Arizona Gunfighter - 10 Western: Sammelband Januar 2018. Pete Hackett
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Читать онлайн книгу Arizona Gunfighter - 10 Western: Sammelband Januar 2018 - Pete Hackett страница 33
Der Morgen graute bereits, als Dan Flemming haltmachte. Er war ständig in südliche Richtung geritten. Sein Vorhaben, ein Lager aufzuschlagen, gab er bald wieder auf. Der Hufschlag einer kleinen Reiterkavalkade ließ ihn sein Pferd in die Deckung der Büsche ziehen und ihm die Nüstern zuhalten. Der Gedanke, dass der Reitertrupp aus Rohhäutern bestehen konnte, war nicht abwegig. Auf keinen Fall durfte der Rappwallach den fremden Pferden zu wiehern.
Unwillkürlich senkte sich Dans Rechte und tastete nach dem 45er Colt im Holster. Erst jetzt, als er im Versteck verharrte, bemerkte er, dass er während des Rittes eine Fahrspur überquert hatte. Tiefe Räderfurchen hatten sich in den Boden eingegraben und zeigten so einen Weg an, wie er in diesem Lande als Straße üblich war. Die großen Straßen in den Ländern allerdings waren ehemalige Büffelpfade, die diese massigen Tiere auf ihren Wanderungen im Laufe der Jahrhunderte getreten hatten.
Nun, die Spur vor Dan befand sich nicht auf einem Büffelpfad. Die Räderfurchen stammten von Frachtwagen, Einspännern und Stagecoachs. Man brauchte kein besonders guter Fährtenleser zu sein, um das herauszufinden. Dan bemerkte zu seinem Missvergnügen, dass er ein schlechtes Versteck hatte. Jetzt war es allerdings zu spät, den Ort zu wechseln. Seine Hand klammerte sich fester um den Kolben seiner Waffe. In seinen Grauaugen zeigten sich dunkle Schatten. Eine Strähne seines braunlockigen Haares, das unter dem Stetsonrand hervorquoll, wurde vom kühlen Morgenwind gezaust. Seine Finger tasteten über sechs Kerben im Revolvergriff. Die sechs Kerben zeigten jede den Tod eines Mannes an, der aus dem Leben scheiden musste, damit er weiterleben konnte.
Fester pressten sich Dans Lippen zusammen. Wie versteinert wirkten seine Gesichtszüge. Es war, als kämpfe er innerlich gegen einen Fluch an, der durch den Willen des Schicksals auf ihm lastete. Es war der Fluch, mit der Waffe in der Hand sich einen Weg zu bahnen, um selbst weiterleben zu können.
Dan Flemming hatte am Hufschlag der sich nähernden Kavalkade bereits erkannt, dass sie aus drei Männern bestand. Bei den Rohhäutern gab es einige besonders beschlagene Männer, die schnelle Pferde hatten, stark bewaffnet waren und für ihren Anführer durch die Hölle reiten würden. Dans Nasenflügel vibrierten wie bei einem witternden Tier, das die drohende Gefahr mit feinem Instinkt erfasst hat. Wer Dan jetzt in dieser Verfassung zu sehen bekommen hätte, würde ihn für einen Mann von dreißig Jahren halten, so verändert und gealtert wirkte jetzt sein Gesicht. Die letzten Spuren der Jugend waren aus ihm gewichen. Seine Augenlider zogen sich zu schmalen Schlitzen zusammen, und sein Blick drang durch das Gebüsch mit der Schärfe eines nach Beute ausspähenden Adlers. Er schreckte nicht einmal zusammen, als die drei Reiter in sein Blickfeld kamen.
Beim Anblick der drei Männer atmete er erleichtert auf, denn an ihren Silhouetten erkannte er, dass es keine ihn verfolgenden Rohhäuter waren. Es waren fremde Männer, die langsam und sehr vorsichtig ritten, so als warteten sie auf etwas ganz Bestimmtes. Etwa zwanzig Schritt von Dans Versteck gingen sie mit ihren Pferden in Deckung. Einer nach dem anderen verschwand, so als würde er von der Schwärze der scheidenden Nacht aufgesogen. Dan wurde das seltsame Gefühl nicht los, dass sie ihn irgendwie bemerkt hatten, so sehr ihm sein Verstand auch sagte, dass das nicht gut möglich sein konnte. Sie kamen aus einer Richtung, die er selbst nicht geritten war. Die Angst, dass der Rappwallach schnauben oder wiehern könnte, hatte ihn dazu veranlasst, mit beiden Händen die Nüstern des Tieres zuzuhalten. Er merkte, dass diese Vorsichtsmaßnahme nicht nötig war, denn der Rappwallach gehörte zu jener Sorte gut dressierter Pferde, die ein Kenner für das Leben in diesem Lande abgerichtet hatte. Das Tier stand wie aus Erz gegossen, und nur seine Ohren bewegten sich.
