Auswahlband Schicksalsroman 8 Romane in einem Buch September 2018. Cedric Balmore

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Auswahlband Schicksalsroman 8 Romane in einem Buch September 2018 - Cedric Balmore

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verstandesmäßigen Vorsätze.

      Schließlich versuchte sie sich mit dem Lesen eines Buches abzulenken. Aber sie konnte sich nicht konzentrieren. Immer wieder irrten ihre Gedanken ab, ließ sie das Buch sinken und starrte vor sich hin. Sie dachte an die Zeit mit Dieter. Nein, das konnte es nicht sein. Vielleicht, überlegte sie, habe ich nur den falschen Mann gehabt. Einen Mann, der nicht zu mir passt. Vielleicht hätte es Tausende andere gegeben, wo ich nie auf den Gedanken gekommen wäre, solche Überlegungen anzustellen, wie ich es jetzt tue.

      Sie ging an diesem Abend früh zu Bett. Viel früher als üblich. Es war noch nicht einmal richtig dunkel. Und fast hätte sie das heulende Elend überkommen, doch der Schlaf erlöste sie von ihren Problemen.

      Am nächsten Morgen war sie noch missgelaunter, und nach der üblichen Gymnastik, die sie früh immer machte, und dem Duschen, fühlte sie sich auch nicht besser. Dann fuhr sie mit dem Rad zur Klinik. Und fast wäre ihr noch ein Hund ins Rad gelaufen. Sie konnte mit Mühe noch anhalten.

      Ausgerechnet der Besitzer des Hundes beschimpfte sie, doch sie verzichtete auf eine scharfe Antwort und fuhr einfach weiter.

      Dieser Tag, dachte sie später, hat es in sich.

      Er hatte es wirklich in sich. Schon innerhalb der ersten Stunde ihres Dienstes ging ihr verschiedenes schief. Dann fiel ihr auch noch ein Reagenzglas mit einer Urinprobe herunter, sodass der Urin neu besorgt werden musste. Und das noch von einer Schwerkranken.

      Später geriet sie noch mit Schwester Silke aneinander. Aber diese Wogen ließen sich wenigstens schnell wieder glätten.

      Dann tauchte Dr. Graf auf. Er war wieder im OP gewesen. Der gleiche Grund, weshalb Doris heute nicht in der Sprechstunde bei Professor Winter arbeiten musste.

      Graf sah blass und müde aus, hatte Ringe unter den Augen, und Silke machte anschließend Doris gegenüber ein paar Anspielungen.

      Doris begriff nicht, was Silke meinte und als sie fragte, was es heißen solle, sagte Silke:

      „Na, der war doch gestern mit Heidi weg. Und das ist eine Rasierklinge, sage ich dir. Eine wandelnde Rasierklinge. Scharf wie Pfeffer. Die hat ihn offenbar ganz schön geschlaucht.“

      „Wie kannst du so etwas sagen?“, meinte Doris vorwurfsvoll. „Glaubst du im Ernst, dass er sich mit Heidi abgegeben hat?“

      „Davon bin ich fest überzeugt“, behauptete Silke leise. „Sieh sie dir doch an. Die ist der wandelnde Triumph. Die platzt bald vor Stolz. Und ziemlich müde war sie heute Morgen auch. Die scheinen ganz schön herumgetobt zu haben.“

      „Ich will das nicht hören“, wehrte Doris ab.

      Doch wie zur Bestätigung tauchte Schwester Heidi auf. Sie strahlte, obgleich sie auch übernächtigt wirkte, trippelte, wie es ihre Art war, mit kleinen Schrittchen den Gang entlang und prahlte wenig später im Schwesternzimmer von einem Lokal, wo sie gestern Abend gewesen war. Sie sagte zwar nicht mit wem, doch sie schilderte das in so glühenden Farben, dass jeder, der zuhörte, sicher war, wer ihr Begleiter gewesen sein musste.

      Kurz darauf wurde Doris von Wieland Graf ins Arztzimmer gerufen.

      Als sie hinging, hatte sie sich schon eine Meinung über ihn und den Vorgang gestern gebildet.

      Er ist genau wie die anderen. Und was er über Frauen gesagt hat und seine kaputte Ehe, sind nur Sprüche gewesen. Ausgerechnet mit Heidi, so einer Gans! Aber es geht mich wirklich nichts an. Es gibt für mich nicht den geringsten Grund, mich ihm gegenüber anders zu verhalten.

