9 ungewöhnliche Western April 2020: Western Sammelband 9006. Alfred Bekker
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Читать онлайн книгу 9 ungewöhnliche Western April 2020: Western Sammelband 9006 - Alfred Bekker страница 27
„Los, beeile dich doch ein bisschen!“, rief der Lokführer. „Und stell das Wasser ab, sonst kriegen wir nichts mehr in die Tanks, zum Teufel!“
„Immer eins nach dem anderen“, maulte der Bremser und suchte nach seinem Taschenmesser. „Die Halunken sind sowieso weg. Ordentliche und genug Gäule, sie zu verfolgen, gibt es hier nicht.“
Endlich fand er das Messer und konnte den Lokführer befreien. Der entriss ihm das Messer.
„Los, stell das Wasser ab. Du musst hinauf klettern, Cass!“
„Ja doch, ich fliege!“
Aus dem Dienstabteil kletterten die beiden anderen Beamten und gingen mit schussbereiten Colts in den Händen auf die Hütte zu.
„Sind die Banditen fort?“, fragte eine heisere Frauenstimme.
Der Lokführer kletterte vor Nässe triefend aus dem Fahrstand und wies seinen Heizer mürrisch an, sich um das Betanken der Behälter rechts und links des Kessels zu kümmern. Cass befand sich auf dem Wege zum Regenbehälter, war jedoch kein geschickter Kletterer und brauchte entsprechend lange, um den Schieber zu erreichen.
„Boss, Buzz ist gefesselt!“, tönte es aus der Hütte.
Die Reisenden wagten sich aus den Waggons.
Als der Lokführer die Hütte betrat, wurde der Streckenwärter gerade befreit und auf die Füße gestellt.
„Es sind drei!“, sagte der Alte. „Nur drei!“
Der Lokführer fluchte.
Am Zug entlang taumelte der Expressschaffner, der sich den schmerzenden Hals massierte und laut klagend erzählte, dass der Wagen zerstört sei, Briefe in den Büschen hingen und der kleine Tresor aufgesprengt und ausgeplündert worden sei.
Endlich lief kein Wasser mehr aus dem Rohr.
„Ist noch was drin?“, fragte der Heizer, ergriff das Rohr und lenkte es in den Tank rechts des Kessels.
„Ein Fingerhut voll ist es noch“, sagte Cass.
„In Ordnung, lass es herauslaufen. Wir werden ja sehen, wie weit wir es damit schaffen.“
Cass zog den Schieber wieder nach oben. Das Wasser plätscherte in den Tank.
Der Expressschaffner schleifte den Lokführer zum letzten Waggon und zeigte laut klagend auf den offenstehenden Tresor hinter wüst herumliegenden Trümmern. „Wir müssen sofort etwas unternehmen!“
„Was denn?“, knurrte der andere.
„Wir fahren zur nächsten Stadt weiter. Buzz nehmen wir am besten gleich mit, damit er seine Geschichte selbst erzählt. Sonst lädt der Fahrdienstleiter wieder alles auf uns beiden ab, wie das so üblich ist.“
„Es ist der Wertpapierschrank!“, rief der entsetzte Schaffner.
„Na und? Ich habe die Banditen nicht eingeladen, das Ding zu knacken, verdammt.“ Wütend stampfte der Lokführer zurück und wurde von den ängstlichen Reisenden bedrängt, die wohl fürchteten, die Halunken könnten noch einmal auftauchen.
„Steigen Sie ein!“, befahl der Mann schroff. „Wir fahren, so schnell es geht, weiter.“
Seufzend kletterten die bleichen Leute in die Wagen zurück und blickten über das in der Dunkelheit versinkende Gestrüpp. Den Hufschlag vernahmen sie nicht mehr, was sie aber keineswegs beruhigte. Die einzige Frau zwischen den geschockten Männern hielt ihre Handtasche krampfhaft an sich gepresst.
„So, jetzt ist der Saft alle“, meldete der Heizer. „Schließ die Klappe wieder, Cass!“
Der Bremser schloss den Schieber hinter dem Rohr und kletterte am Gerüst nach unten.
„Das reicht bis zur nächsten Stadt.“ Der Heizer turnte an der Maschine zurück in den Fahrstand, öffnete den Feuerschlund und warf nasses Holz hinein.
„Alles einsteigen, es geht los!“
Die Bremser bugsierten den Streckenwärter ins Dienstabteil und kletterten hinterher.
Ein scharfer Pfiff schrillte in die Nacht hinaus, die Kolbenstangen begannen zu arbeiten. Fauchend setzte sich der Zug in Bewegung.
30
Meine Hand lag auf dem Revolverkolben, als der Wagen an der Ecke auftauchte und in die Phoenix Street einbog.
Chaco stand mit mir schräg unserem Haus gegenüber an einer Wand im Dunkel, unmöglich zu sehen für die Banditen. Über der Straße brannten zwei trübe Laternen, die nur spärliches Licht verbreiteten.
Der Wagen hielt noch vor dem Haus an. Der Mann im Buggy stieg ab.
„Fahren Sie ihn bis vor das Haus“, befahl Duncan an der Ecke der Station.
„Sie bezahlen mich nicht dafür, Kugelfang zu spielen“, maulte der Kutscher. „Und überhaupt, so was gehört nicht zu meinem Job.“
„Zur Hölle, stellen Sie sich nicht so an. Die Banditen möchten die Stadt verlassen. Die riskieren jetzt kein Blutbad mehr.“
Ich war nahe daran, auf den Kutscher zuzugehen und ihm die gefährliche Arbeit abzunehmen.
„Du nicht“, murmelte Chaco, der meine Gedanken zu ahnen schien. „Dir verpassen sie doch noch eine Kugel, wenn es sich so glücklich für sie fügt!“
Schimpfend führte der Mann das Pferd vor dem Buggy weiter, geriet in den Lichtkreis der zweiten Laterne vor dem Haus mit den zerschossenen Fensterscheiben, ließ es dort los und eilte zurück.
In meinem Haus rührte sich nichts. Nur manchmal verriet das leise Wackeln der Gardine, dass die Banditen wachsam blieben.
„Wo bleiben die Pferde, verdammt?“, brüllte die Banditenstimme.
„Die werden gleich gebracht“, versicherte Duncan. „Wir wissen immer noch nicht, was Sie mit den Geiseln vorhaben.“
„Wir lassen die beiden zurück, sobald wir die Stadt ein Stück hinter uns haben und sicher sind, dass keine Verfolger auf unseren Fersen sitzen!“
„Der muss denken, wir ziehen die Hosen mit der Feuerzange an“, sagte ich leise.
„Was meinst du?“
„Die würden Manuela und Jellico mitschleppen, so weit sie die beiden lebend nur bringen können“, sagte ich überzeugt. „Aber die kommen mit ihnen keinen Yard weit vom Haus fort.“ Ich zog den Revolver und spannte den Hammer, und ich war in dieser Minute bereit, ein Ende mit Schrecken jeder anderen Lösung vorzuziehen. Wenn es so sein sollte, würde sich unser Schicksal