Mörder kennen keine Grenzen. Horst Bosetzky

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Mörder kennen keine Grenzen - Horst Bosetzky

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Ihnen sehr dankbar, wenn Sie mir da helfen könnten. Auf ein paar Mark kommt es mir dabei nicht an!“

      „Tut ma leid, ick weeß von nischt, mir jeht det allet nischt an. Ick bin een alta Mann und will meine Ruhe ham!“

      Er sah zwar so aus, als könne er kein Wässerchen trüben; dennoch war ich sicher, dass er eine ganze Menge wusste. Aber es gab leider kein Mittel, ihn zum Sprechen zu bringen.

      „Na gut, wenn Sie nicht wollen ...“ Ich tat betrübt. „Unserem Bernd tun Sie damit bestimmt keinen Gefallen ...“

      Ein wenig aus der Ruhe gebracht, spielte er an seinem gelblichen Gebiss herum. „Vielleicht jehnse mal bei die Miezi rüba; die weeß imma ’ne janze Menge. Aba passen se uff, det die Ihn’n nich vanascht – die jeht nämlich uff’n Strich!“

      Aber auch Miezi stellte sich taub. „Unsa Zicke? Nee, det gloob ick nich, det der wat uff’m Kerbholz hat. Für den leg ick meine Hand ins Feua!“

      Da war nichts zu machen. Aber dann entschlüpfte ihr doch noch der Hinweis, dass Ziegenhals oft und gern in der Heißen Ecke gesessen hatte.

      „Mit wem denn?“, stieß ich nach.

      „Och, mal mit dem und mal mit dem ...“ Sie hatte sich gegen ihre weiß gestrichene Kommode gelehnt, ihr knapper Rock, tomatenrot, Leinen, war etwas nach oben gerutscht und ihre honigfarbenen, prallen Schenkel waren leicht gespreizt.

      Ich spürte eine leichte Erektion. „Es kommt mir auf ein paar Hunderter nicht an, wenn ich meinen Neffen dadurch aus Schwierigkeiten raushalten kann“, sagte ich mit belegter Stimme. „Könnten Sie sich nicht mal umhören, Fräulein Miezi?“

      Sie überlegte einen Augenblick. „Na schön ... Heute Abend.“

      „Wo treffen wir uns denn? Hier?“

      „Sagen wir: halb elf an der Hochbahnstation – am Görlitzer Bahnhof ...“

      „Gut. Ich werde dort im Wagen warten.“

      „Tun Sie das ... Aber wenn nun was dazwischenkommt – kann ja sein, nich? Wie kann ich Sie da erreichen?“

      Dazwischen ... Ich bezog das gleich auf ihre Schenkel und war im Handumdrehen so erregt, dass ich ihr – welch ein Fehler! – meinen Namen nannte. „Anrufen können Sie mich jederzeit in der FU ...“

      Ich begehrte sie immer stärker, der Druck zwischen meinen Schenkeln wurde schon schmerzhaft. Meine Moralvorstellungen verboten mir den Ehebruch, aber ein bisschen Petting schien mir erlaubt zu sein. Heiser stieß ich meinen Wunsch hervor.

      Sie lachte mich aus. „Nee, nich bei mir!“

      Was dann geschah, möchte ich nicht niederschreiben. Jedenfalls, es gelang ihr, mich mit routinierten Griffen abzuwehren. So viel Aggressivität, so viel – ja – Brutalität hätte ich mir niemals zugetraut. Erst die plötzlich aufschießende Angst, sie – von inneren Zwängen getrieben – zu erwürgen, ließ mich ruhiger werden.

      Schließlich, sie schien das alles nicht so tragisch zu nehmen, schieden wir noch halbwegs in Frieden und erneuerten die Verabredung für den Abend.

      Aber das alles konnte ich doch unmöglich vor diesem Polizisten ausbreiten.

      „Sie brauchen ziemlich lange, um sich zu erinnern“, bemerkte Rannow und schmatzte ungeduldig mit den Lippen.

