Auswahlband Schicksalsroman 8 Romane in einem Buch September 2018. Cedric Balmore

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Auswahlband Schicksalsroman 8 Romane in einem Buch September 2018 - Cedric Balmore

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Ihnen den Kasten mit dem Wasser nach Hause. Ist es weit von hier?“

      Sie sagte ihm, wo sie wohnte, lud kurzerhand den Kasten in seinen Kofferraum und sagte: „Fahren Sie schon voraus! Ich komme hin.“

      Mit dem Rad war sie schneller und wartete dann vor der Tür, und er kam.

      Er lud den Kasten aus und sagte: „Ich bringe ihn nach oben.“

      „Das ist nicht nötig. Ich habe ihn immer im Keller. Da ist es kühler. Ich nehme nur eine oder zwei Flaschen mit hinauf. Sie brauchen sich wirklich nicht zu bemühen.“

      Aber er bemühte sich doch, schaffte ihr den Kasten hinunter, und zum Dank wollte sie ihm wenigstens anbieten, dass er für einen Sprung mit nach oben kommen und mit ihr eine Tasse Kaffee trinken sollte.

      Er nahm das Angebot sofort an, lachte auf eine gewinnende Art und begleitete sie nach oben.

      Als sie dann einander gegenübersaßen und Kaffee tranken, sagte er:

      „Ich bin ein richtiger Einsiedler und kenne hier so gut wie niemanden. Wissen Sie, ich komme aus Hannover. Das ist eine ganze Ecke weg. Neue Freunde habe ich hier noch nicht gefunden.“

      Doris lächelte. „Ich auch nicht. Bedrückt sie die Tatsache, allein zu sein?“

      Er nickte ehrlich. „Es bedrückt mich sehr. Früher hatte ich immer einen Kreis, in den ich hineingehört habe. Aber jetzt ist da so gut wie nichts los.“ Er sah Doris wehmütig an. „Ich bin jetzt ein Jahr hier. Lange genug eigentlich. Und trotzdem habe ich kaum Kontakt mit jemand. Ich hatte in Hannover eine Freundin. Keine sehr enge Beziehung. Und sie ist auch prompt darüber kaputtgegangen.“

      „Will sie nichts mehr von Ihnen wissen, weil Sie in München sind?“

      Er nickte. „Genauso ist es. Sie war dagegen, dass ich nach München gehe. Ich sollte in Hannover bleiben. Aber die Chance, hier zu arbeiten, ist für mich sehr vorteilhaft. Wenn ich meine Facharztausbildung bei Herrn Münzinger mache, der ein hervorragender Chirurg ist, bringt mir das mehr, als in der Klinik, in der ich gewesen bin. Ich verspreche mir von meinem Beruf sehr viel. Sie hat es nie eingesehen. Na ja, so war es eine Trennung im Streit. Aber ich will Ihnen nichts vorheulen. Ich möchte Sie eher fragen, ob wir nicht gemeinsam etwas unternehmen könnten. Ich habe gesehen, dass Sie ein Fahrrad besitzen. Ich wollte mir auch eins kaufen. Oder ...“

      Ihrer Meinung nach war er nicht älter als sie selbst. Vielleicht sogar jünger. Sie fand ihn nett. Aber im Grunde war er so etwas wie ein großer Junge für sie. Wenn sie sich auch nach Gesellschaft sehnte, das, was er vermutlich von ihr erwartete, würde sie ihm nicht geben können und auch nicht wollen. Das hatte nicht einmal etwas mit ihren Prinzipien zu tun. Trotzdem war sie bereit, mit ihm Radtouren zu machen. Jemand, mit dem man sich unterhalten konnte, dachte sie. Und sie ermunterte ihn, sich ein Rad zu kaufen.

      „Aber nicht etwa nur meinetwegen“, erklärte sie anschließend. „Ich mache gerne Radtouren mit Ihnen. Nur nehmen Sie das bitte nicht als eine Aufforderung zu Dingen, die damit nichts zu tun haben.“

      Sie wusste nicht, ob er sie verstanden hatte. Aber er war Feuer und Flamme und fragte sie, ob sie morgen Nachmittag mit ihm zusammen nach Dienstschluss in ein Geschäft gehen würde, damit er sich ein Rad kaufte. Er behauptete, sich von ihrer Beratung viel zu versprechen.

      Sie nahm ihm das nicht ganz ab, sagte aber zu. Und dann besann er sich wohl, dass es jetzt besser war zu gehen. Sie widersprach nicht.

