Isola Mortale. Giulia Conti

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Isola Mortale - Giulia Conti

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nasse Haare rochen sumpfig, als sie den Neoprenanzug abstreifte und sich mit ihrem kalten Körper an Simon drückte. Zum Schein protestierte er, und sie löste sich sofort von ihm, griff zu ihrem Bademantel, dann zum Cappuccino, den er für sie zubereitet hatte, und nahm sich eine mit Schokolade gefüllte Brioche. »Was machen wir heute?«, fragte sie gut gelaunt und biss kräftig zu. Mit dem halb aufgegessenen Gebäck noch in der Hand schlang sie ihre Arme um ihn und küsste ihn. Er strich ihr die feuchten Haare aus dem Gesicht und leckte einen Rest Schokolade von den Lippen. Sie ließ ihre Brioche einfach fallen, zog ihn noch näher an sich. Eng umschlungen bewegten sie sich auf den Wohnraum zu, ließen sich auf das große Sofa fallen, und Luisa streifte ihren Bademantel ab. Aber noch bevor auch Simon aus seinen Kleidern war, meldete sich sein Handy. Einen Moment zögerte er, dann ging er doch ran. Carla.

      »Buongiorno, Simone, ich störe wohl?« Carla Moretti schien einen siebten Sinn dafür zu haben, dass ihre Anrufe im falschen Moment kamen.

      »Nein, natürlich nicht«, log Simon.

      »Könnten Sie vielleicht nach Omegna kommen?«

      »Wegen der Nonne, oder worum geht es?«

      »Ja, wegen der Nonne. Es steht jetzt fest, dass sie ermordet wurde. Und sie ist tatsächlich eine Deutsche. Sie hat im Kloster auf der Insel gelebt. Da muss ich gleich hin, und es wäre eine große Hilfe, wenn Sie mich dorthin begleiten würden.«

      Simon sah zu Luisa, die schnell begriffen hatte und schon wieder im Bademantel war. Er warf ihr ein entschuldigendes Lächeln zu. »Va bene«, antwortete er dann, »ich komme mit. Wo treffen wir uns?«

      »In einer halben Stunde? In der Piccolo Bar? Schaffen Sie das? Wir könnten da noch einen Espresso trinken und dann fahren wir zusammen mit dem Polizeiboot auf die Insel.«

      »Geben Sie mir noch zehn Minuten mehr, dann bin ich da.«

      Simon holte seine Autoschlüssel, kehrte auf die Terrasse zurück, um sich von Luisa zu verabschieden, aber sie stand schon unter der heißen Dusche. Er ging in das dampfende Bad, wollte den Kopf zu ihr stecken, aber sie seifte sich weiter ein und wehrte ihn ab. Dann drehte sie plötzlich den Duschkopf ein Stück in seine Richtung, als ob sie gleich mit dem Strahl der Brause auf ihn zielen würde. Simon duckte sich weg, kam dann lächelnd wieder hoch. »Ich beeile mich, bin bald wieder zurück«, sagte er zärtlich und machte sich auf den Weg.

      4

      Carla saß schon in der Bar, als Simon ankam. Sie erwartete ihn an einem Fenstertisch in ihrer dunkelblauen, gut geschnittenen Uniform, in der sie noch schmaler wirkte, als sie ohnehin war, einen Espresso und eine Flasche Wasser vor sich. »Buongiorno Simone, danke, dass Sie sofort gekommen sind. Ich hoffe, Sie hatten nichts Wichtigeres vor?«

      Simon würde Carla nicht von Luisa erzählen, die Polizistin wusste von ihr und die beiden Frauen waren sich schon einige Male begegnet. Aber dass Luisa in Ronco war, behielt er lieber für sich, auch wenn das ein kleiner Verrat an ihr war. »Nein, nein, das ist schon in Ordnung«, sagte er. »Was haben Sie denn schon herausbekommen? Die Nonne vom Strand ist also tatsächlich eine Deutsche?«

      »Ja, wir mussten gar nicht lange suchen, das Kloster hatte sie schon als vermisst gemeldet. Sie hieß dort Suor Teresa, aber mit richtigem Namen Leonie Hofmann. Und sie war erst seit ein paar Monaten auf der Insel.«

      »Und wo war sie vorher?«

      »In Bayern, auch bei den Benediktinerinnen. Aber ursprünglich kommt sie aus München. Sie ist gerade mal zwanzig Jahre alt geworden.«

