terrane Manifestationen. Klaus Paschenda

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу terrane Manifestationen - Klaus Paschenda страница 8

terrane Manifestationen - Klaus Paschenda

Скачать книгу

mit zunehmender Komplexität von Materie, Energie, Information beobachtbar. Zwar galten die vorab aufgetretenen Gesetze weiterhin, doch je enger oder komplexer die Gültigkeitsbereiche wurden, desto weniger hart waren die dazugehörigen Gesetze. Vom Menschen für Menschen gemachte Gesetze waren ziemlich weich.

      Eine denkbare Erweiterung dieses Schema hatte Daphne oft angedacht. Links oben bot sich an, allgemein von Intelligenzen zu sprechen. Vermutlich wären die Gesetze der Intelligenzen noch weicher als die der menschlichen Gesellschaften. Stände nach weiteren Schritten am Ende der Kette Gott, würde für diesen kein Gesetz mehr gelten. Nach klassischer Lehrmeinung war Gott allmächtig. Er wäre das Unendlich der vertikalen Achse.

      Daphne stand nachdenklich vor ihrer Grafik: ‚Mein Kopf ist zu klein. Ist das ein sinnvoller Ansatz? Und der Tisch? Wie existierte der Tisch? Da nutzt mir auch der eingezeichnete Pfeil nichts.‘

      Das Problem wollte sich nicht lösen lassen.

      ‚Wo ist hier das Unbekannte, die neue Theorie? Was wussten diese jungen Wilden, was der Rest der Physiker dieser Welt nicht wusste? Welche neuen Gesetze oder Lücken in alten Gesetzen waren gefunden worden?‘

      Im Grunde kam sie nicht weiter. Ihre Anfrage bei den hausinternen Experten zur Vorbereitung der Verhandlungen hatte seinerzeit keinerlei Hinweise ergeben. Wenn ihr nichts einfiel, blieb noch der Versuch von Beschattung und Spionage, was sie grundsätzlich ablehnte.

      ‚Aber einfach direkt fragen, was ein Tisch ist, war einen Versuch wert.‘

      17 Montesquieu, Charles de Secondat: Vom Geist der Gesetze, hrsg. von Forsthoff, Ernst: Tübingen, 1951, 1. Bd. S. 212-215 gekürzt

      18 Die sogenannte Quantengravitation ist eine physikalische Theorie, in der die allgemeine Relativitätstheorie mit der Quantenphysik verbunden wird. Damit wären alle Naturkräfte mit einer Theorie dargestellt. Bisher existiert sie nur in Ansätzen.

      19 Schrödingers Katze bezeichnet ein Gedankenexperiment, welches sich auf Elementarteilchen bezieht. Erst durch Nachmessen wird feststellbar, in welchem Zustand das Teilchen ist. Vorher kann es formal gleichzeitig mehrere Zustände haben. Übertragen auf die Katze könnte diese gleichzeitig tot und lebendig sein, solange niemand hinschaut.

      7 IOP

      Seit der Demonstration im Schwarzwald waren einige Monate ins Land gezogen. So gab es jetzt ein IOP. Um nach außen unauffällig zu bleiben, hatte die Gruppe dieses Institut gegründet. Firmiert wurde mit IOP, Division Laser. Bewusst hatten sie nirgendwo hinterlegt, wofür IOP stand. Intern war es IOP = Institute Of everything starting with P: Power, Photons, Physics, Psychology, Problems, Philosophy. Der Hinweis auf Laser war sinnvoll, da sich das Patent des Zero-Time-Transmitters in die Anwendung von Lasertechnik einordnen ließ. Nach außen schien das IOP damit unauffällig. Ein Briefkastenbüro in Toronto diente als primäre Anlaufstelle für den Geschäftskram. Für die Gruppe waren das die in einer Geschäftswelt notwendigen Adminstrivialiäten.

      Als eigentlichen Sitz des Instituts hatten sie das günstig erworbene, ehemalige Atomkraftwerk in Fessenheim gewählt. Die Reaktoren waren längst rückgebaut. In den peripheren Gebäuden, insbesondere in der großen Halle, die seinerzeit zur Entsorgung diente, war genügend Platz, um umfangreiche Technik unterzubringen. Besonders wichtig war ihnen die energetische Anbindung an das europäische Stromnetz. Dafür war ein ehemaliges Kraftwerk eine optimale Voraussetzung.

      Ebenfalls übernommen hatten sie den Wachdienst. Für den war es nichts Ungewöhnliches, Technik zu schützen, deren Funktion nicht bekannt war. Werkstätten, Roboterstützpunkte, solide Informationstechnik und ein paar hoch abgeschirmte Experimentalräume waren eingebaut worden. Meist agierten dort nur ferngesteuerte Robots.

