Chronisches Erschöpfungssyndrom - Heilung ist eine Option!. Gwendolin Reinicke
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Definition
Seit 1969 wird ME/CFS von der World Health Organisation (WHO) als neuroimmunologische Multisystemerkrankung anerkannt. Dies ist eine große Entlastung für alle Betroffenen, denn es verringert die Fehlinterpretation und Fehldiagnostik des Zustandes als psychische Erkrankung. Die Symptomatik erstreckt sich über eine riesige Bandbreite von Empfindungen und kann von Person zu Person variieren.
Der Zustand bringt eine starke körperliche und kognitive Erschöpfung bzw. Beeinträchtigung mit sich. Auch der Schweregrad ist von Person zu Person unterschiedlich und kann sich im Krankheitsverlauf einer Person verändern.
Die Symptomatik muss mindestens sechs Monate Bestand haben, um diagnostiziert zu werden.
Diagnosekriterien
- 6 Monate anhaltende Symptome
- bleierne Erschöpfung
- Post Exertional Malaise (PEM) (Verschlimmerung nach Anstrengung)
- Symptome des zentralen Nervensystems
- immunologische Symptome
- neurologische/neurokognitive Symptome
- nicht erholsamer Schlaf
- orthostatische Intoleranz (Unfähigkeit des Blutdruckes, sich anzupassen)
- Schmerzen
Schweregrade
Leicht: 50-prozentige Verminderung des Aktivitätsniveaus
Moderat: meist ans Haus gefesselt
Schwer: meist ans Bett gefesselt
Sehr schwer: vollständig ans Bett gefesselt und bei grundlegenden
Tätigkeiten auf Hilfe angewiesen
Prävalenz
Weltweit sind mindestens 17 Millionen Menschen von ME/CFS betroffen. Damit tritt die Krankheit häufiger auf als Aids und ist nicht so selten, wie man vielleicht denken würde. Dennoch haben in Deutschland die wenigsten davon gehört.
Schätzungen zufolge sind in Deutschland in etwa 300.000 Menschen betroffen. Laut der staatlichen US-Behörde für Krankheit und Prävention (CDC) sind in den USA über 4 Millionen Menschen betroffen. Da CFS wie gesagt leider oft falsch oder gar nicht diagnostiziert wird, wird die Dunkelziffer wohl weit über den aufgenommenen Fällen liegen. Vom asiatischen und afrikanischen Raum sind mir bisher keine Daten bekannt, wahrscheinlich weil auch dort die Existenz von ME/CFS noch nicht bekannt und eventuell mit einer psychischen Erkrankung fehldiagnostiziert wird. FATAL für die Betroffenen.
Verteilung
ME/CFS kann jeden Menschen jeden Alters und in jeder Lebenslage treffen. Dabei gibt es aber ein deutliches Hoch in den Altersphasen zwischen 10 und 20 Jahren und 30 und 40 Jahren. Vielleicht hängt dies auch damit zusammen, dass in genau dieser Zeit sehr oft ein Wandel stattfindet und der Körper anfälliger für Ungereimtheiten ist. Frauen sind deutlich häufiger betroffen als Männer. Woran das liegt? Keine Ahnung. Meine Spekulation: Es hat etwas mit der Stressverarbeitung zu tun.
Puh, ich merke, dass ich mit dem Schreiben immer wieder unterbrechen muss, weil dieses Kapitel alte Empfindungen triggert. Krass!
Krankheitslast
Egal mit welchem Schweregrad man zu kämpfen hat, CFS beeinflusst die Lebensqualität enorm. Auf der Website www.mecfs.de findet ihr im Verzeichnis unter „Daten und Fakten“ ein Balkendiagramm aus einer dänischen Studie1, in der ME/CFS mit 20 anderen Krankheiten verglichen wurde um die Krankheitslast besser einschätzen zu können. Auf dem Diagramm ist deutlich zu erkennen, dass die Lebensqualität eines CFSlers im Durchschnitt über 50% sinkt. Die sogenannte „health-related quality of life“ (HRQOL), zu deutsch „gesundheitsbezogene Lebensqualität“, ist laut Studie beträchtlich geringer als der Bevölkerungsdurchschnitt und die niedrigste aller in der Studie verglichenen Krankheiten. Auch von der Deutschen Gesellschaft für ME/CFS wird CFS als Erkrankung mit der niedrigsten Lebensqualität überhaupt beschrieben.
Natürlich gehört die Lebensqualität zur Kategorie subjektive Empfindungen, aber meiner Meinung und Erfahrung nach kann diese bei CFS bis zu 100% sinken. Wenn du in einem abgedunkeltem Raum liegst, nicht reden, nicht essen kannst, geschweige denn dich bewegen, was bleibt denn dann noch von dir übrig? Zum Glück sind nicht alle CFSler derart eingeschränkt, aber selbst wenn man in der Lage ist, sich zu bewegen, ist alles, was man noch tun kann, super anstrengend.
Auslöser
Den einen Auslöser für CFS gibt es nicht. Es gibt vermutlich unzählige Möglichkeiten, durch welche dieser körperliche Zustand ausgelöst werden kann. Es können sowohl ein Virus, ein instabiles Genickgelenk, eine Impfung, Chemikalien- und andere Umweltbelastungen, eine bakterielle Infektion als auch physische und psychisches Traumata oder andere Faktoren verantwortlich sein. Die Folge: Der Organismus reagiert mit einer toxischen Stoffwechsellage (oxidativer Stress), welche zu zahlreichen Schäden an den Zellstrukturen führt (siehe Abbildung 2). Oxidativer Stress ist nicht der alleinige Grund für CFS, spielt dabei aber eine wichtige Rolle.
Alle der oben genannten Auslöser führen bei einigen Menschen zu einem chronischen Erschöpfungszustand, dem Schlaf und Ruhe keine Abhilfe schaffen kann. Natürlich stellt sich an dieser Stelle die Frage, warum der eine nach einem Unfall CFS bekommt und der andere nicht. Tja, dies wird wohl noch eine ganze Weile das Rätsel der Forschung bleiben. Meine Vermutung bleibt nach wie vor, dass bei den meisten CFSlern ein schon vorher existierendes körperliches Ungleichgewicht vorherrschte. Ob biochemisch oder psychisch. Ein gesunder Körper – und damit meine ich sowohl mental gesund als auch physisch gesund – hat meist eine ausreichend starke Abwehr, um einen der oben genannten Faktoren zu überwinden und/oder auszuheilen. Es gibt allerdings auch Berichte von Menschen, die vorher in voller Gesundheit standen und nach einem Infekt wie aus dem Nichts krank wurden. Manchmal kommen auch mehrere Faktoren zusammen und dann steht man vor einem großen Rätsel.
Abbildung 2 - Oxidativer Stress (Quelle: Gwendolin Reinicke)
HINWEISE FÜR BETROFFENE
Auf der Website www.mecfs.de gibt es unter häufig gestellten Fragen ein paar interessante Hinweise. Ich habe mal die 3 aufgeschrieben, die meiner Meinung nach am wichtigsten sind.
Wie bekomme ich eine Diagnose?
Was mir selbst neu war, ist, dass jeder Hausarzt in der Lage ist, mit dem Diagnoseschlüssel 93.3 eine Diagnose zu stellen. Da es momentan noch keinen offiziellen diagnostischen Marker gibt, muss auch der Hausarzt die