Whitney Houston. Mark Bego
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Aretha war schon im Geschäft, seit sie 1960 bei Columbia unterschrieben hatte. Sie nahm eine ganze Reihe von Alben für das Label auf, konnte aber nie den großen Mainstream-Erfolg verbuchen. Als ihr Vertrag auslief, wechselte sie zu Atlantic Records, und dort gelang ihr eine beeindruckende Reihe von Hit-Singles und Grammy-Auszeichnungen im Bereich Rhythm & Blues – oft begleitet von Cissy Houston, die ihre Background-Vocals sang. Zwischen 1967 und 1974 folgte ein Hit auf den anderen, darunter „Respect“, „Chain Of Fools“, „Think“ und „Rock Steady“. Mit dem Beginn der Disco-Ära ging es ihr jedoch wie vielen Stars der späten Sechziger und frühen Siebziger – andere zogen an ihr vorbei. Als ihre Zeit bei Atlantic sich dem Ende zuneigte, holte Clive Davis sie zu Arista, brachte sie mit den richtigen Produzenten und Songwritern zusammen, und plötzlich verkaufte sie mehr Platten, als sie es je bei Atlantic getan hatte.
Nachdem ihm nun der Ruf vorauseilte, dass alles, was er anfasste, zu Gold würde, wollte sich Davis nun daran versuchen, eine ganz neue Sängerin aufzubauen. Eine Weile deutete alles darauf hin, als sollte Phyllis Hyman als seine größte Entdeckung in die Geschichte eingehen. Sie war eine groß gewachsene Frau von statuenhafter Schönheit, deren Stärke vor allem im Jazz und bei Balladen lag, und sie wurde auf diesem Gebiet auch recht erfolgreich; ihr größter Hit war die von Barry Manilow produzierte Ballade „Somewhere In My Lifetime“. Anfang der Achtziger zählte sie zu den Stars des bekannten Broadway-Musicals Sophisticated Ladies, und sie wurde für ihre Rolle darin sogar für einen Tony Award nominiert. Doch trotz einiger hoch gelobter Alben für Arista gelang Phyllis nie der große internationale Durchbruch. Persönliche Probleme führten dann dazu, dass ihre Karriere ein unerwartet frühes Ende fand, und Mitte der 1990er-Jahre beging Phyllis Hyman tragischerweise Selbstmord.
Als Clive Davis jedoch das noch unausgeformte Talent der jungen Whitney Houston erkannte, fasste er sofort den Entschluss, ihre Karriere mit allen Mitteln voranzutreiben. Und tatsächlich sollte Whitney schließlich genau all das erfüllen, was man sich zuvor von Phyllis Hyman erhofft hatte.
Nach zehn Jahren im Geschäft war Arista Records so erfolgreich, dass Clive Davis es sich leisten konnte, ganze zwei Jahre zu investieren, um an Whitneys Look, Sound und Image zu arbeiten. Er gab unerhörte 250.000 Dollar allein dafür aus, ihr erstes Album zu planen und einzuspielen. Er sorgte dafür, dass Whitney bei den richtigen Partys gesehen wurde, dass sie in bestimmten, wichtigen Clubs auftrat und sich bei privaten Musikveranstaltungen zeigte. Jedes Detail von Whitneys Laufbahn wurde mit größter Sorgfalt durchdacht und persönlich von Davis beaufsichtigt.
Noch bevor sie mit den Aufnahmen für ihr Debütalbum begonnen hatte, trat sie 1984 in der Fernsehsendung The Merv Griffin Show auf. Es handelte sich um eine Sondersendung der berühmten Talk- und Variety-Show, die ganz und gar Clive Davis und seiner zehnjährigen Erfolgsgeschichte mit Arista gewidmet war. Als Davis selbst seinen neuesten Schützling vorstellte, sagte er: „Entweder man hat das gewisse Etwas, oder man hat es nicht. Sie hat es.“ Whitney trat auf die Bühne und eroberte das Publikum sofort mit einer bewegenden Version des Songs „Home“ aus dem Musical The Wiz – Das zauberhafte Land.
1984 nahm Whitney den ersten Song auf, der sich später auch auf ihrem Debüt wieder finden sollte. Damals arbeitete der ehemalige Leadsänger von Harold Melvin & The Blue Notes, Teddy Pendergrass, gerade an seinem Comeback und spielte ein neues Album für ein neues Label ein. Pendergrass hatte einen tragischen Autounfall hinter sich und war seitdem querschnittsgelähmt, aber er hatte dennoch erfolgreich von CBS Records zu Elektra wechseln können, und nun betreute der Balladenspezialist Michael Masser sieben Tracks des neuen Albums Love Language. Luther Vandross produzierte einen weiteren Song, „You’re My Choice Tonight (Choose Me)“, den Titeltrack aus dem Film Choose Me – Sag ja; die weibliche Solostimme auf diesem Titel gehörte zufällig Cissy Houston.
