Lebendige Seelsorge 3/2020. Erich Garhammer
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Bei der Forderung nach der Zulassung von Frauen zu allen Weiheämtern geht es um die Auseinandersetzung mit den theologischen Argumenten für die definitive Nichtzulassung von Frauen zum Priesteramt. Die Forderung ist eine existenzielle Anfrage all jener Frauen, die sich zum Priesteramt von Gott berufen fühlen. Schließlich wird die Forderung getriggert vom Gerechtigkeitsempfinden von Menschen in einer Gesellschaft, in der niemand wegen seines Geschlechts diskriminiert werden darf. Dabei geht es aber nicht um eine Anpassung an den sogenannten Zeitgeist, wie häufig unterstellt wird. Es geht darum, dass die Argumente in der Erklärung Inter insigniores der Glaubenskongregation von 1976 theologisch bei Weitem nicht eindeutig zu überzeugen vermögen (vgl. hierzu zusammenfassend Demel). Ähnlich verhält es sich mit der Normativität der Dualität und Komplementarität der zwei Geschlechter, die die geschlechtertheoretisch informierte theologische Wissenschaft zu Recht kritisiert (vgl. z. B. Heimbach-Steins 2004, Heimbach-Steins 2015 sowie Marschütz), die aber herangezogen wird, um eine schöpfungsgewollte unterschiedliche Berufung der zwei Geschlechter zu begründen. Frauen wird die Zulassung zu den Weiheämtern verweigert auf der Grundlage zutiefst infrage stehender theologischer Argumente, über die nicht diskutiert werden durfte. Es ist gut, wenn wir uns als Kirche jetzt argumentativ mit dieser Frage auseinandersetzen. Und bei dieser Auseinandersetzung gilt es, sich der Quellen und der Hermeneutik zu vergewissern. So kann z. B. nicht die Antwort auf die Frage, ob es schon einmal geweihte Diakoninnen in der Kirche gegeben hat, das entscheidende Kriterium einer vom Papst eingesetzten Kommission sein, ob es heute oder in Zukunft welche geben darf. Der Auftrag der Kirche ist es, evangeliumsgemäß zu sein und am Reich Gottes mitzubauen – und zwar entsprechend den Herausforderungen der jeweiligen Gegenwart. Um diesem Auftrag gerecht zu werden, müssen Theologie und Kirche um die Frage ringen, was evangeliumsgemäß ist, immer wieder neu nach dem Willen Gottes fragen und die Zeichen der Zeit im Licht des Evangeliums beleuchten (vgl. Gaudium et spes 4).
Welche Weiheämter also entsprechen einer Kirche, die Zeichen und Werkzeug des Heils sein soll?
Die Frage nach den Frauen in der Kirche und die Forderung nach den Weiheämtern für Frauen sind ein Zeichen der Zeit. Die Argumente gegen ihre Zulassung sind nicht tragfähig, und die Diskriminierung von Frauen aufgrund einer angeblichen eindeutig schöpfungstheologisch fundierten Geschlechterdualität ist nicht christlich. Die Forderung darf aber nicht zu kurz greifen und nicht versäumen zu fragen, welche Weiheämter denn die katholische Kirche braucht: Welche Weiheämter also entsprechen einer Kirche, die Zeichen und Werkzeug des Heils sein soll? Die MHG-Studie jedenfalls sieht zwischen dem Klerikalismus, der sakralisierten Machtfülle von Priestern und dem Missbrauch von Macht in sexualisierter Form einen Zusammenhang. Darum müssen Frauen nicht paternalistisch vor der Gefahr des Klerikalismus bewahrt werden (vgl. Nr. 100). Vielmehr muss die Kirche jedweden Klerikalismus ausmerzen und sich fundamental mit den Weiheämtern auseinandersetzen.
