salz der Friesen - Andreas Scheepker

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von den Niederlanden aus wahr. Königin Margarete hat im Namen des Kaisers zwei Juristen beauftragt, die Sache im Sinne Herzog Karls von Geldern zu untersuchen.«

      »Van Woerden und Haykema?«

      »Ihr habt die beiden schon kennengelernt?«

      Rimberti nickte.

      »Zwei ältere Herren, die man mit einem guten Fässchen Wein und ein wenig Gold wohl in unser Fahrwasser lenken kann«, warf Graf Enno ein.

      »Zwei hochgebildete und scharfsinnige Juristen mit viel Lebenserfahrung. Man darf die beiden auf keinen Fall unterschätzen«, entgegnete Rimberti.

      »Dann ist da noch die Sache mit Uiterweer«, bemerkte Drost Beninga.

      Graf Enno warf Beninga einen finsteren Blick zu. Beninga hielt dem Blick stand.

      »Ach, das ist eigentlich keine Sache.« Graf Enno machte eine wegwerfende Handbewegung. »An sich sind die Verhältnisse klar. Mit dem Kloster gehen auch seine Güter in den Besitz des Fiskus über.«

      »In Uiterweer liegen drei große Höfe, die Eilert Nanningas Vater dem Kloster Ihlow übereignet hat.« Beninga sprach Rimberti direkt an und überging Graf Ennos Bemerkungen wie die eines ungezogenen Schülers. »Mit dieser Übereignung war eine Bedingung verknüpft. Aus den Einnahmen der Höfe soll ein Priester bezahlt werden, der täglich eine Messe für die Häuptlingsfamilie liest. Und es soll jährlich ein festgelegter Betrag für das Klostervorwerk Oldekamp gestiftet werden. Dort wird ein bisschen Landwirtschaft und Bienenzucht betrieben, und Kranke werden gepflegt.«

      »Ihr wollt diese Güter einziehen?«, fragte Rimberti.

      Drost Beninga wurde sichtlich verlegen, aber Graf Enno kannte diese Form von Schamgefühl nicht. »Mein lieber Rimberti, große Aufgaben liegen vor uns. Meinem Vater ist es leider nicht gelungen, seine Aufgaben zu erledigen. Schulen müssen gebaut und Wege angelegt werden. Wir müssen den Handel ausbauen. Und dann sind unsere Ansprüche auf Jever und das Harlingerland noch nicht durchgesetzt …«

      »Krieg?«

      »Doktor Rimberti, ich glaube kaum, dass Euer Brotherr, der Graf von Kringenberg, seine Gegner durch gutes Zureden überzeugt«, belehrte der Graf den Rechtsgelehrten und wies ihn gleichzeitig auf seinen untergeordneten Stand hin.

      »Graf August von Kringenberg führt selten Krieg. Seine Feldzüge sind kurz und effizient. In der Regel pflegt er seine Gegner zu kaufen«, erklärte Rimberti, wohlwissend, dass er mit diesen beiläufig ausgesprochenen Worten den Neid Graf Ennos provozierte.

      Die Grafschaft Kringenberg verfügte ähnlich wie Ostfriesland über sehr fruchtbare Böden. Darüber hinaus wurde Silber gefördert, und die Tatsache, dass sich im Städtchen Kringenberg zwei bedeutende Handelsstraßen kreuzten, brachte den Handel zu stetiger Blüte. Graf Augusts ungemein kluge Regentschaft tat ihr Übriges, diese kleine Grafschaft sehr reich zu machen. Rimberti dachte sogar einen Moment daran, seinem Dienstherrn den Kauf der Herrlichkeit vorzuschlagen.

      »Gibt es Unterlagen, Dokumente, Vorverträge?«, fragte er.

      Enno sah Beninga verstohlen an. Beninga erklärte: »Drost Haiko Ibenga hat die Vorverhandlungen geführt. Dabei wurden alte Urkunden gesichtet, und es konnten einige Punkte geklärt werden. Leider stehen uns diese Dokumente zurzeit nicht zur Verfügung. Drost Ibenga hat sie bei sich.«

      »Gut, dann werde ich Haiko Ibenga aufsuchen und alles mit ihm besprechen.«

      »Das ist leider nicht möglich«, sagte Beninga. »Der Drost hat zum Jahresanfang eine Reise zum Hof nach Brüssel unternommen, und er ist noch nicht zurückgekehrt. Wir haben lange nichts von ihm gehört. Seine Familie hat aber Briefe von ihm erhalten, sodass wir hoffen, dass ihm unterwegs nichts geschehen ist.«

      »In diesem Fall hättet Ihr mit Sicherheit eine Nachricht bekommen«, stellte Rimberti fest. Er hoffte, in einem späteren Gespräch unter vier Augen mit Beninga die Dinge erörtern zu können, die ihm rätselhaft vorkamen und die in Gegenwart des Grafen wohl nicht offen angesprochen werden sollten.

