Western Ferien Sammelban 9018 - 9 Romane um Gunfighter und Helden. Pete Hackett

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      Doch das war nicht mehr nötig. Tom Erdoes lag zusammengekrümmt auf dem Boden und rührte sich nicht mehr. Ein paar Männer, die sich noch einen Rest Mut bewahrt hatten und ihrem Marshal zu Hilfe eilen wollten, wurden von den mexikanischen Bauern gebührend empfangen. Sie zogen sich hastig in ihre Häuser zurück und versuchten, ein Eindringen der Banditen zu verhindern.

      Die entfesselten Campesinos brachen jeden Widerstand. Sie trieben ihre erbeuteten Maultiere ein Stück in das Städtchen hinein, damit sie das Geschirr und die gewebten Tücher nicht soweit zu tragen brauchten. Mit abschätzenden Blicken beurteilten sie die Häuser und entschieden sich für jene, in denen etwas zu holen war.

      Dem kleinen Adobe-Gefängnis schenkten sie dabei keine Beachtung. Dort gab es nichts, was für sie von Wert gewesen wäre. Juan Diego erinnerte sich an den Kerker, in dem er gesessen hatte. Das waren andere Mauern gewesen als diese vergleichsweise harmlosen Lehmziegel. Er ahnte nicht, dass sich hinter diesen Wänden ein paar Männer aufhielten, die ihnen wesentlich mehr Interesse entgegenbrachten. Fünf wenig vertrauenserweckende Gesichter drängten sich hinter dem vergitterten Fenster, wobei ein Leuchten über diese Visagen ging, als Marshal Erdoes den Knüppel schmecken musste.

      „Warum schlagt ihr ihn nicht tot?“, zischte der jüngste der Burschen enttäuscht. Er war hager und ging so krumm wie ein Greis, obwohl er gerade erst zweiundzwanzig war.

      Al Burn stand neben ihm. Er massierte unaufhörlich seine schlanken Hände. Seine größte Sorge schien zu sein, dass er in dem schäbigen Gefängnis keine Möglichkeit fand, sein Äußeres in Schuss zu halten.

      „Der kriegt schon noch seine Strafe, Fred“, sagte er und grinste gemein. „Er hat uns nicht umsonst eingebunkert.“

      Henry Carter, ein Kerl mit einer Habichtsnase und tortillagroßen Händen, die zu seiner schlanken Gestalt so gut passten wie ein Gatling Gewehr in die Arme einer Muchacha, beobachtete gespannt die Mexikaner, die unablässig den Maultierkarren mit Beutestücken beluden.

      „Die Burschen sind uns nicht fremd“, sagte er nachdenklich.

      Maxwell Hook gab ihm recht.

      „Vor ein paar Tagen, als sie von Mexiko über die Grenze flohen, schienen sie wesentlich hilfloser zu sein als jetzt.“

      Jetzt dämmerte es auch Henry Carter.

      „Stimmt! Wir haben sie beobachtet und dabei den verdammten Sheriff mit seinen Leuten überhört, die uns so schnell überrumpelten, dass wir nicht mal mehr Zeit für einen kräftigen Fluch hatten.“

      Jetzt glaubte auch der fünfte der Gruppe, seinen Kommentar dazugeben zu müssen. Er sah ziemlich verwildert aus, aber das störte ihn offenbar nicht. Sein verfilztes, schwarzes Haar ging in einen struppigen Vollbart über und bedeckte den größten Teil seines Gesichtes, was durchaus kein Nachteil war.

      „Demnach sind die Mexe schuld, dass wir hier hocken müssen“, brummte er und kicherte idiotisch.

      „Da hast du gar nicht so unrecht, John“, erwiderte Maxwell Hook. „Deshalb ist es ihre verdammte Pflicht und Schuldigkeit, dafür zu sorgen, dass wir unser unfreiwilliges Hotel auch wieder verlassen können.“

      Dieser Gedankenflug war für John Millis zu hoch. Er konnte gerade so weit denken, um seinem Zeigefinger den Befehl zu geben, den Abzugshebel zu betätigen. Alles andere besorgte Maxwell Hook für ihn. Wozu war er schließlich der Boss? Bevor es ihm noch gelang, eine Frage zu formulieren, erklärte der athletische Mann, der mit seiner dichten Körperbehaarung und den ungewöhnlich langen Armen wie ein Affe wirkte: „Ich habe keine Lust zu warten, bis Sheriff Brookson erscheint, um uns abzuholen.“

      Nach dem aufgeregten Gemurmel zu schließen, hatten auch seine Kumpane keine Lust dazu.

