Challenge - mit Mut Herausforderungen meistern. Simone Janson
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Frau Dr. Wulf Mathies, Sie haben ein beeindruckenden Lebenslauf hinter sich – trotz oder wegen Ihres Geisteswissenschaftlichen Studiums?
Ich glaube nicht, dass man sagen kann, weil ich Geisteswissenschaftlerin bin, war ich erfolgreich. Aber grundsätzlich vermittelt jedes Studium Schlüssel- und Basiskompetenzen, die einem ermöglichen, Sachverhalte zu strukturieren, sich neue Themen systematisch zu erarbeiten und sein Wissen auf unterschiedlichen Gebieten anzuwenden. Geisteswissenschaftler entwickeln darüber hinaus wichtige Kompetenzen, von der Sprache über die Kultur, die Gesellschaft und das Leben im Allgemeinen bis hin zu einer guten Schreibe und einer Sensibilität für “soft skills”, die für viele Tätigkeiten nützlich sind.
Geisteswissenschaftlern wird häufig nachgesagt, sie seien Weltfremd und für den Arbeitsmarkt nicht zu gebrauchen. Welche Qualifikationen haben Ihnen geholfen?
Neben den genannten Fähigkeiten braucht man sicher zusätzliche Eigenschaften wie Engagement und Fleiß, Leistungswillen, Freude an der Arbeit, Zielstrebigkeit und Beharrlichkeit, Risikobereitschaft, ein gesundes Selbstbewusstsein, Durchsetzungsfähigkeit und Entscheidungsfreude, und, nicht zu vergessen: Glück!
Sie sind als Frau und Geisteswissenschaftlerin erfolgreich – war das nicht eigentlich ein doppeltes Handicap für Ihre Karriere?
Ja und nein. Natürlich gibt es immer noch viele Vorurteile gegen Frauen in Führungspositionen. Aber wenn man gut ist und sich etwas zutraut, ist man auch sichtbarer als ein Mann, – und das kann helfen, dass wichtige Leute auf einen aufmerksam werden. Frauen haben häufig zu viele Selbstzweifel, wenn sie Karriere machen wollen, obgleich sie meist qualifizierter sind als männliche Bewerber. Ein gesundes Selbstvertrauen ist deshalb unbedingt erforderlich für die Karriere.
Wie stehen Sie zu dem gerne geäußerten Vorwurf, dass, wer etwas nur aus Spaß an der Freude studiert, sich ja hinterher nicht zu wundern braucht, wenn er keinen Job findet?
Ohne Freude an der Sache und an seinem Studienfach gelingt einem gar nichts. Natürlich ist es leichter, als Jurist oder Betriebswirt auf den späteren Beruf hin zu studieren, aber selbst diese Studien sind ja noch keine Garantie für immerwährenden Erfolg. Auch da muss man bereit sein, vieles hinzuzulernen. In Großbritannien gab es mal den Rat,The Greeks” zu studieren, befähige einen zu den höchsten Regierungsämtern. Will sagen: Hauptsache man studiert das, was man studiert, mit Leidenschaft und lernt dabei, offen zu sein für alles weitere, dann findet man auch einen Job, der einem Freude macht.
Sie haben auch Volkswirtschaft studiert, sind also keine reine Geisteswissenschaftlerin. Hat Ihnen dieses Studium bei Ihrer Karriere geholfen?
Nicht unbedingt oder nur in dem Sinne, dass ich mein Studium von vornherein breiter angelegt und damit bewiesen habe, dass ich nicht allein auf Germanistik und Geschichte fixiert bin.
Was sind Ihrer Meinung nach die wichtigsten Karrierefaktoren?
Natürlich sind Glück, Zufall, Eigeninitative, Netzwerke gleichermaßen wichtig. Aber es bleibt dabei, dass am Ende das eigene Engagement und der Wille sich durchzusetzen oder auch durchzubeißen, entscheidet.
Gerne wird suggeriert, Karrieren seien planbar: Wie stehen Sie dazu und worauf kommt es nach Ihrer Erfahrung an?