Der Produzent und Songwriter Michael Masser war damals besonders bekannt für die Hitballade „Touch Me In The Morning“ von Diana Ross. Für Teddys Album hatte er mit Linda Creed zusammen das Duett „Hold Me“ geschrieben. Da Whitney durch ihre Beteiligung an dem Material-Projekt bei Elektra bekannt war, wurde sie eingeladen, bei diesem Song mitzusingen. „Hold Me“ wurde für das Duo Teddy Pendergrass und Whitney Houston zum Hit.
Währenddessen hatte Michael Jacksons älterer Bruder Jermaine das Label Motown nach langen Jahren verlassen und einen Solovertrag bei Arista unterzeichnet. Das Jahr 1984 stand ganz im Zeichen des King of Pop, der kurz zuvor mit Thriller eines der erfolgreichsten Alben aller Zeiten abgeliefert hatte, und daher machte es große Schlagzeilen, als bekannt wurde, dass sich Michael, Jermaine, Tito, Randy, Jackie und Marlon Jackson für ein neues Album und die Victory-Tour noch einmal zusammenfinden würden. Jermaine brauchte eine kraftvolle Soloplatte, die er auf dieser ausverkauften Tour, um die so viel Rummel gemacht wurde, vorstellen konnte, und genau die gelang ihm auch. Jermaine Jackson erschien 1984 auf Arista, kam in den USA bis in die Top Twenty und wurde mit Gold ausgezeichnet. Neben der Hit-Single „Dynamite“ befanden sich unter anderem zwei bemerkenswerte Duette auf der Platte – „Tell Me I’m Not Dreamin‘ (Too Good To Be True)“ mit seinem Bruder Michael und „Take Good Care Of My Heart“ mit Whitney Houston.
Im August 1984 veranstaltete Arista in einer New Yorker Diskothek namens Limelight eine große Party für Jermaine. Zur Unterhaltung der Gäste sang Whitney dort „Home“ und eine Reihe anderer Solo-Songs. Dann kam Jermaine zu ihr auf die Bühne, und beide brachten gemeinsam „Take Good Care Of My Heart“.
Der Starfotograf Charles Moniz war bei der Veranstaltung im Limelight zugegen, um Fotos zu machen, und er berichtete: „Damals war Jermaine Jackson der große Star. 1984 standen alle Jacksons im Blickpunkt der Öffentlichkeit, und ich erinnere mich, dass Janet und LaToya auch im Club waren, um sich den Auftritt ihres Bruders anzusehen. Als Whitney auf die Bühne kam, war sie noch relativ unbekannt, jedenfalls im Vergleich zu Jermaine. Aber es war sofort klar, dass eine große Zukunft vor ihr lag. Sie wurde auch so präsentiert, als sei sie schon ein Star.“
Am letzten Novemberwochenende 1984 gab Arista Records eine große Party, um das zehnjährige Bestehen des Unternehmens zu feiern. Die Veranstaltung fand im Museum Of The City Of New York statt, und es wurde eine umwerfende Party mit viel Klasse. Einige Arista-Künstler waren dabei, beispielsweise Patti Smith, Alan Parsons und Dionne Warwick. Dionne sorgte auch für die musikalische Begleitung des Abends, und Whitney Houston trat ebenfalls auf. Die Anwesenden, der Autor eingeschlossen, waren von dem, was sie zu sehen und zu hören bekamen, äußerst beeindruckt.
Das ganze Jahr über hatte man bei Arista dafür gesorgt, dass Whitneys Talent bei verschiedenen Veranstaltungen zu Gehör gekommen war, obwohl es noch immer keine Platte von ihr zu kaufen gab. Unter anderem war sie auch mit Jermaine Jackson zusammen als musikalischer Gast in der beliebten TV-Soap As The World Turns, die in den USA im Nachmittagsprogramm lief, zu sehen gewesen. Davon abgesehen hörten Millionen amerikanischer Fernsehzuschauer Whitneys Stimme bereits mehrere Male am Tag. Das Weichspülmittel Bounce wurde damals mit einem Spot beworben, der mit einer Version von „Jump“ der Pointer Sisters unterlegt war, gesungen von Cissy Houston. Im Hintergrund war ganz klar Whitneys Stimme zu erkennen.
Bei Arista arbeitete damals Kenneth Reynolds, der die Abteilung R&B Product Management leitete und dabei auch direkt für Whitney zuständig war. Er ist zudem in ihrem ersten Video zu sehen, als Koch des Restaurants, in dem Whitney „You Give Good Love“ vorträgt. Reynolds berichtete: „Als ich im Oktober 1983 zu Arista kam, war der Vertrag mit Whitney bereits abgeschlossen und innerhalb des Unternehmens ausführlich kommunziert worden. Jeder wusste von ihr, jeder wusste, dass ihre Karriere mittels einer riesigen Marketing- und Promotionkampagne angeschoben werden sollte. Es stand fest, dass