      Als sie das Zimmer betrat, sah sie ihn am Schreibtisch sitzend, vorgebeugt, aber er schrieb nicht. Er schaute dann kurz auf, sah in ihre Richtung und machte eine schlaffe Handbewegung auf den Stuhl, der weiter vorn stand. „Setzen Sie sich!“

      Sie war überrascht, dass er ihr Platz anbot. Sollte das eine längere Unterredung werden? „Wir haben da ein Problem in der Intensivstation“, begann er. „Eigentlich hätte ich danach sehen sollen, aber ich werde gleich nach Hause fahren. Frau Doktor Lamprecht kümmert sich um den Fall. Unterstützen Sie sie ein wenig dabei. Den alten Herren mit der Gallenkolik müssten Sie auch im Auge behalten. Wenn irgendetwas ist, mit dem die Assistenzärzte nicht klarkommen, wenden Sie sich an Professor Winter.“ Er tupfte sich mit dem Taschentuch über die Stirn und atmete schwer. Sie hatte das Gefühl, dass er krank war. Es schien ihr mehr als eine Übermüdung und Erschöpfung zu sein.

      „Sind Sie krank?“, fragte sie.

      „Vermutlich. Ich habe mir irgendetwas eingefangen. Ich weiß noch nicht, was es ist. Na ja, meistens wird das schon wieder gut, wenn man einmal richtig ausgeschlafen hat. Ich denke doch, dass ich morgen wieder hier bin. Sie wissen also Bescheid. Wenn sonst noch etwas ist, womit Sie nicht zurechtkommen, dann sprechen Sie mit Professor Winter darüber. Aber nur, wenn es sein muss. Sonst versucht ihr es selbst zu regeln. Sagen Sie auch Schwester Silke Bescheid.“ Er stemmte sich von seinem Stuhl hoch wie ein alter Mann. Und so sah er in diesem Augenblick auch aus.

      Einem Patienten hätte sie jetzt die Hand an die Stirn gelegt, um zu sehen, ob er stark fieberte. Aber bei ihm tat sie es nicht. Sie musste auch an das Bild denken, dass sie noch immer vor Augen hatte, als Heidi zu ihm in den Wagen stieg.

      „Kann ich irgendetwas für Sie tun?“, fragte sie, und es klang so förmlich, dass er heraushörte, wie wenig sie sich wirklich für seinen Zustand interessierte.

      Er schaute sie kurz an, als müsse er sich vergewissern dass sein Verdacht stimmte. Aber ihr Gesichtsausdruck verriet ihm nicht, was sie tatsächlich dachte. Von ihren wahren Gedanken ahnte er offenbar nichts.

      „Nein, nein. Ich komme schon allein zurecht.“

      Als er weg war, tat sie, was er von ihr verlangt hatte. Sie blieb sogar eine Stunde länger, um sich um den Infarkt-Patienten in der Intensivstation besonders zu kümmern. Erst als Gerti Lamprecht sie energisch aufforderte, endlich Schluss zu machen, ging sie.

      Beim Einkaufen traf sie zufällig Dr. Becker, einen netten jungen Assistenzarzt der Chirurgie, der, wie sich herausstellte, gar nicht weit entfernt von ihr wohnte und ebenfalls ein Einsiedlerdasein führte.

      Er schob seinen Wagen im Supermarkt vor sich her, und so sahen sie sich an der Käseabteilung.

      Und da sie sich vom Sehen kannten, grüßten sie einander, und er verwickelte sie in ein Gespräch über eine besondere Käsesorte.

      „Haben Sie den schon mal gegegessen? Ich weiß nicht, wie er heißt, aber er schmeckt fantastisch. Kann ich nur empfehlen.“

      So begann es, und sie unterhielten sich weiter.

      Er war etwas größer als sie, sehr schlank und schmal, hatte dunkles Haar und ein nettes Jungengesicht. Seine grünen Augen gaben diesem Gesicht einen besonderen Reiz. Sie fand ihn sehr nett. Eigentlich hatte er ihr schon immer gefallen. Aber eben nur so, wie einem jemand gefällt, der sympathisch ist. Ganz gleich, ob Frau oder Mann.

      Doch in ihr war immer noch diese geheime Sehnsucht, die sie vergeblich zu verdrängen suchte. Diese Sehnsucht nach einem Menschen, mit dem man sprechen und mit dem man zusammen sein konnte.

      Vielleicht erging es ihm ähnlich. Sie hatten längst eingekauft, und er lud seine Habseligkeiten in sein Auto.

      Doris hatte nur einen Kasten mit Sprudel und ein paar Dinge, die sie ins Netz gepackt hatte. Sie wollte den Kasten

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