Die Erfahrung hat mich gelehrt, dass nur wenig planbar ist: Wichtig sind hingegen Mut und Risikobereitschaft, weil man im Laufe seines Berufslebens immer wieder an Wegmarken stößt, wo man sich entscheiden muss: für einen eher gemütlichen und unaufregenden Weg oder für eine Herausforderung, deren Konsequenzen man nicht unbedingt vorher bis ins Kleinste abschätzen kann. Natürlich birgt jedes Risiko auch die Gefahr des Scheiterns, aber man erreicht viel, wenn man es nur will und sich nicht entmutigen lässt.
Fatalismus statt Mut und Risikobereitschaft zur Veränderung: “Das Pferd ist zwar tot, aber wenigstens sicher!”
// Von Tom Diesbrock
Auch Fatalismus kann uns davor bewahren, uns mit unbequemen Veränderungen auseinander setzen zu müssen. Da bleibt man lieber wie unter einer Glasglocke sitzen – das erscheint im Moment sicherer.
Wie auf der Titanic
Dieser Typus Mensch erinnert ein wenig an einen Passagier auf der Titanic. Motto: Ich weiß sehr gut, dass mein Job mich unzufrieden und vielleicht irgendwann krank macht. Möglich, dass mein Leben besser und ausgefüllter sein könnte. Aber wer garantiert mir, dass mir ein anderer Job genauso viel Sicherheit gibt? Keiner! Und deshalb bewege ich mich lieber gar nicht.
Stellen Sie sich vor, jemand reist schon eine Weile auf einem Kreuzfahrtschiff, das jetzt leider leckgeschlagen ist. Durch ein Loch dringt Wasser – nicht viel, aber dummerweise zu viel für die Pumpen. Die meisten Passagiere haben sich schon in Rettungsbooten abgesetzt.
Schiffe und Jobs, die zum Untergang verurteilt sind
Aber dieser Jemand weigert sich, von Bord zu gehen, und verweist darauf, dass das Schiff doch bisher ein sicherer und komfortabler Ort gewesen ist. Welche Gefahren mögen in so einem kleinen Boot auf dem Ozean drohen? Das Kreuzfahrtschiff hat sich schließlich bewährt, und wer weiß schon, ob es wirklich untergehen wird! Bestimmt wird der Reiseveranstalter dafür sorgen, dass bald Hilfe kommt, davon ist er überzeugt. Warum also unnötige Risiken eingehen?
Eine absurde Geschichte. Natürlich. Wer würde sich jemals so ver- halten? Na ja, ich kenne eine Menge Menschen, die sich zwar vielleicht nicht an untergehende Schiffe, aber an Jobs klammern, die auf absehbare Zeit mit ziemlich hoher Sicherheit “ihr Untergang” sein werden.
Die Logik des Sicherheitsprimats
Und genau wie unser Kreuzfahrer folgen sie der “Logik des Sicherheitsprimats”. Ich habe ja schon beschrieben, dass der Gedanke an Veränderung bei den meisten Menschen Angst auslöst. Das Unbekannte beurteilen wir anscheinend automatisch erst einmal als gefährlich.
Dieser Mechanismus ist ja auch sinnvoll, um uns davor zu schützen, leichtfertig unser Leben aufs Spiel zu setzen, er sorgt für unsere Sicherheit. Sein natürlicher Gegenspieler ist unser Streben nach Glück, Aufregung, neuen Erfahrungen und Wachstum. Beides ist in jedem von uns angelegt – individuell sehr unterschiedlich ist aber, wer in uns die Oberhand hat.
Das Sicherheitsbedürfnist ist unerschiedlich ausgeprägt
Für den einen reicht ein geringes Maß an Unzufriedenheit und Stagnation, um sich sofort auf die Suche nach neuen Möglichkeiten zu machen. Sein “innerer Sicherheitsbeauftragter” wird sich erst einmischen, wenn die Risiken ihm existenzbedrohend scheinen.
Ein anderer Mensch braucht viel mehr Veränderungsdruck und Leiden, bis er sich auf den Weg macht. Und auch dann ist er immer darauf bedacht, die Lösung mit dem scheinbar geringsten Risiko zu wählen – sein Sicherheitsbeauftragter