Lebendige Seelsorge 3/2020. Erich Garhammer

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Lebendige Seelsorge 3/2020 - Erich Garhammer

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Frauen haben nicht die gleichen Rechte wie Männer. Aufgrund ihres Frauseins kommen sie nicht in die Lage, zu den Weiheämtern der römisch-katholischen Kirche zugelassen zu werden. Es braucht wohl einen weltweiten Aufstand, um Jesus und seine emanzipatorische Haltung wieder in den Vordergrund zu rücken. Jacqueline Straub

      Frauen seien „verunglückte Männer“, so betitelte der Theologe und Philosoph Thomas von Aquin (1225–1274) das weibliche Geschlecht. Er war nicht der erste und auch nicht der letzte Kirchenlehrer, welcher der Frau einen untergeordneten Status zusprach. Im Jahr 1880 kämpften Frauen schon seit Jahrzehnten für ihre Rechte in Gesellschaft und Politik, als Papst Leo XIII. in dem Rundschreiben Arcanum divinae sapientiae schrieb, dass der Mann der Herr in der Familie und das Haupt der Frau sei. Der Papst stellte mit seinem Rundschreiben klar, dass die Frau dem Mann Untertan sei und ihm zu gehorchen habe (Leo XIII., 389).

      Die Unterordnung der Frau und ihre Fokussierung auf ihre biologische Funktion schlugen sich auch im Kirchenrecht von 1917 nieder. Dort wurde unter anderem in recht frauenfeindlicher Sprache die verheiratete Frau zusammen mit Geisteskranken und Minderjährigen genannt (can. 93 §1 CIC/1917). Ebenso findet sich darin die Vorschrift, dass Kleriker Frauen zu meiden haben, da diese deren zölibatäre Lebensweise in Gefahr bringen könnten (can. 133 CIC/1917). Auch wenn das derzeit geltende Kirchenrecht von 1983 eine Aufwertung des weiblichen Geschlechts und der christgläubigen Laien und Laiinnen vorgenommen hat, gibt es nach wie vor ungleiche Bedingungen. So heißt es in can. 1024 CIC/1983: „Die heilige Weihe empfängt gültig nur ein getaufter Mann.“ Da allein das Geschlecht zum Ausschlusskriterium wird, liegt hier eine strukturelle Diskriminierung der Frau vor (vgl. Pottmeyer, 133ff.).

      DISKRIMINIERUNG DER FRAU WIDERSPRICHT DEM PLAN GOTTES

      Die Geschichte des Christentums kennt zahlreiche herablassende Kommentare über Frauen und das weibliche Wesen überhaupt. Daraus wurde im Laufe der Zeit eine Theologie der Unterordnung entwickelt, die bis heute in der katholischen Kirche anhält und deswegen den Frauen nicht die gleichen Rechte zuspricht. Das Zweite Vatikanische Konzil (1962–1965) brachte einen Paradigmenwechsel. Die Frauen wurden explizit in den Blick genommen und den Männern gleichgestellt. So spricht die Pastoralkonstitution Gaudium et spes zwar von einer „grundlegenden Gleichheit aller Menschen“ (Nr. 29). Kirchenrechtlich ist dieser Absatz in can. 208 CIC/1983 jedoch bloß rudimentär normiert: „Unter allen Gläubigen besteht, und zwar aufgrund ihrer Wiedergeburt in Christus, eine wahre Gleichheit in ihrer Würde Tätigkeit, kraft der alle je und nach ihrer eigenen Stellung und Aufgabe am Aufbau des Leibes Christi mitwirken.“ Auch wenn Frauen heute in der katholischen Kirche schon viel bewirken können, etwa in der Seelsorge tätig sind, an Universitäten lehren oder in Ordinariaten mitgestalten, ist die volle Gleichberechtigung noch keineswegs in Sicht. Ein Blick in die Anfänge des Christentums zeigt, dass die ersten Christinnen und Christen gleiche Aufgaben und Funktionen wahrnehmen durften. „Es gibt nicht mehr Juden und Griechen, nicht Sklaven und Freie, nicht männlich und weiblich; denn ihr alle seid einer in Christus Jesus.“ Paulus zitiert in Gal 3,28 den „ekklesiologischen Spitzensatz“ (Heininger, 63) der frühen Kirche und betont, dass aufgrund der Taufe ethische und soziale Hürden und auch jegliche unterschiedlichen Bewertungen und Funktionalisierungen der Geschlechter überwunden sind. Manche Exegeten sehen darin die Erfahrung eines Bruchs mit der festgelegten Rollenverteilung von Männern und Frauen (vgl. Dautzenberg, 196ff.), andere lediglich einen eschatologischen Charakter.

      Jacqueline Straub

      geb. 1990, studierte katholische Theologie in Freiburg i. Br., Fribourg und Luzern und arbeitet als Journalistin, Buchautorin und Referentin. Bekannt wurde sie durch ihren öffentlichen Einsatz für das Frauenpriestertum in der römisch-katholischen Kirche. So zählte sie der britische Sender BBC im Jahr 2018 zu den inspirierendsten Frauen der Welt.