      „Der hat bestimmt ein Jail, das besser bewacht wird als dieses hier“, sagte Fred Steel.

      „Eben! Und es ist wahrscheinlich auch nicht so leicht zu knacken.“

      Al Burn verstand als Erster.

      „Du bist ein verrückter Hund, Maxwell“, sagte er anerkennend. „Du willst also hier raus?“

      „Jedenfalls habe ich nicht die Absicht, abzuwarten, bis die tapferen Leute dieses Kaffs ihren Marshal wieder gesundgepflegt haben.“

      „Aber man wird uns nicht rauslassen“, sagte John Millis und wühlte verbissen in seinem Bart.

      „Unsere mexikanischen Freunde werden uns dabei helfen.“

      „Helfen?“

      Henry Carter tippte sich gegen die Stirn. Manchmal war John aber auch zu begriffsstutzig. Zum Glück hatte er andere Qualitäten, die er besonders dann zeigte, wenn überdurchschnittliche Rücksichtslosigkeit und Brutalität verlangt wurden.

      „Das ist doch klar“, erklärte er. „Diese Bauernlümmel sorgen für genügend Aufregung und Durcheinander. Außerdem vollführen sie einen Lärm, dass es keinem auffallen wird, wenn es auch in unserer Ecke ein bisschen lebendig wird.“

      „Weißt du denn, wo der Schlüssel ist?“ John Millis ließ keine Gelegenheit aus, seine geistige Harmlosigkeit unter Beweis zu stellen. Henry Carter hielt ihm seine riesigen Fleischhauerhände unter die Nase.

      „Hier!“, fauchte er. „Das ist unser Schlüssel. Und vielleicht bequemst du dich sogar, ein bisschen mit anzupacken.“

      „Wenn wir alle helfen“, sagte Maxwell Hook ruhig, „dürfte dieses Gitter kein Hindernis für uns sein. Beeilen wir uns, Männer! Die Mexikaner haben ihren Wagen fast beladen. Wenn sie erst mal fort sind, wird es hier wieder ruhiger, und unsere Chancen sinken gewaltig.“ Er klammerte sich an dem Eisengitter fest, und alle anderen drängten sich heran und zerrten aus Leibeskräften an den Stäben.

      Das nicht sehr stabile Gemäuer begann schon bald zu knirschen. Die Banditen unterdrückten einen Jubelschrei, denn noch saßen sie ja in diesem engen Viereck und mussten besorgt sein, dass sie ihren schmutzigen Auftrag nicht ausführen konnten und auf die ersehnten harten Dollars verzichten mussten. Doch diese Sorge war nur noch von kurzer Dauer. Als das Gitter mit einigen Ziegelresten aus der Mauer brach, stürzten die Männer übereinander. Sie hatten es geschafft.

      Maxwell Hook riskierte einen ersten Blick durch die Öffnung, in der noch der Lehmstaub wie ein Schleier hing. Seine tückischen, kleinen Augen überrissen die Lage, und sie waren zufrieden mit dem, was sie sahen. Er wandte sich an Al Burn und befahl: „Du kletterst hinaus und kümmerst dich um die Tür. Aber beeil dich! Sonst klauen dir die Kerle da draußen noch deine elegante Uniform.“

      Er lachte gutgelaunt, während Al Burn mit einem liebevollen Blick seinen Prince Albert Rock streifte. Er fürchtete nicht die Campesinos, sondern war über die Tatsache betrübt, dass er sich bei der Kletterpartie das gute Stück beschmutzen würde.

      John Millis hob ihn mit einer Leichtigkeit in die Höhe, als bestände er nur aus Haut und Knochen. In Wirklichkeit verbargen sich unter seiner teuren Kleidung ein paar Muskelpakete, die er sich im unermüdlichen Kampf gegen Gesetz und Ordnung erworben hatte. Wie eine Schlange zog er sich durch die Öffnung und sprang auf der anderen Seite auf den Boden. Mit flinken Augen suchte er nach einem geeigneten Werkzeug, mit dem er der verschlossenen Tür zu Leibe rücken wollte. Er fand ganz in der Nähe eine Hacke, wie sie die Minenarbeiter benutzten. Die war genau richtig. Geduckt huschte er zu dem Schuppen, aber es

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