      La Ferme selbst hatte kein Firmenschild erhalten. Dieses alte Gehöft sollte ihre Hauptarbeitsstätte und zugleich ihre Zuflucht bleiben. Dort spielte sich das Leben ab.

      Gerade brüllte Pierre mit einer Stimme, die jedem Brigade-General zur Ehre gereicht hätte: „Kommt mal alle zu mir.“

      Marie, Geniè, Maxim und Lodo tauchten aus verschiedenen-Zimmern auf. Wie alle anderen Arbeitsräume auch war Pierres Kommandozentrum an Wänden und Decke mit Screens gepflastert. In einer Ecke stapelten sich die Verpackungen von Geräten sowie weiterem Zubehör. Zur Steuerung der Robots nutzte Pierre gerne Handschuhe. Da hatte man was, zwar nicht direkt, aber doch fühlbar, an der Hand. Nur ein altbraunes Bücherregal aus dem vorletzten Jahrhundert verwies auf vergangene Zeiten.

      Pierre saß in seinem geliebten Eames Lounge Chair.20 Seine Besucher ließen sich auf dem ausladenden Unterteil des Bücherregals nieder.

      „Also“, begann Pierre, „wir haben vor Kurzem die alten Leitungen vom AKW Fessenheim restaurieren lassen und nach Voranmeldung dürfen wir das Netz der EDF21 belasten bis die Leitungen glühen. Technisch ausgedrückt können wir maximal 2 GW abrufen. Das entspricht der Versorgung von circa 35.000 Haushalten. Und jetzt schaut euch unseren MF_02 an, also die zweite Variante eines Manifestors. Derzeit fließen unter Berücksichtigung der Wandlerverluste um die 1,5 GW hinein. Den Raumbereich gemäß hiesigen Dimensionen habe ich auf einen Kubikdezimeter beschränkt. Nach klassischer Auffassung sollte wegen der Energiedichte dort die Hölle toben, aber nix. Da verschwinden 1,5 GW!“

      „Dass ihr Physiker immer so einen Wind macht, ich hab’s euch vorgerechnet. Mit der neuen Technik kann Energie in eine andere Welt geschickt werden. Und es beweist, dass die Hinweise aus Wien korrekt waren. Gebt mir lieber ein paar experimentelle Eckpunkte aus der Technik. Da sind noch viele Unbekannte im System. Ich krieg die Struktur nicht zusammen“, maulte Marie.

      Sie fuhr fort: „Außerdem ist mir bei der Sache unwohl. Was ist da am anderen Ende? Da, wo die Energie ankommt? Wir müssen mehr wissen.“

      „Marie, lass uns unseren Wind!“, kam es von Pierre zurück, „wir wissen: Entweder hast du Recht oder machst uns an, weil wir nicht nachkommen, doch wir mögen dich trotzdem.“

      Geniè hakte nach: „Was ist eigentlich mit dem so unumstößlichen Energieerhaltungssatz, den ihr Physiker immer anbetet? Was bitte, wird aus den 1,5 GW? Das ist die Leistung von rund 200 Lokomotiven.“

      Aber die Physiker hörten nicht zu. Aus Lodovico klang ein wenig der Ingenieur: „Kannst du das Zielvolumen um den Faktor Tausend verkleinern?“

      Pierre antwortete: „Nicht ganz, die Wandleraustritte sind zu groß. Auch fürchte ich um die Platinringe an den Auslässen. Wir können mal schauen, wann das System bricht. Aber wenn die von der EDF wegen der Netzspitze meckern, ist das deine Sache.“

      „Hab ich dir noch gar nicht gesagt, derartige Spitzen werden jetzt in den Nebenkanal des Kühlwassers abgeleitet. Bei der Energiemenge wird eine kräftige Dampfwolke entstehen“, merkte Lodo an.

      Pierre positionierte die Kameras für den Deckenscreen nach. Langsam reduzierte er das Volumen. Die Energie verschwand nach wie vor. Plötzlich war der Raum von dem weißen Deckenscreen in hellstes Licht getaucht. Da war mehr Wasser verdampft als erwartet. Lodos Ableiter schienen zu funktionieren. Die in Fessenheim würden wahrscheinlich wieder die Feuerwehr wegen der plötzlichen weißen Wolken verrückt machen. „Ich telefonier mal eben“, meinte Lodo und verschwand. Die Dampfwolke war ja auf seine Initiative erzeugt worden. So musste er die Sache wieder klar ziehen.

      Geniè fasste sachlich zusammen: „Offensichtlich könnt ihr Energie verschwinden lassen. Da müsst ihr mir und dem Rest der Welt einiges erklären. Wir wissen: Der Weg funktioniert grundsätzlich. Marie kann das in Ansätzen berechnen. Pierre liefert die experimentelle

Скачать книгу