EINE CHRISTLICHE KIRCHE
Ich sehe keinen Grund, warum in der katholischen Kirche Frauen und Männer differenziert und hierarchisiert werden müssten. Die Taufformel im Brief des Apostels Paulus an die Gemeinde in Galatien erinnert an die Aufhebung aller ‚Schubladen‘ dieser Art im Christentum: „Denn alle, die ihr in den Messias hineingetauft seid, habt den Messias angezogen wie ein Kleid. Da ist nicht jüdisch noch griechisch, da ist nicht versklavt noch frei, da ist nicht männlich und weiblich: denn alle seid ihr einzig-einig im Messias Jesus.“ (Gal 3, 27f). Ich sehe den Auftrag, den die Kirche hat: Zeichen und Werkzeug des Heils, des Reiches Gottes zu sein. Diesem Auftrag muss die Sozialgestalt der Kirche, müssen sämtliche Strukturen und Ämter, insbesondere auch Amtsträger*innen und schließlich das Volk Gottes entsprechen.
LITERATUR
Bode, Franz-Josef (Hg.), Als Frau und Mann schuf er sie. Über das Zusammenwirken von Frauen und Männern in der Kirche, Paderborn 2013.
Bucher, Rainer, Die neue Ordnung der Geschlechter und die Ohnmacht der katholischen Kirche. Zum Ausklingen der patriarchalen Definitionsmacht, in: Eder, Sigrid/Fischer, Irmtraud (Hg.): … männlich und weiblich schuf er sie … (Gen 1,27). Zur Brisanz der Geschlechterfrage in Religion und Gesellschaft (Theologie im kulturellen Dialog 16), Innsbruck 2009, 281-296.
Demel, Sabine, Frauen und kirchliches Amt. Grundlagen – Grenzen – Möglichkeiten, Freiburg i. Br. 2012.
Heimbach-Steins, Marianne, Ein Dokument der Defensive. Kirche und Theologie vor der Provokation durch die Genderdebatte, in: Herder Korrespondenz 58 (9/2004), 443-447.
Heimbach-Steins, Marianne, Die Gender-Debatte – Herausforderungen für Theologie und Kirche (Kirche und Gesellschaft 422), Köln 2015.
Katholische Nachrichten Agentur, „Sich zu engagieren, ist teilweise sehr frustrierend“. Theologe kritisiert Umgang der Kirche mit Engagement; abrufbar unter: https://www.domradio.de/themen/reformen/2019-12-15/sich-zu-engagieren-ist-teilweise-sehr-frustrierend-theologe-kritisiert-umgang-der-kirche-mit.
Marschütz, Gerhard, Wachstumspotenzial für die eigene Lehre. Zur Kritik an der vermeintlichen Gender-Ideologie, in: Herder Korrespondenz 68 (9/2014), 457-462; abrufbar unter: https://www.herder.de/hk/hefte/archiv/2014/9-2014/wachstumspotenzial-fuer-die-eigene-lehre-zur-kritik-an-der-vermeintlichen-gender-ideologie/.
Rünker, Thomas, Bischof Overbeck sieht Kirche an historischem Wendepunkt, 07. November 2018; abrufbar unter: https://www.bistum-essen.de/pressemenue/artikel/bischof-overbeck-sieht-kirchean-historischem-wendepunkt/.
Qualbrink, Andrea, Frauen in kirchlichen Leitungspositionen. Möglichkeiten, Bedingungen und Folgen der Gestaltungsmacht von Frauen in der katholischen Kirche, Stuttgart 2019.
Qualbrink, Andrea, Studie „Frauen in Leitungspositionen deutscher Ordinariate/Generalvikariate 2018“ Studie im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz, 2019; pdf-upload unter: https://www.dbk.de/fileadmin/redaktion/diverse_downloads/presse_2019/2019-035d-FVV-Lingen-Studie-Frauen-Leitungsposition.pdf.
Schüller, Thomas, In persona Mariae. „Querida Amazonia“ macht den Weg frei für Kardinälinnen, in: Herder Korrespondenz 74 (5/2020), 41-43. Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz (Hg.), Nachsynodales Apostolisches Schreiben Querida Amazonia von Papst Franziskus an das Volk Gottes und an alle Menschen guten Willens (Verlautbarungen des Apostolischen Stuhls 222), Bonn 2020.
Vorbereitendes Forum Frauen in Diensten und Ämtern in der Kirche, Abschlussbericht der Arbeitsgruppe zur Vorbereitung des Synodalforums; pdf-upload unter: https://www.synodalerweg.de/fileadmin/Synodalerweg/Dokumente_Reden_Beitraege/SW-Vorlage-Forum-III.pdf.
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