Das große Buch der Berlin-Krimis 2017 - Romane und Erzählungen auf 1000 Seiten. Alfred Bekker

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Das große Buch der Berlin-Krimis 2017 - Romane und Erzählungen auf 1000 Seiten - Alfred Bekker страница 17

Das große Buch der Berlin-Krimis 2017 - Romane und Erzählungen auf 1000 Seiten - Alfred Bekker

Скачать книгу

an meinen Namen.

      „Aber Ihnen wird ja wohl auch bekannt sein, dass mein Bruder diverse Schwierigkeiten hatte, von denen ihn jede Einzelne hätte ins Grab bringen können. Schwierigkeiten mit der Justiz und Schwierigkeiten mit ein paar wirklich üblen Leuten, die im Zweifelsfall wohl kaum davor zurückschrecken würden, jemanden gewaltsam aus dem Weg zu räumen.“

      „Dann wissen Sie doch mehr darüber?“, hakte ich nach. „Ihrem Bruder können Sie jetzt nicht mehr schaden. Also hat es auch keinen Sinn, ihn noch schützen zu wollen.“

      Roswitha blickte ein paar Augenblicke lang zu den Sträuchern im Garten hinüber. Ihr Gesicht machte einen abwesenden Eindruck. Ich fragte mich, was wohl in diesem Moment hinter ihrer Stirn vor sich gehen mochte.

      „Wie gesagt, über meinen Bruder weiß ich so gut wie gar nichts – es sei denn, Sie wollten etwas über unsere gemeinsame Kindheit wissen. Aber deshalb werden Sie kaum hergekommen sein.“ Sie vollführte eine ruckartige Bewegung und sah mich auf einmal mit einem sehr intensiven Blick an. Ihre Augenbrauen zogen sich dabei etwas zusammen. „Wie ist Jochen gestorben?“

      Ich hatte mich schon gefragt, ob sie das überhaupt nicht wissen wollte. In knappen Worten fasste ich ihr das Wenige zusammen, das bislang über die Geschehnisse in Wien bekannt war. Sie nahm das mit vollkommen regungslosem Gesicht zur Kenntnis. Wie versteinert saß sie da. Und starrte auf den Tisch, so als wollte sie ihn mit ihrem Blick durchbohren.

      „Ihren Bruder konnten wir anhand unseres Datenverbundsystems identifizieren - den Täter leider nicht, obwohl sein Gesicht auch dem Screenshot genauso deutlich erkennbar ist.“ Ich zeigte ihr eine Vergrößerung von dem Gesicht des Rothaarigen, die Max Herter für uns angefertigt hatte.

      Sie sah sich das Bild kurz an und sagte dann kopfschüttelnd: „Habe ich noch nie gesehen, Herr Kubinke.“

      „Sehen Sie sich das Bild noch mal genauer an. Vielleicht ist Ihnen der Mann schonmal aufgefallen. Denken Sie vielleicht ein paar Jahre zurück, als Ihr Bruder noch jünger war.“

      Sie reichte mir das Bild zurück und schien nicht gewillt zu sein, weiter darüber zu sprechen.

      „Hören Sie, ich glaube, ich bin nicht die richtige Gesprächspartnerin für Sie. Diesen Mann habe ich garantiert noch nie gesehen und ansonsten... Es ist genau so, wie Sie sagen, Herr Kubinke: Meinem Bruder kann nichts mehr schaden, und darum sollte man die Vergangenheit vielleicht auch ruhen lassen...“

      „Ist das wirklich Ihr Ernst?“

      „Ich danke Ihnen, dass Sie mich über Jochens Tod informiert haben. Sobald der Leichnam freigegeben ist, werde ich mich um die Überführung kümmern und auch für das Begräbnis aufkommen. Aber mehr gibt es wohl nicht mehr, was ich für meinen Bruder tun könnte.“

      „Sie könnten uns helfen, seinen Mörder dingfest zu machen“, sagte ich.

