Sammelband 4 Krimis: Mordgeflüster in Venedig und drei andere Krimis. A. F. Morland

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Sammelband 4 Krimis: Mordgeflüster in Venedig und drei andere Krimis - A. F. Morland

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es ist keine Schande“, verteidigte sie der Sohn des Scheichs. „Unser Emirat ist kein bedeutendes Weltreich. Wenn wir kein Erdöl hätten, würde kein Mensch von uns Notiz nehmen.“

      „Da sieht man wieder einmal, wie gerecht Gott ist. Ihr wärt arm, denn in der Wüste wächst nichts. Aber dafür ist darunter das allseits begehrte Erdöl, und deshalb seid ihr reich.“

      „O ja“, sagte der Araber und nickte langsam. „Allah weiß, was er tut. Er hat uns reich bedacht, und wir nutzen sein Geschenk zum Wohle unseres Volkes.“

      Lydias Blick richtete sich in eine geistige Ferne. „Erzählen Sie mir von Ihrem Land!“

      „Das tue ich sehr gern, denn ich liebe Yanba. Es ist ein gutes Land, fruchtbar nur am Meer, unfruchtbar, heiß und unwegsam dort, wo es kein Wasser gibt. Es ist ein wildes, trotziges Land, das sich nicht bezähmen lässt, und die Menschen, die dort leben, sind stark, stolz und unbeugsam. Djeha ist eine Stadt mit paradiesischen Gärten, übersät mit tropischen Blüten. Von den Fenstern unseres Palastes aus hat man einen traumhaften Blick auf den Persischen Golf.“

      „Sie schildern das alles so plastisch, dass ich es mir gut vorstellen kann“, sagte Lydia. „Mir ist beinahe, als wäre ich schon mal dagewesen.“

      „Es würde Ihnen bestimmt gefallen“, sagte der Araber.

      Lydia wurde nervös. Aus Verlegenheit nahm sie einen raschen Schluck vom Traubensaft.

      „Irgendwann werden Sie in Yanba herrschen“, sagte die junge Krankenschwester. „Ich hatte noch nie mit einem Mann wie Sie zu tun.“

      „Ich bin ein Mann wie jeder andere, habe die gleichen Wünsche, dieselben Sehnsüchte.“

      Lydia schüttelte den Kopf. „Nein. Sie sind etwas Besonderes.“

      „Wenn ich mich in den Finger schneide, blute ich wie jeder andere Mann. In meinen Adern befindet sich kein Erdöl.“

      Lydia lachte. „Natürlich nicht. Klar, Sie sind ein Mann aus Fleisch und Blut, aber trotzdem sind Sie irgendwie anders.“

      „Aber ich will nicht anders sein“, wehrte sich Harun Achbar. „Ich möchte genauso sein wie jeder andere Mann.“

      „Das ist unmöglich. Dazu lastet eine zu große Bürde auf Ihren Schultern. Und sie wird noch größer, wenn Sie Ihren Vater eines Tages ablösen.“

      „Das höchste Amt in unserem Staat wird mich nicht daran hindern, Mensch zu bleiben“, sagte der Araber. „Auch mein Vater hat sich nicht verändert, als er die Führung des Staates übernahm, und genauso will ich es halten.“

      „Wo haben Sie gelernt, so gut Deutsch zu sprechen?“

      „Ich habe fast vier Jahre in Wien gelebt.“

      „Wie hat es Ihnen da gefallen?“

      „Sehr gut. Ich habe noch ein paar gute Freunde dort.“

      Es ist verrückt, dachte Lydia. Ich sitze hier mit einem modernen Märchenprinzen. Er kennt so viel von der Welt, ich fast gar nichts. Wenn er wollte, könnte er die Wiesen-Klinik kaufen. Er wird bald über ein Volk herrschen, das am Persischen Golf lebt. Es ist wie ein wunderbarer, verrückter Traum ...

      „Ich wäre glücklich, wenn ich Ihnen von meiner Heimat nicht nur erzählen, sondern sie Ihnen auch zeigen dürfte“, sagte Harun Achbar.

      Sie hob die Schultern und lächelte.

      „Tja, das ist leider nicht möglich. Mein Platz ist hier. Ich habe noch keinen Urlaubsanspruch. Nicht einmal wenn ich wollte, könnte ich mit Ihnen nach Djeha gehen.“

      „Würden Sie denn wollen?“, fragte Harun Achbar.

      „Reisen ... Ferne Länder sehen ... Fremde Sitten und Gebräuche kennenlernen ... Das würde mich schon reizen. Ich glaube, das habe ich von meinem Vater geerbt. Er ist ein wahrer Zugvogel, macht die strapaziösesten Reisen in den Ferien.“

      „Wann immer Sie nach Yanba kommen wollen, Sie werden meinem Vater und mir willkommen sein“, sagte Harun Achbar. „Und es wird für Sie mit keinerlei Kosten verbunden sein, denn wenn Sie kommen, sind Sie unser Gast.“

      Lydia lachte. „Vorsicht! Ich könnte Sie beim Wort nehmen.“

      Der Sohn des Scheichs sah sie ernst an und erwiderte: „Das sollen Sie. Sie würden mich damit sehr glücklich machen.“

      Mit dieser Bemerkung machte er sie so unsicher, dass sie versehentlich ihr Glas umstieß. Der Traubensaft ergoss sich über das blauweiß karierte Tischtuch.

      „Wie ungeschickt von mir“, ärgerte sich Lydia. „Sie müssen mich für einen schrecklichen Tollpatsch halten, aber das bin ich nicht. Ich scheine nur heute nicht meinen allerbesten Tag zu haben. Vielleicht sind Sie es auch, der mich so sehr verwirrt.“

      „Das werte ich als Kompliment“, sagte der Sohn des Scheichs und winkte dem Wirt.

      11

      „Norbert!“, entfuhr es Sabrina Arendt ungläubig.

      Sie konnte es nicht fassen, dass ihr geschiedener Ehemann Norbert Palven in der Wohnzimmertür stand.

      „Guten Tag, Sabrina“, sagte er. Schmal war sein Gesicht geworden. Er musste etliche Pfund abgenommen haben. Anscheinend hatte auch ihm die Scheidung nicht gutgetan. Vermutlich hatte sie auch ihn ein wenig aus dem Gleichgewicht gebracht. Sein dichtes, dunkelblondes Haar glänzte seidig, der Anzug saß korrekt wie immer, und es gehörte zu seiner persönlichen Note, dass das Stecktuch weit aus seiner Brusttasche heraushing.

      Es hatte vieles an ihm gegeben, das sie geliebt hatte und heute vermisste. Manchmal ertappte sie sich dabei, dass sie die Männer, die ihr begegneten, mit Norbert Palven verglich. Bei Halef Mudji hatte sie das nicht getan. Er unterschied sich zu sehr von Norbert.

      „Freust du dich, mich zu sehen?“, fragte er.

      Ja, irgendwie freute sie sich schon. Irgendwie aber auch nicht. Sie fühlte sich innerlich gespalten. Die eine Hälfte fühlte sich von ihrem Ex-Ehemann so stark angezogen, dass sie sich ihm am liebsten an den Hals geworfen hätte. Die andere Hälfte lehnte ihn ab und riet ihr zu äußerster Vorsicht, denn es gab keinen anderen Mann, der sie jemals schmerzhafter verletzt hatte als Norbert Palven.

      Er lächelte.

      „Wie kommst du hierher?“, fragte sie völlig durcheinander. „Ich meine ... wie hast du mich gefunden?“

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