      GLEICHBERECHTIGUNG BEI JESUS

      Jesus selbst behandelte Frauen gleichberechtigt. Viele begleiteten ihn auf seinen Reisen, und er diskutierte mit ihnen, obwohl es in der damaligen Zeit verpönt war, gar der jüdischen Gesellschaftsordnung widersprach. In der damaligen patriarchalischen Gesellschaft waren Frauen auf die gleiche Stufe von Kindern und Sklaven gestellt. Die Gestaltung des öffentlichen Lebens war reine Männersache. Jesus ließ sich aber nicht davon abhalten, allen Menschen die Frohe Botschaft zu verkünden. Dass Frauen in der Bibel namentlich genannt werden, muss als außerordentlich betrachtet werden und zeigt, dass sie von großer Bedeutung für Jesus waren. An den Dreh- und Angelpunkten seines Lebens waren es stets Frauen, die Jesus begleiteten und ihm beistanden. Eine Frau, Maria, brachte Jesus zur Welt. Sie ist es auch, die ihn bei der Hochzeit zu Kana im Johannesevangelium zum ersten Wunder drängte. Seine Mutter wusste, dass ihr Sohn ein besonderes, von Gott auserwähltes Kind ist. Den längsten Dialog im Neuen Testament (Joh 4,6-15) führt Jesus mit einer Frau, dazu noch mit einer, die von der jüdischen Gesellschaft verachtet wurde, da sie Samariterin war.

      Bei der Kreuzigung Jesu waren es gemäß dem Matthäus- und Markusevangelium nur Frauen, die beim Kreuz standen. Sie werden sogar mit ihren Namen erwähnt. Frauen spielten auch nach dem Tod Jesu eine zentrale Rolle. Etwa die Jüngerin Maria Magdalena. Sie pflegte eine besondere Beziehung zu Jesus. Dies gefiel nicht allen Jüngern. So wird im apokryphen Evangelium nach Maria ein Dialog zwischen Petrus und Maria Magdalena genannt, der deutlich zeigt, dass der Petrus des Maria-Evangeliums – von Eifersucht geplagt – einfach nicht begreifen konnte und wollte, dass Maria Magdalena einen religiösen Wissensvorsprung erhielt: „Hat er etwa mit einer Frau heimlich vor uns gesprochen und nicht öffentlich? Sollen wir selbst umkehren und alle auf sie hören? Hat er sie mehr als uns erwählt?“ (Peters, 146).

      Dass Maria Magdalena eine Sonderstellung in der Jesus-Nachfolge hatte, zeigt deutlich ihre Erwählung zur ersten Zeugin der Auferstehung am Ostermorgen. Christus gibt ihr den Auftrag, den anderen Männern und Frauen die Frohe Botschaft zu verkünden, dass Gott den Tod überwunden hat. Und dies, obwohl eine Frau in der damaligen Zeit gar kein öffentliches Zeugnis ablegen durfte. Indem Jesus Christus sie erwählt, sprengt er die gesellschaftlichen Regeln und lässt so ein neues Zeitalter beginnen. Das brachte ihr schließlich den Titel „Apostelin der Apostel“ ein, den die beiden Kirchenväter Hippolyt von Rom (170–235) und Augustinus (354–430) bereits verwendeten.

      In jedem Gottesdienst erinnern wir uns in der Eucharistiefeier an Christi Tod und Auferstehung. Bei diesem zentralen Ereignis waren es die Frauen, allen voran Maria Magdalena, die präsent waren und so zu ersten Zeuginnen wurden. Wäre es dann nicht im Sinne Jesu Christi, Frauen auch am Altar zuzulassen?

      Die Gleichbehandlung der Frauen durch Jesus beruht darauf, dass Frauen wie Männer in der Liebe Gottes gleichgestellt sind. „Im Christentum heißt der eigentliche befreiende und emanzipatorische Anstoß eben doch: Jesus von Nazaret.“ (Blank, 91). Dies hatte ganz konkrete Auswirkungen auf die ersten christlichen Gemeinden. Die paulinischen Briefe sind dafür Zeugnisse: Frauen hatten große Bedeutung für die christliche Mission und den Gemeindeaufbau – teilweise waren sie sogar wichtiger als ihre Männer (vgl. Röm 16,3). Christinnen in der ersten Generation führten diakonische, priesterliche, bischöfliche und prophetische Dienste aus. Dies war nur möglich, weil der sozio-kulturelle Druck der griechisch-römischen Gesellschaft noch kaum vorhanden und das Ämterverständnis noch nicht abschließend geprägt war.

      RÜCKBESINNUNG AUF JESUS CHRISTUS

      Über Jahrhunderte hinweg blieb der Gleichheitsgedanke, den Jesus so stark vorlebte, durch die wechselvolle Kirchengeschichte verschüttet, bis das Zweite Vatikanische Konzil einen Paradigmenwechsel brachte und die Gleichheit von Mann und Frau in den Konzilskonstitutionen theologisch begründete – sowohl aufgrund der Schöpfungs- als auch der Erlösungsordnung. „Jede Form einer Diskriminierung in den gesellschaftlichen und kulturellen Grundrechten der Person, sei es wegen des Geschlechts […], muss überwunden und beseitigt werden, da sie dem Plan Gottes widerspricht.“ (Gaudium et spes 29). So formulierten es die Konzilsväter vor über 50 Jahren.

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