Ein Buch für Keinen. Stefan Gruber
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Stefan Gruber
Ein Buch für Keinen
Wie ökonomische, ideologische, soziale, biologische und physikalische Systeme entstehen und warum sie zum Scheitern verurteilt sind
© 2020 Stefan Gruber
4. Auflage
ISBN: 978-3-347-04327-5 (Paperback)
978-3-347-04328-2 (e-Book)
Erstauflage: 2013
Autor: Stefan Gruber
Verlag und Druck: tredition GmbH, Halenreie 40-44, 22359 Hamburg
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Vorwort
Ich hoffe, dass ich, wenn die Welt untergeht, erleichtert aufatmen kann, weil es dann so viel gibt, auf das ich mich freuen kann.
Donnie Darko
Ich will … die Unterschiede verwischen zwischen dem, was wir glauben und dem, was wir zu wissen glauben. Ich will den Glauben durch die Wissenschaft entzaubern und die Wissenschaft auf ihre Glaubenssätze zurückführen. Ich will dem Leser das Verlernen lernen und auf den Trümmern seines Weltbildes die Kirche des Nihilismus errichten.
Jeder Mensch definiert sich durch seine Glaubenssätze und die Schablonen, mit denen er die Welt in seinem Geist ausdifferenziert. Erst durch seine Vorlieben kennt er seine Abneigungen, erst durch sein Wissen grenzt er sich von dem ab, was er nicht weiß und durch seinen Glauben von dem, was er nicht glaubt. Erst das garantiert die Dynamik der menschlichen Geschichte. Erst das hat uns vom tierischen Ursprung und der prähistorischen, erdverbundenen Mutter-Ära der Menschheit herausgelöst und die patriarchalische Kultur begründet. Doch ist das wirklich alles? Dieser ewig gleiche patriarchalische Dauerkrieg um Macht, Ideologien, Meinungen und Glaubenssätzen?
Die Evolution hat uns nach und nach zu Wesen geformt, welche heute den Zauber in der Hand halten, ihre eigene genetische Basis zu verändern und mit der von ihnen geschaffenen Technologie zu verschmelzen. Die Evolution hat sich damit selbst transzendiert und im Menschen ein Fraktal1 ihrer selbst geschaffen. Dieser evolutionäre Durchbruch aber muss notwendigerweise Hand in Hand gehen mit einer Abwertung des im Patriarchat so verehrten Ichs, als reines Sammelsurium genetischer Determinanten und anerzogener Glaubenssätze. Und hier kommt für den Reisenden dieses Buch ins Spiel.
Hinter vielen, die zu diesem Buch gefunden haben, liegt bereits ein langer Weg der Suche, und je mehr Zeit vergeht, desto festgefahrener und starrer wird eine Meinung, die sich aus diesem Prozess der Suche herauskristallisiert, gleichgültig ob es sich dabei um den Hinterhof-Philosophen handelt, der seine politische Ideologie am Stammtisch verbreitet, den kosmopolitischen Weltenretter, der Toleranz und Solidarität predigt, den materialistischen Atheisten, der alle Glaubenssätze abseits jener der Naturwissenschaft als absurd verwirft, den heilsversprechenden Esoteriker, der mit spirituellen Patentrezepten das Gute aus der Menschheit hervorkehren will oder jeden anderen Menschen, der eine Meinung besitzt, einer Idee die Treue schwört oder einer Ideologie huldigt. Niemand lässt sich gern seine persönlichen Wahrheiten madig machen, die sich über Jahre hinweg aus Erziehung, Einflüssen des Umfelds und persönlichen Erlebnissen herauskristallisiert haben, und die meisten halten stur, was auch kommen mag, an selbigen fest. Die persönliche Weltanschauung vieler Menschen ist bereits mit deren 20. Lebensjahr so festgefahren, dass sie letztendlich zum Bezugsrahmen wird und werden muss – einer Basis, die das Blickfeld einengt. Was ins Konzept passt, wird aufgesogen wie ein Schwamm. Was dem Bezugsrahmen widerspricht, die eigene Meinung angreifen oder gar widerlegen könnte, wird ignoriert oder so lange umgedeutet und uminterpretiert, bis es wieder ins Konzept passt. Das ist kein Makel, sondern der einzig mögliche Weg zum Aufbau eines Fundaments, auf dem sich ein sich selbst bewusstes, kohärentes Ich entwickeln kann – und nicht nur das: Die Aufnahme von Information, ihre Verarbeitung und Verwertung zur Definition eines Systems und die Abgrenzung von der Umwelt zur Erhaltung des Systems ist ein Grundprinzip aller Formen des Seins. Wer darüber hinausgehen will, der muss auch die sukzessive Auflösung seines Ichs in Kauf nehmen – erst das ist Weisheit oder Erleuchtung und erzeugt jenes weit gespreizte Blickfeld, mit dem Mystiker die Welt wahrnehmen.
