Rom kämpft um den Rhein. Walter Krüger
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Abb. 8
Mittelalterliche Stadtmauer von Binche
Caesar sagt: „Der Ort hatte ringsum sehr hohe Felswände und gutes Blickfeld nach unten; auf einer Seite blieb ein leicht ansteigender Zugang in einer Breite von höchstens zweihundert Fuß: diese Stelle hatten sie mit einer Doppelmauer befestigt, dazu…“(liber II29,3)
Dieser Satz mag manchen Kenner der Materie sofort in Erinnerung kommen, wenn er den Namen Binche hört. Die Stadt liegt am Fuße des etwa 200m hohen Höhenrückens, der nördlich der Sambre verläuft, wie schon gesagt, als Wasserscheide, und sie im Süden und Osten umfasst, während nach Westen und Norden das Gelände leicht abfällt zur Haine, wohin auch die Nebenflüsse und Bäche fließen. Wie soll sich hier Caesars Aussage von den sehr hohen Felswänden bestätigen lassen?
Wäre es nicht denkbar, dass diese Formulierung vielleicht gar nicht dem Urtext entspricht? Man kann von Felsen sprechen und von Wänden aus Naturstein. Man kann auch beides zusammenfügen. Sieht man sich die Stadtmauern von Binche an, was jährlich viele Menschen tun, weil sie die beeindruckendsten in Belgien sind, dann kann man heute noch sehr gut erkennen, dass die hohen Mauern auf Fels stehen. Siehe Abb. 8.
Caesar spricht weiter von einer hohen Doppelmauer am Zugang. Das zeigt, dass die Bewohner dieser Siedlung die Stadt bereits mit festen Wänden umgeben konnten. Da er diese Menschen als Nachkommen der Kimbern und Teutonen bezeichnet, kann die Kunst, eine gute und hohe Stadtmauer zu errichten, von den in der Provinz Gallia Transalpina umherziehenden Kriegern der Teutonen den Römern und Griechen abgeschaut worden sein. In seinem Buch erscheint im germanischen Norden niemals wieder eine solche befestigte Stadt. Die der Atuatuker ist die einzige, die er benennt und stürmt.
Der Angriff Caesars auf Atuatuka
Der von Caesar beschriebene Angriff 57 v.Chr. auf eine wichtige Stadt der Atuatuker wird in meiner Darstellung zu einem auf die Vorläufersiedlung von Binche. In der Abb.9 ist die Erstürmung der Stadt nachempfunden worden. Eine Folge dieser Entscheidung Caesars ist die Einrichtung eines Winterlagers für eine Legion und weitere fünf Kohorten unter den Legaten Quintus Titurius Sabinus und Lucius Aurunculeius Cotta, die im Jahr 54 v.Chr. auf dem Grundriss des Lagers erfolgen sollte, das Caesar vor Atuatuka angelegt hatte.
Bereits nach zwei Tagesmärschen hätten die Römer den heutigen Ort Binche von Bavay aus erreichen können. Caesar wäre auf eine gut befestigte Stadt gestoßen, die auf einer felsigen Erhebung stand. Es war kein hoher Berg, sondern eher ein Plateau. Auf diesem felsigen Untergrund hatten die Atuatuker ihre Siedlung gebaut.
Man kann das ursprüngliche Plateau noch gut an der Faubourg Saint-Paul und der Faubourg du Posty erkennen. Da die heutige Anlage erst im 12.Jh. erbaut wurde, ist davon auszugehen, dass eine atuatukische Anlage etwas anders ausgesehen haben wird. Der Felsen war besser zu erkennen und die Befestigung oben aufgesetzt. Später, im Mittelalter, wurde sie z.T. auch davor errichtet. Der Grundriss des Ortes wird kleiner gewesen sein. Der Befestigungsring der Römer von etwa 4.400 m Länge gibt eine gewisse Grundfläche des Ortes vor, wenn man den Abstand für Wurfgeschosse einberechnet. Angenommen, der vorrömische Ort hätte etwa die Abmessungen des späteren Ortes innerhalb der noch sichtbaren Stadtmauern eingenommen, dann hätte er eine Länge von 1.200m und eine Breite von 400 - 600m gehabt.
