Hanseschwestern - Historical Romance Sammelband 6020: 3 Romane. Alfred Bekker
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Читать онлайн книгу Hanseschwestern - Historical Romance Sammelband 6020: 3 Romane - Alfred Bekker страница 28
„Ja, das wissen wir beide – und durchaus auch Johann. Aber das weiß nun einmal nicht sein Vater. Und wieso bist du nicht zufrieden damit, denn eines hast du damit ja offensichtlich erreicht: Wenn er seine Liaison mit Adele leugnet, wird es in Zukunft auch keine Liaison mehr zwischen den beiden geben können. Und das war doch das eigentliche Ziel, nicht wahr? Oder wolltest du etwa die Gelegenheit nutzen, um diesen Johann zur Strafe zu vernichten und damit gleichzeitig dich an seinem Vater zu rächen? Dafür zum Beispiel, dass er immer noch die Nummer eins ist vor dir innerhalb der Obrigkeit von Hamburg?“
Sie sah ihn nur an, mit einem vernichtenden Blick, der so gar nichts mehr mit einer alten, gemütlichen, herzensguten Oma zu tun hatte, die sie so gern spielte. Dann wandte sie sich brüsk ab und verschwand ohne ein weiteres Wort.
Sie ließ einen grübelnden Ehegatten zurück, und dieser grübelnde Ehegatte dachte einmal ausnahmsweise nicht an sich und an die Geschäfte, die er im Auftrag seiner Ehefrau erfolgreich führen musste, sondern an seine Enkelin Adele.
Er hatte sich noch nie so richtig um diese gekümmert. Das wurde ihm jetzt erst recht schmerzlich bewusst. Er war ihr tatsächlich nie der gute Großvater gewesen, der er hätte sein sollen, weil er eben zu sehr damit beschäftigt war, unter der Fuchtel seiner Frau zu stehen, in der steten Gewissheit, dass er nicht der Einzige war in seinem Umfeld, dem das bekannt war.
In all den Jahren hatte er eigentlich nur ein einziges Mal etwas getan, was eben nicht dem ausdrücklichen Willen seiner Frau entsprochen hatte, nämlich indem er Kontakt aufgenommen hatte zu Georg Wetken. Um ausgerechnet für diesen so etwas wie ein Spion in den Reihen der Brinkmann-Gilde zu werden.
Eben nicht um seiner eigenen Gilde etwa Schaden zuzufügen, sondern tatsächlich nur zum Nutzen aller Beteiligter. Das war er sich und der Gilde einfach schuldig gewesen.
Und jetzt sah er auf einmal eine weitere Chance, einfach einmal er selbst zu sein, eine eigene Entscheidung zu treffen. Eine echte Chance vor allem, endlich der Großvater zu werden, der er eigentlich nie gewesen war.
Er verließ auf der Stelle seine Gemächer und ging schnurstracks zu seiner Enkeltochter Adele. Und er konnte sich lebhaft vorstellen, dass es ihr derzeit nicht besonders gut ging, denn nicht nur, dass sie den Kontakt zu ihrem geliebten Johann verloren hatte, sondern vor allem, weil sie nun zu niemandem mehr Kontakt haben durfte.
Wie würde sie reagieren, wenn er so überraschend bei ihr auftauchte?
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Adele bangte es vor der Rückkehr ihrer Zofe Edith. Sie wusste ja nicht, wie Christian Schopenbrink reagierte, wenn Edith so unvermittelt bei ihm auftauchte. Vielleicht wollte er ja gar nicht mit ihr sprechen?
Immerhin waren sie ein wenig befreundet gewesen, sonst hätte er sie wohl nicht auf das kleine Fest seiner Schwester Gordula eingeladen. Adele hatte es viel Überwindung gekostet, um dorthin zu gehen, und eigentlich hatte sie jede Minute dort bereut, bis Johann sie angesprochen hatte.
Das hatte alles verändert. Nicht nur für sie, sondern auch für ihn und letztlich sogar eben ihrer beider Leben. Und würde dies auch für alle Zukunft. Soviel jedenfalls stand fest. Egal, ob sich nun Christian Schopenbrink bereit erklärte, ihr zu helfen, ja, sie sogar in seinem Hause aufzunehmen.
