Wahre Wunder geschehen manchmal: Arztroman Sammelband 4 Romane. A. F. Morland
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„Ist das ein Wetter, Annchen!“, sagte Dr. Sören Härtling.
Die grauhaarige Schwester Annegret warf einen Blick aus dem Fenster. Der Himmel war blau und wolkenlos. „Ein wunderschönes Wochenende steht uns bevor“, gab sie zurück.
„Wie werden Sie es verbringen?“ Annegret zuckte die Schultern. „Weiß ich noch nicht. Vielleicht besuche ich eine Freundin. Sie hat ein kleines Häuschen am Stadtrand und freut sich immer riesig, wenn ich komme.“
„Lebt sie allein?“, erkundigte sich Dr. Härtling
„Ja, aber sie fühlt sich eigentlich nie einsam. Erstens gibt es am Haus, im Haus und ums Haus herum immer irgend etwas zu tun, und zweitens geht sie mehrmals in der Woche ins Pensionistenheim.“ Sören Härtling lächelte schief. „Hoffentlich finden Sie nicht so bald Gefallen am Leben Ihrer Freundin. Sie werden nämlich hier in der Paracelsus-Klinik noch sehr gebraucht.“
„Keine Sorge, Chef, solange ich mich noch so gut fühle wie im Moment, sehe ich keinen Grund, in den sogenannten wohlverdienten Ruhestand zu treten.“
„Das höre ich gern.“ Dr. Härtling lächelte zufrieden. „Machen wir weiter?“
„ Soll ich Frau Wylander hereinholen?“
„Ich bitte darum“, sagte der Klinikchef.
„Sie ist die letzte Patientin.“
„Endlich mal eine Sprechstunde, die nicht aus allen Nähten platzt“, sagte Dr. Härtling erfreut.
Bibiane Wylander kam zur Routineuntersuchung. Sie war eine attraktive Frau Mitte vierzig, elegant und gepflegt.
Der Duft eines teuren Parfüms umwehte sie.
Ihr Mann besaß mehrere Fabriken, in denen so ziemlich alles für den Sport hergestellt wurde, vom Badeanzug bis zum Schi-Overall, vom Laufschuh bis zum Anglerstiefel, vom Snowboard bis zum Surfbrett ... Er deckte die ganze große Palette mit seinen Erzeugnissen ab.
Dr. Härtling nahm sich für seine letzte Patientin an diesem sonnigen Vormittag reichlich Zeit. Das Untersuchungsergebnis war sehr zufriedenstellend, hätte nicht besser sein können.
„Es ist alles in Ordnung, Frau Wylander“, sagte der Klinikchef liebenswürdig. „Sie können sich wieder anziehen.“
Er wusch sich die Hände, Schwester Annegret reichte ihm ein Handtuch und ging dann hinaus. Bibiane Wylander strich ihr Kleid an den Hüften glatt und zupfte ihre üppige brünette Lockenpracht zurecht.
„Wie geht’s zu Hause?“, erkundige sich Sören Härtling freundlich.
„Matthias, unser Sohn, hat seit kurzem eine neue Freundin. Wir hoffen sehr, dass es endlich die Richtige ist, damit er zur Ruhe kommt. Und wir mit ihm, denn es ist für uns als Eltern nicht immer angenehm, sich ständig auf eine neue Partnerin einstellen zu müssen. Kaum hat man sich an ein Gesicht gewöhnt, wird es schon durch ein anderes ersetzt. Ob Sie’s glauben oder nicht, Herr Doktor, die Rastlosigkeit unseres Sohnes ist ziemlich anstrengend für uns.“
„Das kann ich sehr gut nachvollziehen“, meinte Sören Härtling.
„Mein Mann und ich würden es sehr begrüßen, wenn Matthias bei Stefanie Behrensen bliebe.“
Dr. Härtling horchte auf. „Stefanie Behrensen?“
Bibiane Wylander nickte.
„Die Turmspringerin?“
Bibiane Wylander nickte wieder. „Er sonnt sich in ihrem Glanz, genießt ihre Popularität. Er ist, leider muss ich das sagen, wahnsinnig geltungsbedürftig. Ich weiß nicht, wann er begreifen wird, dass im Leben andere Werte zählen. Er ist noch so schrecklich oberflächlich und unvernünftig! Dabei könnte mein Mann ihn so gut in der Firma brauchen. Er hat ihm ein schönes Büro eingerichtet, aber Matthias betritt es nur mit großem Widerwillen. Er will frei sein, will sich nicht einsperren lassen, hasst geregelte Arbeitszeiten, frönt lieber dem süßen Nichtstun und lässt seinen Vater das Geld verdienen, das er nicht zu schätzen weiß, aber mit vollen Händen ausgibt.“
Matthias Wylander war kein Einzelfall. Viele Söhne reicher Väter lebten wie er. Und sie gaben ihren Eltern die Schuld daran, dass sie so waren.
Dabei wäre es gerade bei den Wylanders sehr wichtig gewesen, dass der Sohn den Vater arbeitsmäßig etwas entlastet hätte, denn Jan Wylander hatte vor einem Vierteljahr einen Herzinfarkt gehabt und hätte einen Gang zurückschalten müssen.
Auf diesen Infarkt kam Bibiane Wylander nun zu sprechen. „Jan hat ihn relativ gut überstanden“, sagte sie.
„Ihr Mann hatte Glück“, stimmte Dr. Härtling ihr zu. „Der Infarkt verlief nicht allzu schwer.“
„Dafür danke ich jeden Tag dem Himmel“ , seufzte die Patientin. „Wie Sie wissen, war er nach dem Krankenhausaufenthalt in einem Rehabilitationszentrum. Das hat ihm sehr gutgetan. Man hat ihn dort zunehmend sportlich belastet.“
„Es ist sehr wichtig, dass man das tut“, sagte der Klinikchef. „Das Herz ist ein Muskel. Und sollen Muskeln gute Arbeit leisten, muss man sie trainieren.“
„Die Ärzte bezeichneten meinen Mann als weitgehend gesund, als sie ihn nach Hause schickten.“
„Hat er seine Lebensgewohnheiten denn geändert?“, fragte Sören Härtling.
„Ja, aber leider nicht in dem Ausmaß, wie es wünschenswert wäre.“
„Wenn Ihr Mann nicht genug auf seine Gesundheit achtet, müssen Sie es für ihn tun“, empfahl Sören der Patientin.
„Das tue ich, so gut ich kann, und deshalb möchte ich Sie auch noch etwas fragen, Herr Doktor.“
„Nur zu“. Sören lächelte aufmunternd. Bibiane Wylander senkte den Blick. „Ich bin Mitte vierzig, mein Mann ist neunundvierzig ... Früher war man da schon alt, aber heute ... Ich fühle mich noch nicht alt... Es geht mir körperlich sehr gut... Ich treibe regelmäßig Sport ... dass ich mit einer Zwanzigjährigen nicht mithalten kann, ist mir klar, aber diesen Ehrgeiz habe ich auch gar nicht ... Ich lebe dieses Leben bewusst und mit Vernunft ... Aber da ist etwas, das ich vermisse ...“
„Was?“, fragte Sören.
„Nun ja, Jan und ich haben aus Liebe geheiratet, und wir lieben uns noch immer. Und wenn eine Ehe glücklich und intakt ist, gehört es dazu ...“
„Ich verstehe“, sagte Dr. Härtling.
„Seit dem Herzinfarkt meines Mannes wagen