      Carla unterbrach sich, trank einen Schluck Wasser. Simon fragte sich, ob der Tod der jungen Frau die Polizistin berührte. Bei ihr wusste man das nie so genau. Ganz anders als seine gefühlsbetonte, extrovertierte Luisa, behielt Carla ihre Empfindungen stets für sich, sprach fast nie von sich, ließ nichts von dem heraus, was in ihrem Inneren vorging. Sie nahm noch einen Schluck Espresso, schaute Simon an, und als er schwieg, fuhr sie fort. »Sie ist jedenfalls ermordet worden, das steht jetzt wie gesagt fest, mit einem Schlag auf den Hinterkopf. Wie schon vermutet, muss die Tatwaffe tatsächlich ein flacher Holzgegenstand gewesen sein, sagt die Gerichtsmedizin.«

      »Und wann?«

      »Wie es aussieht, am Abend vorher. Als sie gestern Morgen gefunden wurde, war sie etwa zehn bis zwölf Stunden tot. Außer der Wunde am Kopf gibt es noch ein paar Spuren von Gewalt an ihrem Körper, nichts besonders Auffälliges, ein paar blaue Flecke. Es sieht so aus, als ob jemand sie geschlagen hat. Und sie war übrigens noch Jungfrau.«

      »Und was ist mit DNA-Spuren?«

      »Das Ergebnis steht noch aus. Aber mit etwas Glück könnten wir noch etwas finden. Im Wasser war sie maximal ein bis zwei Stunden, das reicht nicht, um alle Spuren abzuwaschen.«

      »Und das Boot?«

      »Sie war damit unterwegs, das steht fest, aber da bleibt trotzdem eine Unklarheit, wir können nur vermuten, was passiert ist. Vielleicht hat der Täter«, Carla machte eine kleine Pause, »oder die Täterin, denn es könnte natürlich auch eine Frau gewesen sein – also vielleicht hat diese Person sie da hineingelegt und auf den See hinausbefördert. Und irgendwann ist sie bei dem Wellengang gekentert und im Wasser gelandet. Um sechs Uhr morgens haben wir sie dann ja an dem Strand gefunden.«

      »Wie eigentlich?«

      »Ein Mann, der dort schon frühmorgens immer seinen Hund ausführt, hat sie entdeckt und uns alarmiert. Der hat dort direkt neben dem Strand ein Haus. Stefano hat mit ihm gesprochen, der Mann ist vollkommen unverdächtig.«

      »Und wem gehört das Boot, wissen Sie das schon?«

      »Auch einem Deutschen. Das war ja anhand der Immatrikulationsplakette leicht herauszubekommen. Stefano hat auch mit dem schon gesprochen, also telefoniert, und der Mann hat bestätigt, dass es sein Boot ist. Er kommt übrigens auch aus München und hat ein Haus auf der Insel. Vielleicht ist das ja kein Zufall und er kannte die Tote womöglich. Könnte also mit der Sache etwas zu tun haben.«

      »Und wo ist er zurzeit?«

      »Auf der Insel, den will ich mir nachher natürlich mal genauer ansehen. Wir schauen bei ihm vorbei, nachdem wir im Kloster waren. Stefano sagt, dass er nicht gerade perfekt Italienisch spricht. Also gut, dass Sie dabei sind, das ist ja quasi ein Landsmann von Ihnen.« Sie sah Simon lächelnd an. »Auch wenn Sie ja ein halber Italiener sind, wenn nicht inzwischen sogar ein ganzer …«

      War das ein Kompliment? Simon war sich nicht ganz sicher.

      Carla schaute auf die Uhr. »Wir müssen los. Ich habe ein Treffen mit der Äbtissin des Klosters vereinbart, und die wird vermutlich nicht ewig auf uns warten«, sagte sie und erhob sich schon. »Stefano erwartet uns mit dem Boot am Hafen und bringt uns rüber auf die Insel.«

      Wie überall weihnachtete es auch in Omegna heftig. Ein Christbaum auf einer Plattform mitten im Wasser streckte sich hoch in den Himmel, dicht an dicht geschmückt mit roten und silbernen Leuchtkugeln, die bei Dunkelheit in hellem Glanz erstrahlen würden. Auch die Uferpromenade war lichterbehangen. Zur Ortsmitte hin mündete sie auf einen baumbestandenen Platz, wo donnerstags immer der Markt stattfand und zu dieser Jahreszeit eine Eisbahn aufgebaut war, auf der sich Mädchen und Jungen drängten und ihre Runden drehten, ganz Kleine und Größere, die einen noch wackelig auf den Kufen, die anderen schwungvoll und ein bisschen großspurig.

      Das Polizeiboot lag nicht weit entfernt an einem

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