8 Krimis: Killer kennen kein Gebot: Krimi Sammelband 8009. Frank Rehfeld
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Читать онлайн книгу 8 Krimis: Killer kennen kein Gebot: Krimi Sammelband 8009 - Frank Rehfeld страница 15
„Sie haben viel Familiensinn.“
„Man muss sich gegenseitig unterstützen – gerade wenn jemand neu in diese Stadt kommt. Für mich war es damals auch nicht einfach. Aber mein Großcousin Harry hat auf mich aufgepasst.“
„Harry Gonzales?“
„Si. Seine Großeltern waren schon hier in New York und seine Eltern haben ihm bei der Geburt einen Namen gegeben, der besser hier her passt.“
Ich holte ein Foto von Harry Gonzales hervor, um mich zu vergewissern, schließlich gab es allein New York vermutlich mehrere hundert Personen mit genau dieser Namenskombination. „Wir sprechen von diesem Mann hier, ja?“
Sie sah sich das Foto an, bei dem erkennbar war, dass es bei einer Verhaftung aufgenommen worden war. Ihr Blick wurde ernst.
„Tía Donata! Quiero beber!“, quengelte einer der Jungs.
„Du kannst gleich was trinken“, murmelte Donata Rivelli Gonzales und dabei bemerkte sie nicht einmal, dass sie Englisch sprach und der Junge sie gar nicht verstehen konnte. Sie ließ sich in einen der Wohnzimmersessel fallen.
Ihr Gesicht wirke kreideweiß.
„Was hat er getan? Warum wurde er verhaftet?“
„Das Bild ist schon älter und er wurde damals wegen eines Drogendelikts festgenommen. Im Augenblick suchen wir ihn als Zeugen in einem Mordfall.“
„Mord? Was hat Harry damit zu tun?“
„Ich sagte, wir suchen ihn als Zeugen, um mit ihm zu sprechen“, wiederholte ich, als ich merkte, dass meine Gesprächspartnerin mich offenbar missverstanden hatte.
Sie schluckte.
„Am zwölften dieses Monats um halb drei Uhr in der Nacht hat jemand von Ihrem Telefon aus in einem NYPD-Revier in Queens angerufen. War Harry zu dieser Zeit hier bei Ihnen?“
„Ja. Ich habe aber von dem Anruf nichts bemerkt. Warum er ausgerechnet mitten in der Nacht die Polizei verständigt hat, weiß ich nicht.“
„Wir nehmen an, dass er sich mit Lieutenant Brian O’Rourke treffen wollte.“
„Harry war für ein paar Tage hier. Ein paar üble Typen sind hinter ihm her. Aber es ist besser, wenn ich nicht darüber rede…“
„Sie sollten darüber reden!“, forderte ich.
Sie zögerte.
„Harry war also hier“, wiederholte Milo. „Wissen Sie, ob er nach dem Anruf das Haus verlassen hat?“
„Ich habe geschlafen und nichts mitbekommen. Aber als er am Morgen hier auftauchte, wusste ich, dass er nachts unterwegs gewesen war.“ Sie seufzte. „Madre de Dios y Jesús Christo! So oft habe ich ihm gesagt, er soll sich an die Polizei wenden. Das hat er dann ja wohl getan.“
„Der Kollege wurde am vermutlichen Treffpunkt erschossen“, stellte ich klar. „Und jetzt sagen Sie uns bitte, weshalb Harry die Polizei verständigen sollte!“
„Wegen den ‚Matadores’. Das war seine Gang. Es ging um Drogen und üble Geschäfte, drüben in der Bronx. Harry ist dort aufgewachsen und schon früh auf die schiefe Bahn gekommen.“ Sie blickte auf. „Diese Bastardos denken, dass Harry sie verraten hat! Dabei hat er Ehre und würde so etwas nie tun! Deswegen haben sie Harrys Mutter, seinen Vater und seine Schwester erschossen! Und ihn werden sie sich auch irgendwann holen, haben sie ihm angekündigt. Wenn er genug gelitten hätte…“
Nicht einmal Donata gegenüber, die ihm Unterschlupf gewährte, hatte Harry Dominguez offenbar zugegeben, dass er ein Polizeispitzel gewesen war!
Ich verzichtete darauf, es zu erwähnen. Schließlich war nicht abschätzbar, an wen Donata die Informationen – auch unbeabsichtigt – weiter gab – und das konnte für Harry Dominguez schließlich lebensgefährlich werden.
„Wissen Sie, wo Harry jetzt ist?“, fragte ich.
„Nein. Keine Ahnung. Seitdem die ‚Matadores’ ihn bedrohen, schläft er alle paar Tage irgendwo anders. Ich sagte ihm, die Polizei würde ihm helfen. Aber das wollte er nicht glauben.“
„Hat er irgendwann mal die Namen O’Rourke oder McKenzie erwähnt?“
„Nein. Aber er sagte einmal, dass er die Sache vielleicht bald bereinigen und seine Ehre bei den ‚Matadores’ zurückgewinnen könnte.“
„Was hat er damit gemeint?“
„Das habe ich ihn auch gefragt, aber darauf hat er mir nicht geantwortet.“
21
„Gonzales will seine Ehre bei den ‚Matadores’ zurückgewinnen?“, fragte Milo völlig fassungslos, als wir im Sportwagen saßen und auf dem Weg zum Club ‚El Abraxas’ in der Bronx waren. „Das ist doch nicht zu glauben! Wenn er wirklich denkt, dass diese Leute seine Familie ermordet haben, dann…“
„Vielleicht will er einfach nur überleben und nicht auf Dauer ein Gejagter sein“, unterbrach ich Milo.
„Was soll das heißen? Er bringt O’Rourke um und wäscht sich damit rein?“
„Keine Ahnung. Wir wissen noch zu wenig, Milo. Das Einzige, was jetzt wohl feststeht ist, dass Gonzales kurz vor Brian O’Rourkes Dienstschluss noch mit ihm telefoniert hat. Ob sie sich dabei an der Pier vor Fredo’s Fish Bar verabredet haben, ist schon Spekulation.“
„Trotzdem habe ich das Gefühl, dieser Gonzales ist die Schlüsselfigur in dem ganzen Fall.“
„Wenn wir morgen mit Lieutenant McKenzie sprechen, wissen wir vielleicht besser Bescheid.“
Milo lachte heiser. „Glaubst du, der hält diesmal seinen Termin ein? Ich wette, der will gar nicht mit uns sprechen und das Ganze war eine Ausrede!“
„Er ist selber Cop und weiß, dass er sich letztlich nicht vor einer Vernehmung drücken kann“, widersprach ich.
„Du glaubst auch noch an das Gute im Menschen, Jesse!“
„Du nicht?“
„Sicher. Sonst könnte ich diesen Job nicht machen. Aber, ob ich an das Gute in Lieutenant McKenzie und seinen Kollegen O’Rourke und Atkins glauben soll, weiß ich noch nicht so recht!“
22
„Wie lange wirst du bleiben, Harry?“
„Nur ein paar Tage, Eddie! Bis sich der Ärger gelegt hat, in den ich hineingeraten bin.“
Harry Gonzales stellte seine Sporttasche auf den Boden und blickte sich kurz um. Er trat zum Fenster. Aus Eddie Vincentes Wohnung im fünften Stock hatte man einen Blick bis zur Subway Station DeKalb Street, Brooklyn. Harry