      Sie hob die Augenbrauen. „Wie ich Ihnen schon einmal sagte: Ich kann da wenig für Sie tun.“

      Rudi ließ den Blick schweifen. „Es scheint Ihnen gut zu gehen. Was mache machen Sie beruflich?“

      Ihre Stimme bekam einen schärferen Klang und der Hund schien das zu merken, denn er knurrte leise. „Sie scheinen zu denken, dass ich irgendwie von den Geschäften meines Bruders profitiert habe. Dieser Verdacht an sich ist schon eine Unverschämtheit und ich denke, wir sollten das Gespräch damit beenden, bevor Sie mir Weiteres unterstellen.“

      „Wir unterstellen Ihnen gar nichts“, versuchte ich sie beschwichtigen. „Wir versuchen nur den Mörder Ihres Bruders zu fassen und dabei sind wir auf Ihre Hilfe angewiesen. Und ehrlich gesagt verstehe ich nicht, dass Ihnen das so gleichgültig zu sein scheint.“

      „Es ist mir nicht gleichgültig“, sagte sie. „Aber meiner Ansicht nach bringt es auch nichts, die Wunden der Vergangenheit nochmal aufzureißen.“

      „Von welchen Wunden reden Sie?“, hakte ich nach.

      „Das wissen Sie doch besser als ich. Jochen hatte mit Leuten zu tun, über die ich eigentlich nur weiß, dass sie sehr gefährlich sind.“

      „Sie sprechen von Vladi Gruschenko?“

      „Ich habe keinen Namen genannt und ich kenne auch keine Namen“, behauptete sie mit einer Vehemenz, die sie in meinen Augen nicht gerade glaubwürdiger erscheinen ließ.

      „Hat man vielleicht schon mit Ihnen gesprochen und Sie unter Druck gesetzt?“, fragte ich und mir fiel der seltsame Blick ein, mit dem sie mich gemustert hatte, nachdem sie vom Tod ihres Bruders erfahren hatte. Ich hatte diesen Blick erst nicht so recht zu deuten vermocht, aber jetzt sagte mir mein Instinkt, dass sie einfach nicht überrascht gewesen war. Sie hatte bereits gewusst, was mit ihrem Bruder geschehen war.

      Ich war mir in dieser Sache ziemlich sicher, aber weder seltsame Blicke noch der Instinkt eines BKA-Ermittlers zählen als juristisch verwertbare Beweise.

      „Tun Sie Ihren Job, aber wie ich Ihnen schon sagte: Ich kann Ihnen dabei leider nicht behilflich sein... Gehen Sie jetzt!“

      Ihr letzter Satz klang sehr scharf und entschieden.

      Die Dogge unterstützte ihn mit einem Knurren. Der Hund, der bisher friedlich zu Füßen seiner Besitzerin gelegen hatte, sprang nun. Das Tier fletschte die Zähne und sprang hoch.

      ​ 13

      Rudi und ich griffen instinktiv zur Waffe, aber noch ehe ehe einer von uns auch nur den Griff seiner Waffe erreicht hatte, ging ein Ruck durch den Hund.

      Mitten im Sprung hatte ihn eine Kraft erfasst, die ihn auf den Gartentisch prallen ließ. Dieser brach unter dem nicht unerheblichen Gewicht des riesigen Tieres zu Boden. Blut spritzte in einer Fontäne empor und besudelte Roswitha Delgados Kleidung.

      Sie schrie laut und schrill auf.

      Ich registrierte die Bewegung zwischen den Büschen.

      Der dunkle Lauf einer Waffe hatte sich dort etwas nach vorn geschoben, dass er für einen Moment gut sichtbar war.

      Der Hund hatte nicht unsertwegen zu knurren begonnen – sondern wegen des Schützen in den Büschen, dessen Anwesenheit er offenbar bemerkt hatte.

      Jetzt lag das Tier auf der zu Boden gedrückten Tischplatte in seinem Blut.

      Rudi stürzte sich auf die vollkommen hysterische Roswitha. Er zog sie zu Boden. Ich warf mich ebenfalls zu Boden, riss dabei die Waffe heraus und feuerte zweimal in Richtung des Unbekannten, der zwischen den Büschen lauerte.

      Lautlos

Скачать книгу