Adele war sich durchaus darüber im Klaren, was sie da von diesem Mann verlangte, den sie nach dem kleinen Fest niemals wieder kontaktiert hatte. Sie war ja nur noch an ihrem Johann interessiert gewesen. An Christian hatte sie ehrlich gesagt überhaupt keinen weiteren Gedanken mehr verschwendet.
Rächte sich das jetzt, wenn sie ausgerechnet jetzt ein solch großes Opfer von ihm verlangte?
Im Grunde genommen konnte er ja nur ablehnen. Dass Adele überhaupt Edith in diese Gefahr gebracht hatte, bereute sie allmählich zutiefst. Sie hätte es am liebsten rückgängig gemacht, wäre es noch gegangen.
Und ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt öffnete sich die Tür und jemand trat ein, den sie hier am allerwenigsten erwartet hatte: Ihr Großvater Hermann Brinkmann!
Nicht nur, dass er sich über das Besuchsverbot, ausgesprochen von seiner Frau, hinwegsetzte: Seit wann interessierte er sich überhaupt für seine Enkeltochter Adele?
Er wirkte sehr bekümmert und wagte es gar nicht, seine Enkelin anzusehen, als würde ihn das schlechte Gewissen plagen.
Was war denn überhaupt los mit ihm?
Adele dachte an ihre Zofe und daran, dass sie bereits deren Rückkehr erwartete. Das war dann ziemlich ungünstig. Wieso musste ihr Opa ausgerechnet jetzt hier erscheinen?
„Höre sie zu, Adele, ich will nicht lange darum herum reden: Dass Georg Wetken von ihr und diesem Johann erfahren hat, das ist allein meine Schuld!“
„Wie bitte?“, rief sie entsetzt und vergaß darüber sogar die förmliche Anrede, wie man sie ihr innerhalb der Familie beigebracht hatte. Immerhin war das ja ihr Großvater, also zumindest offiziell der zweitmächtigste Mann von Hamburg, und sie war nicht vertraulich genug mit ihm, um auf die förmliche Anrede so einfach verzichten zu dürfen.
„Johanns Vater weiß davon?“ Also hatte sie mit ihrer Vermutung tatsächlich richtig gelegen!
Hermann Brinkmann beschwichtigte mit beiden Händen.
„Ja, gewiss, aber bitte, es hat keinerlei Auswirkungen auf Johann, wenn ich das richtig sehe. Ich will mich jetzt nicht herausreden, aber ich handelte im Auftrag meiner Gemahlin. Sie weiß ja, wie diese ist. Und irgendwie ist es dem werten Herrn Johann wohl gelungen, trotzdem noch seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen.
Aber deshalb bin ich gar nicht hierhergekommen, in ihre Gemächer, eigentlich...“
„Wieso sonst?“, erkundigte sich Adele distanziert, wobei sie die förmliche Anrede schon wieder vergaß: Ihr Opa, der Verräter? Im Auftrag seiner Frau?
Ja, gewiss, das sah ihm tatsächlich ähnlich, so schlimm das auch erschien. Und ja, wieso war er jetzt hierhergekommen, zu ihr, obwohl sie niemanden empfangen durfte, außer Oma Margarethe? Um sie noch zusätzlich zu quälen, indem er ihr mitteilte, was mit Johann passiert war?
Nein, Hermann Brinkmann hatte ganz anderes im Sinn, wie er sogleich klar machte:
„Ich bin zu ihr gekommen, weil ich wissen will, wie ich ihr helfen kann! Ich kann es einfach nicht länger mit ansehen, wie meine Gemahlin sie quält. Es ist meiner Gemahlin zwar nicht gelungen, diesen Johann regelrecht zu vernichten, was wohl ihre Absicht gewesen war, aber ich weiß nicht, was jetzt noch kommen wird. Wir müssen damit rechnen, dass sie meine liebste Enkeltochter dafür noch zusätzlich büßen lässt.
Sie sollte ihren Johann auf keinen Fall jemals wiedersehen.