Dieses Buch wird Ihr Bewusstsein verändern. Es unterliegt deshalb einer strengen kognitiven Metastruktur, die unbemerkt über dem Inhalt schwebt und einer komplexen inneren Struktur. Diese Strukturen machen es notwendig, das Buch mit einer Prise Ehrgeiz von Beginn bis zum Ende zu lesen, ohne dabei aus Neugier vorzublättern oder einzelne Kapitel zu überspringen. Gerade letzteres ist bei einem Buch, das sich aller wissenschaftlichen Disziplinen annimmt, durchaus schwierig. Die meisten Menschen verlagern ihr Interesse auf einzelne Wissensgebiete, und so mag es für den einen oder anderen verlockend sein, Textpassagen, die ihn weniger interessieren, zu überblättern. Mit Ausnahme der Texte für Interessierte, die sich in separaten Kästchen und den Fußnoten befinden, kann das die gewünschte Wirkung am Ende des Buches schwächen. Dieses Buch trägt seinen Titel nicht allein deshalb, weil es dem Menschen naturbedingt widerstrebt, alle Facetten des Seins zu begreifen - das ist für ein materielles Gehirn innerhalb einer materiellen Welt auch gar nicht möglich - sondern weil dieses allumfassende Wissen das Allerheiligste attackiert: die Persönlichkeit, durch die sich der Leser definiert. Wie tief der Titel aber wirklich greift, wird erst im Laufe des Leseprozesses in all seinen Konsequenzen begreifbar und – dort wo das Begreifen endet – emotional spürbar.
Das vorliegende Werk ist das erste veröffentlichte Buch einer zukünftigen Trilogie und wenngleich es in der Reihung das Bindeglied zwischen »Menschliches, Übermenschliches« und »Ecce nihil« einnimmt, ist es sinnvoll, mit diesem zu beginnen. Alle drei Bücher sind in sich abgeschlossen und bilden mit dem weiblichen Pol »Menschliches, Übermenschliches« und dem männlichen Gegenpol »Ecce nihil«2 auf einer abstrakten Ebene eine Einheit.
Wenn ein Daoist oder Buddhist Jahre über einem leeren Blatt Papier meditiert, damit ihm Erleuchtung zuteil wird, dann ist das nicht der Weg, der für den analytisch sezierenden, rationalen, kopflastigen und faustischen3 Zivilisationsmenschen des Abendlandes prädestiniert ist, auch wenn ein leeres Blatt Papier tatsächlich den Inhalt dieses Buches widerspiegelt. Der faustische Mensch nämlich will die Einheit zerbrechen und ihre Scherben unter dem Mikroskop analysieren, um von ihnen induktiv auf das Ganze zu schließen. Alle Wege führen nach Rom. Man muss sie nur zu Ende gehen. Wenn man den faustischen Weg weit genug treibt, dann führt auch er zu Erleuchtung. Mit dem ersten Kapitel »Der Anfang«4, das als Fraktal alle anderen Kapitel in sich trägt, kommt die Sprache als Hilfsmittel ins Spiel. Wo über etwas nachgedacht oder gesprochen wird, ist die Einheit bereits zerstört, weil Denken und Sprechen die Welt teilt in den, der denkt und spricht, dasjenige, über das gedacht und gesprochen wird und den Unterschied zwischen Denker bzw. Sprecher und dem, über das gedacht und gesprochen wird. Die Trinität und der Dualismus aus Beginn und Ende spalten die Einheit in unsere fünf Hauptkapitel. Die abstrakte Betrachtung der Welt