      „Ja, ich kenne das Mädchen, ich bin mit ihr zusammen die Treppe hinuntergegangen. Sie wollte noch in die Hasenheide, ein bisschen frische Luft schnappen. Ich bin dann in meinen Wagen gestiegen und nach Hause gefahren.“

      „Sie waren also in ihrem Zimmer?

      „Ja. Aber ich muss Sie enttäuschen – es war sozusagen dienstlich. Wir arbeiten im Augenblick an einer Zuhälterstudie und sind natürlich daran interessiert, möglichst viele Prostituierte zu interviewen.“

      „Und wie sind Sie an die Adresse der Ermordeten gekommen?“

      „Ganz einfach. Ich habe vor zwei Jahren eine Arbeit über das Rekrutierungsfeld Berliner Prostituierter veröffentlicht, und damals haben wir eine Menge Adressen zusammengetragen.“

      „Hm ... Sie sagten dienstlich ... Dann haben Sie auch keine intimen Beziehungen zu dem Mädchen gehabt?“

      „Erlauben Sie? Für wen halten Sie mich!“

      „Man will aber Geräusche gehört haben, die ...“

      „Wenn Sie sich auf die Fantasie von klatschsüchtigen Hausbewohnern verlassen, dann kann ich Sie nicht daran hindern!“

      Rannow steckte sich ein Vitaminbonbon in den Mund und lutschte mit Hingabe. „Die Herren der besseren Stände sollen sich ja mitunter mächtig für die Mädchen aus der Gosse interessieren. Früher, als es noch Dienstmädchen gab, hatten sie’s wesentlich bequemer.“

      „Ich bitte Sie!“

      „Das Mädchen ist kurz nach zweiundzwanzig Uhr ermordet worden. Sicherlich haben Sie ein Alibi, Herr Dr. Kolczyk ...?“

      „Ein Alibi?“ Ich zuckte zusammen. „Nein, nicht direkt ...“

      Rannow blieb ruhig. „Wo waren Sie denn um diese Zeit, wenn ich fragen darf?“

      „Bis einundzwanzig Uhr habe ich im Mandarin in der Grolmannstraße gesessen und zu Abend gegessen, und zwar zusammen mit zwei Kollegen, Herrn Professor Steffens und Herrn Professor Breitbart ... Ja, später bin ich dann den Kurfürstendamm hinuntergeschlendert ... Ich hatte einige wissenschaftliche Probleme zu klären, vor allem ging es mir um die Frage nach den funktional äquivalenten Möglichkeiten zur Integration von unqualifizierten Arbeitern ...“

      Rannow unterbrach mich. „Vielleicht haben Sie dabei zufällig Herrn Ziegenhals getroffen?“ Er unterdrückte ein Gähnen.

      Ich bemühte mich um ein Pokergesicht, obwohl ich ziemlich erregt war. „Nein. Warum?“

      „Er behauptet, Sie seien sein Mäzen ...“

      „Das bin ich auch.“ Ich stand auf und goss mir noch einen Kognak ein. „Ich halte ihn für einen klugen Kopf; so einen Menschen muss man fördern. Ich habe ihm ein Darlehen gegeben, etwas mehr als 5000 Mark – das heißt, eigentlich ist es gar kein Darlehen, denn Herr Ziegenhals wird für mich arbeiten; er wird praktisch die Rolle meines Privatsekretärs übernehmen.“

      „Das ist sehr ... äh, edel von Ihnen!“

      Rannows Ironie zwang mich, weiterzusprechen. „Er hat früher mal an meinen Übungen teilgenommen. Hier, überzeugen Sie sich ...“ Ich wühlte eine alte – geschickt ergänzte – Teilnehmerliste hervor und reichte sie Rannow hinüber. „Ziegenhals hat damals alle anderen ausgestochen, ab und an sogar mich in den Schatten gestellt. In der Zwischenzeit hatte er wohl etwas den Boden unter den Füßen verloren, aber als er dann plötzlich vor mir stand ...“

      Rannow sah durch mich hindurch. „Wussten Sie eigentlich, dass Ihr Name in Miezis Notizbuch steht? Die Eintragung dahinter ist ganz eindeutig: zweiundzwanzig Uhr dreißig ...“

      Für

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