Die Zukunft kann wieder weiblich werden .... Karin Werner

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Die Zukunft kann wieder weiblich werden ... - Karin Werner

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in Altersklassen: die Kinder, die Jugendlichen, die Erwachsenen und die Ältesten. Eine Vorstellung von Blutsverwandtschaft fehlt, deshalb ist nicht die Genealogie (der Stammbaum), sondern die Mitgliedschaft zur Gruppe und dort zur jeweiligen Altersklasse das ordnende Prinzip der Gesellschaft.“ 10

      Ähnlich leben die San in der Kalahari-Wüste in Gruppen von ein paar Dutzend Personen zusammen. Sie haben kein Oberhaupt. Ältere Frauen und Männer genießen große Achtung auf Grund ihrer Erfahrung. Sie haben eine gleichwertige Gesellschaft. Die Gruppen sind durchlässig; Einzelne wechseln hin und her. Wenn bei den San eine Frau einen Mann gewählt hat, schließt sich der Mann ihrer Gruppe an und hilft dort mit. Die Frauen sind autonom und achten auf das gerechte Teilen der Nahrung.

      Jegliche Angeberei und Gewalt zwischen Personen wird abgelehnt, ebenso jedes Konkurrenzgehabe unter den San-Männern. Verpönt sind offen gezeigter Ärger sowie Versuche, höheren Status und materiellen Besitz zu erlangen. In den kleinen Gruppen der San-Gesellschaft fällt dies sofort auf und führt zum Ausschluss aus der Gruppe.

       Was sagt der Anthropologe Richard Wrangham?

      Hinsichtlich der Gleichwertigkeit der Menschen untereinander sind die Arbeiten von Richard Wrangham, einem britischen Anthropologen, interessant. Er ging der Frage nach, wie Naturvölker in ihrer Gemeinschaft heute mit einem aggressiven Mitglied, welches mit Gewalt herrschen will, umgehen.

      Die Antwort war eindeutig und unumstößlich: der Gewalttäter wird getötet.

      Die Männer des Stammes treffen gemeinsam die Entscheidung zur Exekution (Hinrichtung) und führen sie auch gemeinsam aus. Diese Maßnahme sichert der Gemeinschaft des Volkes die Gleichwertigkeit der in ihr lebenden Menschen. Gewalttätige Herrschaftsverhältnisse und Hierarchien etablieren sich nicht.

      In seinem Buch „Die Zähmung des Menschen. Warum Gewalt uns friedlicher macht“ von 2019 unterscheidet Richard Wrangham zwischen reaktiver und aktiver Aggression.

       „Reaktive Aggression könnte man als „heißblütig“ bezeichnen, man verliert die Kontrolle und schlägt zu. Aktive Aggression ist dagegen „kaltblütig“, sie wird bewusst und geplant ausgeführt.“ 12

       „Reaktive Aggression lässt sich als Versagen der Kontrolle über Emotionen wie Angst oder Wut verstehen.“ 13

       „Im Unterschied zu reaktiv aggressiven Impulsivtätern sind Psychopathen eher aktiv aggressiv.“ 14

       „Psychopathen gibt es in aller Welt. So wirken sie zum Beispiel oberflächlich charmant, sie lügen häufig, wechseln oft ihre Sexualpartner und sind schnell gelangweilt. Für die Gedanken und Gefühle anderer sind sie unempfänglich. Ihr Selbstvertrauen wirkt auf andere attraktiv. Sie sind bereit, sich das zu nehmen, was sie wollen, egal mit welchen Mitteln. Psychopathen sind also egozentrische und gefühllose Menschen mit eingeschränktem moralischem Urteilsvermögen. Es ist nicht verwunderlich, dass sie eher zu Verbrechen neigen und dass es sich überwiegend um Männer handelt.

       Eine in Großbritannien durchgeführte Untersuchung fand in weniger als einem Prozent der Bevölkerung Symptome der Psychopathie, und dieser Anteil ist vermutlich im Rest der Welt ähnlich.“ 15

      Wie kam nach Ansicht von Wranghams der Frieden in die Welt - während der Altsteinzeit vor 300.000 Jahren bis zu 10.000 Jahren v.u.Z.?