Grob ergäbe das einen Umfang von 3.400m. Die römische Umfassungsmauer hätte demnach einen Abstand von etwas über 100m von der Stadtmauer gehabt. Somit gehen die Überlieferungen mit den hier angegebenen Maßen konform. Binche hatte auch nur einen Zugang. Und der lag im Norden. Vielleicht dort, wo die Rue de Bruxelles in die Avenue Charles Deliege übergeht. Vor dem Tor befand sich das Tal eines Flüsschens, heute La Princesse genannt. Zum Stadttor hatte es demzufolge einen leichten Anstieg des Weges gegeben. Tore durch Doppelmauern zu schützen, war in jener Zeit bereits eine weit verbreitete Verteidigungstechnik. Im Vergleich mit Caesars Aussagen ließe damit nur die Bezeichnung „Der Ort hatte rundum sehr hohe Felswände und ein gutes Blickfeld nach unten;…. “(liber II,29) einige Zweifel aufkommen. Der Höhenunterschied zwischen den Umgehungsstraßen an der Stadtmauer und dem Burgplateau beträgt zwischen 12 und 15m. Früher, als hier keine Straßen verliefen, lag das Terrain garantiert wesentlich tiefer. Diese Felsenwand kann durchaus als hoch bezeichnet werden, wenn erst darauf die Wälle, Palisaden oder Mauern standen. Doch warum ließ Caesar den Ort durch eine Umfassungsmauer einschließen? Hätte Binche wirklich auf einem hohen Felsen gestanden, wäre ein Mauerbau sinnlos gewesen. Sie erfüllte erst einen Zweck, wenn sich die Belagerten ohne besondere Probleme an den Mauern herunterlassen oder durch Schlupftüren Ausfälle organisieren könnten.
Der felsige Untergrund der Stadt hatte auch bei niedriger Höhe den Vorteil, dass die Römer mit ihrer Belagerungstechnik wie Rammböcken nichts anfangen konnten; weshalb sie sich auf das Tor konzentrierten, denn dort gab es keine Felsen, sondern die Stadtmauer. Insgesamt ergibt sich also doch eine weitgehende Übereinstimmung zwischen Caesars Texten und der angenommenen Realität.
Binche erwartete die Römer. Als die römische Vorhut die Hügel von Paissant und Fauroeulx überschritt, konnte dies von Binche aus gesehen werden. Ringsum auf den Hügeln stiegen die Rauchzeichen hoch. Dies war das bekannte Zeichen, das Feld oder den Hof zu verlassen und zum Schwert zu greifen. Im nahem Umland lebende Bauern eilten in die Stadt, während sich die Familien von den weiter entfernt stehenden Gehöften und Weilern in ihre vorbereiteten Verstecke in den Schluchten der Wälder begaben. Nur wer unmittelbar im Weichbild der Siedlung lebte, raffte seine bewegliche Habe zusammen und eilte auf das Tor zu. Ich bezweifle, dass die Atuatuker ein Aufgebot an Kriegern zur Unterstützung der Nervier gebildet hatten. Wenn es so gewesen wäre, hätte es sich auch pünktlich zum Schlachtfeld begeben. Tatsächlich wird der Stamm nur vorausschauend ein Aufgebot zum Schutz seiner eigenen Bevölkerung zusammengerufen haben. Dieser Haufen wäre dann vielleicht in Binche, der Siedlung am Anmarschweg der Römer, zu finden gewesen.
Es war nicht damit zu rechnen, dass es gelingen würde, wenige Tage nach der Schlacht an der Selle und mitten in der Erntezeit ein großes Aufgebot an Kriegern aus den entfernteren Stammesgebieten zusammenzurufen. Das ließ die Zeit nicht zu, denn die Römer rückten schneller an als gedacht. Die Anführer in Binche erfuhren das und vertrauten auf ihre Stadt und ihre Kräfte. Sie glaubten auch nicht daran, dass die Römer nach dem Kampf mit den Nerviern bereits wieder mit einer gewaltigen Streitmacht heranziehen würden. Schließlich waren sie keine Belger, sondern Germanen und mit den Eburonen verbündet. Ob der Römer sich auch mit dem germanischen Volk in einen Krieg einließe, war fraglich. Eher glaubte oder besser hoffte man auf eine kleine römische Streitmacht, die sich auf eine Erkundungstour begeben würde.
Aber es kam anders. Die Stadt, vor der Caesar erschien, hatte er sich als Beute auserkoren. Von diesem Schicksal ahnten die Bewohner noch nichts. Sie waren die Kriege mit ihren Nachbarn gewöhnt, aber nicht mit den Römern, den unerbittlichsten Gegnern.
Kommentieren wir, was Caesar dazu schrieb:
Die Stadt, die er angriff, kann nicht die „gesamten Streitkräfte“ aufgenommen haben (liber II, 29), denn das waren nach den Angaben Caesars bzw. der remischen Adligen 19.000 Mann, auch für die Römer eine ernst zu nehmende Armee. Dieses Heer hätte sich in jedem Falle in einer Feldschlacht gestellt und nicht zurückgezogen in eine eisenzeitliche Siedlung. In der Stadt lag eine Mannschaft zu ihrer Verteidigung, die vielleicht 1.000 bis 1.500 Mann stark war. Mehr konnte