Befreiung - Von der Notwendigkeit und den Möglichkeiten einer umfassenden Umkehr. Timon Krause

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(beispielsweise Äthiopien) ausweicht, die noch nicht im Blick der kritischen Weltöffentlichkeit stehen und wo Arbeitnehmervertretungen schwach ausgeprägt sind.[1]

      8 Viele exklusive Modelabels lassen übrigens unter ebenso unmenschlichen Arbeitsbedingungen produzieren wie die Billiganbieter, von denen manche den Premium-Marken in Sachen Ethik- und Nachhaltigkeitsstandards mittlerweile sogar einige Schritte voraus sind.

      9 Die Kritik an den verschiedenen Freihandelsabkommen, welche die EU mit unterschiedlichen Nationen bzw. Wirtschaftsräumen seit Jahren vorantreibt, ist zuletzt wieder in den Hintergrund getreten – an Aktualität hat sie allerdings nichts verloren: Supranationale Schiedsgerichte, die gigantische Klagen gegen Staaten zwecks „Investitionsschutz“ von Unternehmen ermöglichen, Aushöhlung von Gesundheits- und Arbeitnehmerstandards, geheim verhandelt oder mit diplomatischen Winkelzügen an der Nationalparlamenten vorbei auf den Weg gebracht. Zudem werden die Eckwerte oftmals stark einseitig diktiert; gerade afrikanische Nationen können den von den Europäern geforderten Bedingungen wenig entgegensetzen. Freihandel im eigentlichen Sinne des Wortes sähe anders aus. Am Ende zahlen die Steuerzahler in den Industrienationen und die Arbeiter in den „Juniorpartner-Ländern“ die Zeche.[2]

      10 Erwiesenermaßen hat die von Deutschland angeführte Sparpolitik die Wirtschaftskrise im Süden Europas verschärft. Leidtragend ist vor allem die einfache Bevölkerung in Ländern wie Griechenland: Die Zahl der Langzeitarbeitslosen ist auf über 70% gestiegen, bei etwa 25% Gesamtarbeitslosigkeit; in der Zeit seit Ausbruch der Krise sind die Renten bereits 13 (!) mal gekürzt worden; die öffentlichen Ausgaben im Gesundheitssektor zwischen 2009 und 2016 wurden halbiert, 54 der 137 Krankenhäuser geschlossen. Saniert wurden stattdessen die Banken – auf Kosten der Staatshaushalte.[3]

      11 Wenn beispielsweise ein deutscher Verkehrsminister behauptet, ein Tempolimit auf deutschen Autobahnen sei „gegen jede Vernunft“, dann disqualifiziert sich dieser Minister mit seiner Aussage als Erfüllungsgehilfe eines Industriezweiges, der die Politik im Sinne seiner Profite zu beeinflussen sucht – insbesondere dann, wenn die Kosten für diese Profite die Allgemeinheit zu zahlen hat. Denn noch bevor geklärt ist, ob ein Tempolimit signifikant der Reduktion von Abgasen und der Verringerung von Unfallzahlen dient oder nicht, erfordert es doch gerade die Vernunft, sich entsprechende Fragen zu stellen, und gegebenenfalls die eigenen egoistischen Bedürfnisse zum Wohle der Allgemeinheit zurückzustellen, sofern die genannten Effekte tatsächlich eintreten sollten – wozu im Falle des Tempolimits wirklich keine wissenschaftlichen Studien nötig sein sollten.

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