Geschichten aus Baden und dem Elsass. Anton Ottmann
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Herzlichen Gruß
Berthold
Von: Maja-Studio
Datum: 19. Dezember 2008 17:30
An: Berthold Kamuf
Betreff: Weihnachten
Lieber Berthold,
auf dem Foto finde ich dich sympathisch, obwohl du, ehrlich gesagt, schon ein alter Knabe bist! Na ja, Hauptsache man ist im Kopf jung geblieben. Ich bin 34 Jahre alt und habe schon einige Enttäuschungen hinter mir. Gegen ein Treffen an Weihnachten hätte ich nichts. Zu meinen Eltern muss ich auf jeden Fall an Heiligabend, aber an den Feiertagen bin ich frei. Von mir möchte ich eigentlich erst erzählen, wenn wir uns sehen. Anbei ein Foto, damit du wenigstens weißt, mit wem du es zu tun hast.
Herzliche Grüße
Deine Maja
Von: Berthold Kamuf
Datum: 20. Dezember 2008 11:11
An: Maja-Studio
Betreff: Weihnachten
Liebe Maja,
ich bin begeistert. Darf ich dich am ersten Weihnachtstag zum Essen ins Restaurant Schwarz einladen? Hast du schon von dem Sterne-Koch in Heidelberg gehört? Bitte mach mir die Freude!
Herzlichen Gruß
Dein Berthold
Von: Maja-Studio
Datum: 21. Dezember 2008 17:30
An: Berthold Kamuf
Betreff: Betrüger
Herr Kamuf,
ich habe über Sie recherchiert, bitte belästigen Sie mich nicht mehr. Sie sind ein Betrüger. Auf eine weitere Enttäuschung in meinem Leben kann ich verzichten.
Maja Steller
Von: Berthold Kamuf
Datum: 21. Dezember 2008 17:40
An: Maja-Studio
Betreff: letzte Mail
Liebe Maja,
gib mir bitte eine Chance und lass dir erklären. Bestimmt hast du herausbekommen, dass ich noch verheiratet bin. Aber glaube mir, wir leben eigentlich getrennt und wir werden uns in Kürze scheiden lassen. Ich wollte mir die Chancen bei dir nicht verderben, deshalb habe ich diese Notlüge benutzt. Sag mir, wo und wann wir uns treffen können, ich fahre auch hinunter zu dir nach Offenburg, damit ich alles erklären kann.
Bitte, bitte, bitte ...
Dein Berthold
Von: Berthold Kamuf
Datum: 20. März 2009 13:10
An: Maja-Studio
Betreff: Verzweiflung
Liebe Maja,
ich bin ganz verzweifelt, gib doch endlich Antwort. Ich habe schon 5 Briefe und Dutzende von Mails geschrieben, versucht dich anzurufen, du gibst einfach keine Antwort. Findest du das fair? Gib mir noch eine Chance.
Berthold
Von: [email protected]
Datum: 20. März 2009 13:25
Betreff: Failure notice
Ihre Nachricht kann an die angegebene Adresse nicht
übermittelt werden.
Mein Cousin Albert
(1957)
Mein Cousin Albert und ich sind 1945 geboren, er ist allerdings ein halbes Jahr älter als ich, was sich im Laufe unseres Heranwachsens immer wieder bemerkbar machte. Wir haben beide französische Mütter und deutsche Väter, allerdings bin ich im Kraichgau als Deutscher, er in Colmar als Franzose aufgewachsen.
Wenn ich in den Sommerferien mit meiner Mutter zu den Großeltern nach Colmar kam, war Albert mein Spielkamerad, der mich schon früh mit den Mädchen in der Umgebung bekannt machte. Aber wir spielten nicht nur „Dokterles“, sondern warfen und rollten „Stinzer“, wie die „Klicker“ oder „Murmeln“ im Elsass genannt werden, bewunderten die historischen Kanonen im Park bei dem nahe gelegenen Stadion und kauften uns, wenn wir ein paar Sous (Münzen) hatten, Bärendreck, eine kaugummiartige Form von Lakritze. Von ihm erfuhr ich, dass auf der roten Bahn um das Fußballfeld Radrennen stattfinden. Damals zeigte sich schon, dass es für ihn, neben den Mädchen, noch eine Leidenschaft gab: das Radfahren.
Als ich so zwölf Jahre alt war, durfte ich alleine ins Elsass fahren. Albert lebte jetzt in seiner neuen Familie mit einem Stiefvater und drei kleinen Schwestern.
Eines Tages beschlossen wir, mit den Fahrrädern einen Ausflug nach Buhl, einem kleinen Ort am Fuß des elsässischen Belchen, zu machen, um dort unseren Onkel Antoine zu besuchen. Auf dem Heimweg wollten wir dann in Voeglingshofen beim Pfedri, wie der Bruder unseres Großvaters von allen genannt wurde, vorbeifahren. Wir waren morgens spät dran, weil Albert zuerst die Bremsen und Lichter unserer Räder überprüfte. Er reparierte überhaupt gerne, obwohl ich nicht weiß, was es da immer zu reparieren gab. Auf jeden Fall kamen wir gerade rechtzeitig zum Mittagessen nach Buhl. Statt uns zu begrüßen, fragte meine Tante Yolande mit hochrotem Gesicht, wo denn der Rest der Familie sei. Ich hatte ihr nämlich eine Postkarte geschickt, auf der kurz und bündig stand: „Ich bin bei Albert in Ferien, wir kommen am Dienstag zum Mittagessen.“
Nachdem sie sich vom ersten Schock erholt hatte, trug sie auf. Das üppige, dreigängige Menü war für elf Personen gerechnet, mit Onkel, Tante und den beiden Cousinen waren wir aber nur sechs. Albert und ich gaben uns redlich Mühe, trotzdem blieb die Hälfte übrig. Meine Tante, die sich kaum am Tischgespräch beteiligt hatte, warf die Reste wütend in den Mülleimer. Mein zaghafter Hinweis, dass es schade um das schöne Essen sei und man das doch aufwärmen könne, quittierte sie mit der kurz angebundenen Bemerkung, dass sie das letzte Mal für mich gekocht hätte.
Den Onkel konnte das Ganze wie üblich nicht erschüttern. Er war froh, wieder einmal Zuhörer für seine Heldentaten aus dem Krieg zu haben, in dem er das Vaterland mal auf der deutschen, mal auf der französischen Seite verteidigt hatte, allerdings jeweils in der Armeeküche. Sein Lieblingsthema waren die Mädchen, die er dabei kennengelernt hatte. Die Tante brummte dann nur: „Buwe, ihr müsst net alles glüwe.“
Obwohl unser Zeitplan schon