       „Verglichen mit Wildtieren sind wir ruhig und eher mit Hunden als mit Wölfen zu vergleichen. Wir können einander in die Augen sehen. Wir verlieren weniger leicht die Beherrschung. In der Regel haben wir unsere aggressiven Impulse im Griff. Bei Primaten ist einer der stärksten Auslöser der Aggression die Anwesenheit eines Fremden.

      Der Kinderpsychologe Jerome Kagan, der Hunderte Begegnungen zwischen Zweijährigen beobachtet hat, die einander nicht kannten, hat es nie erlebt, dass ein Kind das andere geschlagen hätte. Diese Bereitschaft zum friedlichen Umgang mit anderen, selbst mit Fremden, ist uns angeboren.“ 16

      Die Friedfertigkeit des Menschen entwickelte sich nach Wrangham aus der Sprachbegabung des Homo Sapiens. Kommunikation, Bündnisse verabreden und Taten planen waren für ihn sinnhaft und mit Sprache deutlich leichter – körperliche Gewalt und Durchsetzungsfähigkeit unwillkommen. Das Problem mit dem einzelnen, dominanten Aggressor, der gewalttätig herrschen wollte, war nicht gemeinschaftsförderlich und wurde eindeutig und gemeinschaftlich gelöst. „In einer Welt ohne Gefängnisse und Polizei konnten rücksichtslose Egoisten, die sich durch ein Übermaß an reaktiver Aggression hervortaten, nur gestoppt werden, indem man sie tötete“.17

      Das muss einer der ersten, entscheidenden Schritte zur Entwicklung von kooperativen Verhaltensweisen gewesen sein. Männer schlossen sich zu Bündnissen zusammen, um jeden Gruppenangehörigen aufzuhalten, der seine egoistischen Ziele mit Gewalt durchsetzen wollte und so das Wohl und Überleben der Gemeinschaft gefährdete.

       „Erst Menschen waren fähig, sich zusammenzuhocken und zu flüstern: Lasst uns an dem großen Stein treffen, ihn überfallen und töten.“ 18

      Mit dieser Form der negativen Auslese gelang es, übermäßige Aggression unter Kontrolle zu bringen und das Überleben der Gruppe als Ganzes zu sichern.

      Der Mensch domestizierte sich damit selbst. Es entwickelte sich ein friedliches und tolerantes Miteinander als Fundament und wesentliche Voraussetzung für komplexe Kooperation und soziales Lernen.

      Drei Eigenschaften zeichneten ab diesem Entwicklungssprung den Homo Sapiens aus:

      • hochgradige Intelligenz

      • hochgradige Kooperation

      • außergewöhnlich gute Fähigkeit, von Anderen zu lernen, das „soziale Lernen“.

      Die Verankerung der Eigenschaften im gemeinschaftlichen Leben verstärkte die soziale Toleranz für die Verschiedenheiten untereinander.

      Die Domestizierung des Menschen über die Jahrtausende lässt sich nach Wrangham in physischen Veränderungen belegen:

      1. „Domestizierte Arten sind kleiner als ihre wilden Vorfahren.“ 19 „Die Reduzierung der Körpergröße geht mit einer relativen Verschlankung der Knochen einher. Der Mensch wurde feingliedriger und weniger robust.“ 20

      2. Gesichter sowie Kiefer und Zähne verkleinerten sich.

      3. „Männer haben sich nicht nur hinsichtlich der Körpergröße den Frauen angenähert, sondern auch hinsichtlich der Größe des Gesichts, der Länge der Eckzähne, der Kaufläche der Backenzähne und der Größe der Kiefer. Die einsetzende Feminisierung der männlichen Gesichter ist ab 200.000 Jahren vor u.Z. zu beobachten.

      4. Schließlich haben domestizierte Arten ein kleines Gehirn. Dies geht erstaunlicherweise nicht mit einem entsprechenden Verlust an kognitiven Fähigkeiten einher. Im Gegenteil, die kleineren Gehirne sind leistungsfähiger als die größeren Gehirne der Vorfahren.“21

       Mein Fazit:

      In mutterzentrierten Gesellschaften setzten die Menschen nach gemeinsamem Beschluss aktiv planend Aggression gezielt innerhalb der Gruppe ein, um reaktiv aggressive Männer auszuschalten. Damit wurde die Gleichwertigkeit der Mitglieder gesichert; das Wohl und Überleben der Gruppe als Ganzes.

      Die Fähigkeit zur Kooperation

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