Wie Deutschland gespalten wurde. Ulrich Heyden
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Kurt Müller, seit 1948 stellvertretender KPD-Vorsitzender in Westdeutschland, war sechs Jahre Gefangener im Zuchthaus Kassel und danach im KZ Sachsenhausen.
Harry Naujoks, 1946 Vorsitzender der KPD Hamburg, war von 1933 bis 1945 Häftling in verschiedenen Konzentrationslagern.
Wilhelm Prinz, von 1949 bis 1951 Landesvorsitzender der KPD Hamburg, war ab 1941 Häftling im KZ Sachsenhausen.
Erich Otto Hoffman, von 1945 bis 1950 Chefredakteur des KPD-Organs „Hamburger Volkszeitung“, war drei Jahre in Konzentrationslagern eingekerkert, zuletzt in Buchenwald.
Einfluss in Betrieben
Die KPD in Westdeutschland war keine reine Parlamentspartei. Sie hatte auch starke Organisationen in Betrieben und Stadtteilen. In den westdeutschen Betrieben hatte die KPD in den unmittelbaren Nachkriegsjahren erheblichen Einfluss. 1947 beteiligten sich Kommunisten führend an Demonstrationen und Streiks gegen Hunger und schlechte Versorgung. Am Arbeitsplatz wog das persönliche Verhalten der Kommunisten mehr, als die Frage, wie stehst du zur Sowjetunion?
1946 waren die Betriebsräte der drei großen Hamburger Werften - Blohm & Voss, Deutsche Werft, Howaldtswerke - sowie der beiden mittelgroßen Werften - Norderwerft und Stülckenwerft - mehrheitlich Mitglieder der KPD.4 Im westdeutschen Bergbau waren Ende 1946 38 Prozent der Betriebsräte Mitglieder der KPD.5
Die Kommunisten in Westdeutschland hatten in den ersten zwei Nachkriegsjahren beachtliche Erfolge bei Wahlen und bei der Gewinnung von Mitgliedern. Der Faschismus war zerschlagen. Der Krieg hatte ungeheure Verwüstungen und soziales Elend angerichtet. Die Sowjetunion forderte zwar Reparationen aus Ostdeutschland. Aber viele Deutsche verstanden, dass der Krieg von deutschem Boden ausgegangen war und man froh sein konnte, dass dieser Krieg, der viele deutsche Städte in eine Trümmerwüste verwandelt hatte, beendet war.
Eine neue Ideologie gab es in Westdeutschland noch nicht. Die Mitläufer der NSDAP mussten sich politisch neu orientieren. In diese Lücke stieß die KPD mit ihrem Programm zu einem Aufbau eines friedlichen, demokratischen Deutschlands. Bis 1947 war die Partei - außer in Schleswig-Holstein - in allen westdeutschen Landesparlamenten vertreten. Die KPD stellte auch Minister und Senatoren in mehreren Landesregierungen.
Max Reimann, Vorsitzender der KPD, beim Eintreffen auf dem
3. Parteitag der SED am 20. Juli 1950, Bundesarchiv
In Niedersachsen war das KPD-Mitglied Karl Abel in den Jahren 1946 bis 1948 Minister für Gesundheit und Minister ohne Geschäftsbereich.
In Bremen wurden 1945 zwei KPD-Mitglieder zu Senatoren ernannt. Herrmann Wolters wurde Senator für Ernährung und Arbeitseinsätze, Adolf Ehlers Senator für Wohlfahrt. Nach dem Übertritt der beiden Politiker in die SPD, bekamen 1946 zwei andere KPD-Mitglieder Senatoren-Posten. Die KPD-Mitglieder Käthe Popall und Albert Häusler wurden Senatoren für Gesundheit sowie Wohnraumbeschaffung und Brennstoffbeschaffung.
Auch in Hamburg waren 1945/46 zwei Senatoren Mitglieder der KPD. Friedrich Dettmann war Senator für Gesundheit und Franz Heitgres Senator für Flüchtlingsfürsorge und Wiedergutmachung.
Hochburg an der Elbe
Hamburg war vor und nach dem Hitler-Faschismus eine Hochburg der KPD. Im April 1932, bei den letzten freien Bürgerschaftswahlen vor dem Machtantritt der Nazis, bekam die KPD in der Hansestadt 15 Prozent der Stimmen. Bei der ersten Bürgerschaftswahl nach der Befreiung vom Faschismus, im Oktober 1946, erhielt die KPD in Hamburg 10,4 Prozent der Stimmen.