Vor der Ankunft der drei Reiter hatte sich Dan wieder in den Sattel geschwungen. Reglos saß er jetzt und lauschte. Nichts regte und rührte sich. Nicht lange allerdings blieb dieser Scheinfriede erhalten. Das Rollen eines Wagens drang aus der Dämmerung zu ihm hin. Der Wind trug das Räderrollen aus nördlicher Richtung heran. Dan erblickte für einen Augenblick eine Gestalt am Wegrand, die aber sogleich wieder verschwand. Daran war zu erkennen, dass die Reiter abgesessen waren und auf das Erscheinen des Wagens warteten. Sie waren also nicht Dans wegen gekommen. Ungewollt war er nun Zeuge der Vorbereitungen eines Überfalls geworden, der aus dem Hinterhalt stattfinden sollte.
„Mische dich nicht ein“, sagte ihm eine innere Stimme. „Es geschieht dir nichts, du solltest endlich damit aufhören, dir für andere die Haut ansengen zu lassen. Hast du nicht schon genug abbekommen? Du hast deine Lektionen erhalten. Was auch geschieht, es geht dir nicht an den Kragen!“
Eine andere Stimme stellte sich dem entgegen.
„Dan“, sagte diese Stimme mit Nachdruck, „das Böse in der Welt ist deutlich zu erkennen. Schon in der Vorbereitung zur Tat ist es gut sichtbar. Wenn du es hinnimmst, wenn du duldest, dass es zur Tat wird, bist du genauso wie die drei da vorne, nämlich ein übler und hinterhältiger Schurke. Alles liegt ganz klar, du brauchst nicht einmal nach den Hintergründen zu forschen. So wie diese drei, so lauern Raubtiere auf Beute. Du hast doch gegen menschliches Raubzeug immer wieder eine unüberwindliche Abneigung gehabt. Ist das nun zu Ende? Bist du bereits auf dem Weg so kalt und herzlos zu werden, dass dich nichts mehr erschüttern, nichts mehr aus dem Gleichgewicht bringen kann? Sechs Kerben trägt deine 45er Waffe, sind es diese Kerben, die dich gefühllos machen? Sind diese Kerben schuld daran, dass dir das Leben eines Menschen so nichtig erscheint, dass du die Verantwortung, die jeder Mensch für seinen Mitmenschen hat, einfach in den Wind schlagen willst?“
Fester pressten sich Dan Flemmings Lippen zusammen, so fest, dass sie zu schmalen Strichen wurden.
3.
Lauter wurde das Räderrollen. Pferdehufe trommelten den Boden. Auf der Anhöhe wurde eine von vier Pferden gezogene Stagecoach sichtbar.
Jedes der Gespanntiere musste sich kräftig ins Geschirr legen, um das Gefährt über die Anhöhe zu bringen. Der Fahrer saß weit vorgeneigt auf dem Bock und schwang die langstielige Peitsche. Seine Silhouette hob sich deutlich auf dem Bode ab, versank dann gleich wieder, als die Stagecoach über die Steigung war.
Laut knirschten und quietschten die Bremsklötze, die der Fahrer anzog, um die jetzt zu Tal fahrende Coach nicht in die Hufe der Gespannpferde rollen zu lassen. Beim Zutalrollen war die Kutsche nur als ein dunkler Fleck sichtbar. In wenigen Minuten würden ihre Umrisse deutlicher zu sehen sein, wenn das dann wieder langsam fahrende Gefährt jene Stelle passierte, die die drei Männer sich als Hinterhalt für den Überfall ausgesucht hatten.
Dans Herz schlug schneller. Er saß vornübergebeugt im Sattel und nahm den Blick nicht von der Stagecoach. Die widerstreitenden Stimmen in ihm ließen ihn verharren. Kostbare Zeit verstrich, und Dan bewegte sich nicht, er war verurteilt auszuharren. Sein Verstand sagte ihm, dass er unbemerkt davonkommen konnte, wenn der Überfall stattfand. Er konnte die dann entstehende Verwirrung
nützen und sich in Sicherheit bringen. Es war wohl das beste, die sich bietende Chance wahrzunehmen. Jedes Einmischen bedeutete Schwierigkeiten, und deren hatte er schon mehr als genug. Was ging ihn der Fahrer an und die Menschen, die sich der Stagecoach anvertraut hatten? Es fragte sich auch noch, ob das Gefährt überhaupt Passagiere