      »Was willst du?«, herrschte Graf Enno einen Bediensteten an, der verlegen in der Tür stand und von seinem Vorgänger anscheinend zu höchster Zurückhaltung ermahnt worden war.

      »Der Amtmann ist hier. Es ist ein Mord geschehen.«

      Graf Enno winkte den im Hintergrund stehenden Amtmann herein, der nach einer kurzen Verbeugung gleich zur Sache kam: »Euer Gnaden, ein schreckliches Verbrechen ist geschehen. Kaufmann Sanders wurde ermordet in seinem Kontor aufgefunden.«

      »Jakob Sanders?« Graf Enno war sichtlich erschüttert, als der Amtmann mit einem Nicken die Bestätigung gab.

      »Sanders ist einer der wohlhabendsten Kaufmänner in Norden«, raunte Beninga Rimberti zu.

      Lübbert Rimberti nickte. Ihn ging die Sache eigentlich nichts an.

      Kapitel 4

      Lübbert Rimberti bewohnte zusammen mit seinem Schreiber drei Kammern in einem Nebengebäude des Hochgräflichen Hauses am Norder Markt. Das erste der beiden großen Zimmer diente Rimberti als Schreibstube. Ein Arbeitstisch mit Gesetzeswerken, Papier und Schreibgerät für ihn sowie ein kleinerer Tisch für seinen Schreiber waren aufgestellt. Das andere große Zimmer stand Rimberti als Schlafzimmer zur Verfügung, während der Schreiber in der kleineren Kammer untergebracht war. Eine Magd, die die Zimmer sehr sauber hielt, aber schlecht kochte, führte den Haushalt für die beiden.

      Im schwächer werdenden Tageslicht las Rimberti die wenigen Unterlagen, die über den geplanten Verkauf von Hillersum existierten. Die Gesetzesbücher aus der Bibliothek des Grafen lagen stumm und schwer vor ihm. Rimberti wusste, dass es nicht um Recht, sondern um die Durchsetzung von Ansprüchen ging.

      Die Glocken der Stadtkirche St. Andreas läuteten zum Abendgebet. Rimberti erhob sich von seinem harten Stuhl. Er wollte am Abendgottesdienst teilnehmen. Vielleicht würden ihm die Gesänge und Gebete helfen, etwas Abstand zu gewinnen und die Situation mit klarem Verstand zu durchdenken.

      Als er das Haus verließ, folgte ihm jemand. Rimberti drehte sich um und erkannte den Bediensteten des Grafen, den dieser am Nachmittag zum Stalldienst abkommandiert hatte.

      »Soll ich ein gutes Wort für dich einlegen?«, fragte Rimberti ihn. »Morgen treffe ich mit Graf Enno zusammen. Vielleicht kann ich etwas ausrichten.«

      »Das könnt Ihr jetzt schon«, antwortete der Diener verlegen. Man merkte dem groß gewachsenen, an den Schläfen ergrauten Mann an, dass es ihn beschämte, auf die Fürsprache anderer angewiesen zu sein. »Ich bitte Euch, mir ohne Aufsehen zu folgen.«

      Rimberti nickte und folgte dem Diener vorsichtig. »Wie lange bist du schon im Dienst des Grafen?«, fragte er.

      »Seit einem halben Jahr. Ich war vorher Mönch im Kloster Ihlow. Ich wollte frei sein. Nun bin ich von einem Gottesdiener zu einem Menschenknecht geworden.«

      Ennos Bediensteter lotste Rimberti in Richtung Hafen. Dann bog er in eine Lohne, die zum Neueweg führte. Bevor sie die Lohne verließen, schaute der Diener sich um. Weder hier noch auf dem Neueweg war jemand außer ihnen unterwegs. Sie betraten eines der erst vor Kurzem errichteten Häuser in dieser Straße, durch die das Norder Stadtgebiet nach Süden in Richtung Hafen erweitert worden war.

      Rimberti

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