      Als er weg war, holte sie ihren Putztag nach.

      Die große Überraschung kam am nächsten Morgen. Dr. Wieland Graf war nicht zum Dienst erschienen und hatte sich fernmündlich entschuldigt. Es war Schwester Silke, die es Doris sagte. Aber Doris musste zu Professor Winter in die Sprechstunde. Sie war nur auf einen Sprung im Stationszimmer gewesen und hatte das von Silke erfahren.

      „Er hat gestern schon wie das Leiden Christi ausgesehen“, sagte Silke.

      „Das habe ich bemerkt. Aber du hattest ja eine andere Begründung dafür.“

      „Weiß der Teufel“, meinte Schwester Silke. „Man wird aus den Kerlen ja nie schlau. Meiner überrascht mich auch immer wieder aufs neue.“

      Die Sprechstunde bei Professor Winter zog sich wieder bis weit über die Mittagspause hinaus. Erst kurz vor drei war Schluss, und die letzte Patientin hatte ihre Untersuchung hinter sich.

      Doris war entschlossen, ein Angebot von Professor Winter, mit nach oben zum Essen zu kommen, abzulehnen. Aber er machte ihr dieses Angebot gar nicht, sondern sagte, als er sich den Kittel auszog:

      „Sie haben genug geschuftet. Wenn Sie wollen, gebe ich Ihnen von jetzt an frei. Es gibt sicher bei dem schönen Wetter draußen einiges zu tun, was schöner ist. Und auf der Inneren Station kommen sie auch ohne Sie aus, Schwester Doris.“

      Es war ihr sehr recht, dieses Angebot zu bekommen. Sie bedankte sich und ging zur Station, um noch ein paar Sachen zu holen, die sie im Schrank hatte. Da traf sie Schwester Silke.

      „Mein Gott, der schlaucht dich ganz schön, was? Hast du die ganze Zeit Sprechstunde gemacht?“

      Doris nickte. „Schlimm. Als wenn sich alle Frauen weit und breit verabredet hätten, zu Professor Winter zu kommen“, sagte sie.

      „Du, hör mal“, meinte Schwester Silke. „Ich weiß, dass es eine ziemliche Zumutung ist, was ich von dir verlange, aber ich bitte dich, doch einmal bei Doktor Graf vorbeizufahren. Weißt du, ich kenne ja seine Aufwartung. Und die hat vorhin angerufen. Sie kommt ja immer nur ein paar Stunden und macht ihm das Nötigste. Sie sagt, dass es ihm wirklich nicht gut geht. Aber die Frau hat so viele andere Arbeitsstellen, wo sie hingeht, dass sie sich nicht um ihn kümmern kann.“

      Doris hatte sich zwar etwas anderes vorgenommen, nickte aber und erklärte bereitwillig: „Gut. Hast du die genaue Adresse?“

      „Hat er sie dir nicht gesagt? Ihr wart doch zusammen im Theater.“

      „Ja, schon, aber ich bin doch nicht bei ihm gewesen. Was hast du denn gedacht?“

      „Nun gut. Hier muss sie irgendwo sein. Ach da.“ Schwester Silke schrieb die Adresse auf einen Zettel und gab ihn Doris. „Wenn irgendetwas ist, ruf mich an! Ich meine, wenn er irgendetwas braucht. Vielleicht sollte man auch einen Kollegen von ihm hinschicken.“

      Doris steckte den Zettel ein und versprach, jetzt sofort hinzufahren.

      Es war mit dem Rad weiter, als sie gedacht hatte. Und mit dem schönen Wetter schien es auch zu Ende zu gehen. Dicke Wolken verdunkelten zeitweise die Sonne.

      Hoffentlich komme ich nicht noch in einen Schauer, dachte sie, als sie endlich das Haus erreicht hatte, in dem Wieland Graf oben unterm Dach hauste.

      Sie schloss das Rad an einem Laternenpfahl an und betrat das Haus.

      Die mannigfaltigsten Gerüche schlugen ihr entgegen. Ein Altbau, nicht sehr gepflegt. Und sie fragte sich, wieso ein Mann mit dem Einkommen von Dr. Graf in solch einem Haus wohnte.

      Die Treppen knarrten unter ihren Füßen, als sie nach oben ging.

      Dann hatte sie das oberste Geschoss erreicht, wo es nur zwei Türen gab. Die eine führte zum Speicher. Die andere zu Dr. Grafs Wohnung. Statt eines Schildes war dort nur eine Visitenkarte mit

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