9 ungewöhnliche Western April 2020: Western Sammelband 9006. Alfred Bekker
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Читать онлайн книгу 9 ungewöhnliche Western April 2020: Western Sammelband 9006 - Alfred Bekker страница 11
Der Abglanz lag noch auf meinem Gesicht, als ich den Stall verließ.
In diesem Augenblick ertönte ein gellender Schrei.
Meine Trägheit zerriss.
Ein Revolverlauf wurde durch eine der Fensterscheiben gestoßen, Glas klirrte.
Ich ließ mich fallen. Noch bevor ich den Boden berührte, krachte der Schuss, eine Kugel pfiff über mich weg und traf die Stalltür mit einem dumpfen Pochen.
„Verdammt, schießt doch, der entwischt uns noch!“, brüllte eine wütende Stimme.
Ich sprang auf und warf mich in der Sekunde in den Stall, in der sich drei Colts gleichzeitig entluden und in rascher Folge ein Hagel von Kugeln die Stalltür traf.
Die drei Pferde wieherten, schlugen aus und versuchten, die Ketten zu sprengen.
Unter dem Druck der Geschosse pendelte die Tür ganz zurück und schlug mehrmals gegen die Wand. Die Kugeln trafen die Wand und pfiffen durch den Lichtschacht herein. Die Pferde gebärdeten sich immer wilder, vollführten bockende Sprünge und wirbelten Staub aus dem Stroh auf.
Ich zog den Revolver, wagte mich an den Türpfosten zurück, schoss aber dann doch nicht auf das eigene Haus.
Aus drei Fenstern zuckten immer noch in rascher Folge Stichflammen, und alle Kugeln trafen die Wand und die Tür. Ich hatte den Verdacht, dass die Halunken versuchten, den Stall mit ihren Bleigeschossen zu zersägen.
Auf der Straße draußen liefen Menschen zusammen. Rufe drangen in den Hof.
Endlich brach das Feuer ab.
Alle drei Pferde beruhigten sich. Staubschwaden trieben in den Hof. Vom Haus herüber gesellte sich Pulverdampf dazu. Aber kaum wagte ich, wieder um den Pfosten zu spähen, hub der Feuerzauber erneut an. Die Geschosse fetzten Splitter aus dem Pfosten, trafen abermals die Tür und pressten sie gegen die Wand. Die Pferde tobten in ihrer Angst, dass ich fürchtete, sie würden die Ketten doch noch aus der Wand reißen, mich niedertrampeln und von Panik getrieben in den Hof und mitten hinein in den Kugelhagel stürmen.
Ich musste die heimtückischen Schützen dazu bringen, nicht mehr auf den Stall zu schießen. Das gelang mir nur, wenn ich ihn selbst verließ. Ich begann präzise über meine Lage nachzudenken und damit verbunden auch über die im Haus.
Manuela schien nicht verschlafen zu haben und Jellico ebenfalls nicht. Sie schienen sich in den Händen eiskalter Killer zu befinden, die es dem Anschein nach auf mich abgesehen hatten. Ein glücklicher Zufall, der Schrei und meine schnelle Reaktion retteten mir das Leben.
Das Feuer brach ab. Wieder beruhigten sich die Pferde. Neue Staubwolken trieben aus dem Stall und quollen dem grauen Pulverdampf entgegen, der aus den eingeschlagenen Fenstern aufstieg.
Mein Blick fiel auf die kleine Nebentür, die Chaco für alle Fälle in der Nebenwand eingebaut hatte, als hätte er damals schon geahnt, dass sie eines Tages lebensrettend sein würde. Sie führte in den Hof nebenan, in dem ich sofort die Deckung des Lagerschuppens fand.
Die Pferde schnaubten noch.
„Alles halb so schlimm“, sagte ich beruhigend, ging zu der schmalen Tür, die an ein Handtuch erinnerte, zog den Riegel zurück und sah im geräumigen Hof neben dem Schuppen einen alten Mann, der mir zuwinkte.
Ich verließ den Stall, schloss die Tür und ging dem Mann ungesehen vom Haus nebenan entgegen.
„Was ist passiert?“
„In meinem Haus müssen sich Banditen verschanzt haben.“
„Aber davon hätten wir doch was bemerken müssen.“
„Meinen Sie?“, fragte ich zweifelnd, ließ den Mann allein und erreichte hinter dem Lagerhaus die Straße an der Ecke.
In der Phoenix Street drängten sich Schaulustige unter den Vordächern zusammen. Gegenüber an der Ecke sah ich den Arzt, eilte zu ihm und wurde sofort von einer Menschentraube umringt.
„Was ist hier los?“, fragte ich.
„Keine Ahnung. Ich habe Manuela gestern morgen noch untersucht. Jellico hielt sich in der Schule auf. Alles schien in bester Ordnung zu sein.“
Ich blickte über die Menschen hinweg auf mein Haus, über das Staub und Pulverdampf trieben.
„Die haben es offenbar auf Sie abgesehen“, sagte der Arzt.
„So sieht es aus, Doc.“
„Üble Geschichte. Und gar nichts für Manuelas Zustand.“ Doc Walter wiegte bedenklich den Kopf. „Aufregung ist für sie wie Gift.“
Die Straße herauf hasteten weitere Männer. Unter dem Vordach am Eckhaus fanden sie längst keinen Platz mehr und mussten mit der ausgefahrenen Straße vorlieb nehmen.
In meinem Haus wurde eine Scheibe klirrend eingeschlagen. Wieder zeigte sich eine Faust mit einem Revolver. Krachend entlud sich die Waffe. Die Kugel wimmerte über die Straße.
Mit Geschrei flüchteten die Menschen in Deckung. Die Traube um uns stob auseinander. Doc Walter zog mich an die Wand, so dass ich das Fenster nicht mehr sah, aus dem geschossen wurde.
„Haben Sie Todfeinde, Carringo?“
„Sie stellen vielleicht komische Fragen“, sagte ich beinahe abfällig. „Meine Arbeit bringt es mit sich, überall Freunde und Feinde zu haben.“
„Na ja, ich dachte nicht daran. Entschuldigen Sie.“
Das Revolverfeuer verklang. Als ich mich vorbeugte, sah ich neuen Pulverrauch vor dem Haus schwelgen. Die Waffe aber war verschwunden.
12
„Verdammtes Weib!“, schimpfte Older, riss Manuela vom Boden hoch und schlug sie.
Chaco kämpfte sich trotz der Fesseln auf die Füße, aber ein Kinnhaken von Regan warf ihn auf die Dielen zurück.
Jellico weinte.
„Diese verdammte Mexikanerin hat uns alles vermasselt!“ Older schlug der jungen Frau wieder ins Gesicht, so dass ihr Kopf von der einen Seite zur anderen flog.
„Hör auf, das ändert doch nichts mehr!“, knurrte Curtis, dem die Misshandlung der schwangeren Frau mehr auf die Nerven ging, als er sich selbst je eingestehen würde.
Mit einem Fluch schleuderte Older die junge Frau zurück.
Manuela stürzte auf die Dielen.
„Ihr seid wie Tiere!“, stieß Chaco hervor.
„Wir hätten sie knebeln müssen“, sagte Curtis nervös. „Das war der entscheidende Fehler.“
„Man ist