Doch der 1947 beginnende Kalte Krieg zwischen den Westmächten und der Sowjetunion vergiftete das innenpolitische Klima in den Westzonen. Bei der Hamburger Bürgerschaftswahl im Oktober 1949 sank das Wahlergebnis der Kommunisten auf 7,4 Prozent und bei den Bürgerschaftswahlen im November 1953 auf 3,2 Prozent der Stimmen.
Die Zeit von Faschismus und Krieg war für die KPD ein scharfer Einschnitt. 1933 hatte die Partei im Gebiet der späteren Westzonen 150.000 Mitglieder. Nach dem Zweiten Weltkrieg schlossen sich in Westdeutschland etwa die Hälfte dieser Mitglieder wieder der KPD an. Bis zum September 1947 konnte die KPD ihre Mitgliedschaft in den Westzonen nach eigenen Angaben auf 324.000 Mitglieder mehr als vervierfachen.6
Neue Verfolgung
Doch ab 1947 sank der Einfluss der KPD kontinuierlich. Während die Partei bei den ersten Bundestagswahlen im August 1949 5,7 Prozent der Stimmen bekam - 1,3 Millionen Wähler hatten für die Kommunisten gestimmt –, stimmten bei der Bundestagswahl 1953 nur noch 2,2 Prozent der Wähler für die Kommunisten.
Von Seiten der Militärverwaltungen in den westlichen Besatzungszonen, der sich neu bildenden westdeutschen Verwaltungen sowie von Seiten der Gewerkschaftsführer waren KPD-Mitglieder zunehmend Repressionen ausgesetzt.
Im November 1951 stellte die Bundesregierung einen Verbotsantrag gegen die KPD. Der Antrag wurde begründet mit der KPD-Parole vom „aktiven Widerstand“ gegen die Remilitarisierung Westdeutschlands.
Am 17. August 1956 wurde die KPD dann vom Bundesverfassungsgericht verboten. Zum Zeitpunkt ihres Verbots war die KPD noch in den Landesparlamenten von Niedersachsen, Bremen und dem Saarland vertreten. Deutsche Gerichte nahmen 125.000 Ermittlungen gegen KPD-Mitglieder auf. 7.000 Personen wurden verurteilt.
Austritte und Ausschlüsse
Nicht nur die Verhärtung des außen- und innenpolitischen Klimas, auch eine innerparteiliche Verhärtung schwächte die KPD. In Bremen traten die beiden Senator Wolters und Ehlers zur SPD über. Sie kritisierten die KPD für eine nicht entschiedene sozialistische Politik und die Abhängigkeit der SED von der Sowjetunion.7
In Bayern trat Heinrich Schmitt, Minister für besondere Aufgaben, aus der KPD aus.
Die zwischen 1949 bis 1952 durchgeführten „Säuberungen“ in der KPD haben tiefe Spuren hinterlassen. Gegen die Bremer Sozialsenatorin Käthe Popall eröffnete die KPD 1952 ein Ausschlussverfahren, welches aber wegen dem Widerstand der Parteibasis nicht zum Vollzug kam.8
Der bekannteste Fall der Partei-„Säuberungen“ sind die Maßnahmen gegen den stellvertretenden KPD-Vorsitzende Kurt Müller. Er wurde 1950 von einem Beauftragten der SED nach Ost-Berlin geholt und dort verhaftet. Nach fünfjähriger Haft in der DDR und der Sowjetunion kehrte Müller nach Westdeutschland zurück. Er trat in die SPD ein und wurde Mitarbeiter der Friedrich-Ebert-Stiftung.
„Besonderer deutscher Weg zum Sozialismus“
Die Politik der KPD bewegte sich bis 1947 in dem vom Potsdamer Abkommen gesteckten Rahmen. Die Partei forderte nicht den sofortigen Übergang zum Sozialismus, sondern beschränkte sich auf demokratische Forderungen wie die Entnazifizierung und die Zerschlagung der Monopole. Es gab in der KPD-Führung die Hoffnung, man könne die Großbetriebe nach einer Entnazifizierung gemäß dem Potsdamer Abkommen zum Teil einer friedlichen Wirtschaft machen.
Die ostdeutsche SED und die westdeutsche KPD arbeiteten bis 1947 noch mit dem gleichen strategischen Ziel. Der SED-Theoretiker Anton Ackermann hatte im Februar 1946 die These vom „besonderen deutschen Weg zum Sozialismus“ vorgestellt und damit eine Beschränkung der KPD-Politik auf antifaschistische und demokratische Forderungen theoretisch begründet.